Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Beweissicherungsverfahren gem § 76 SGG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Einholung eines Urkundsbeweises im Beweissicherungsverfahren ist unzulässig.

2. Die Vernehmung eines Zeugen im Rahmen eines Beweissicherungsverfahrens setzt die Glaubhaftmachung, dass der Zeugenbeweis zukünftig erschwert ist und/oder der Zeuge zukünftig nicht mehr erreichbar ist voraus.

3. Ein Beweissicherungsantrag setzt die Angabe der Tatsachen über die Beweis erhoben werden soll voraus.

4. Der Antrag auf Anordnung zur Vorlage bestimmter Unterlagen durch eine Behörde kann nicht Gegenstand eines Beweissicherungsverfahrens sein, da es sich hierbei um einen Urkundsbeweis handelt.

 

Tenor

Der Antrag auf Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens wird verworfen.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt in der Hauptsache die Anerkennung der Erkrankung ihres verstorbenen Ehemannes als Berufskrankheit gem. Nr. 92 BKVO DDR sowie eine hieraus resultierende Hinterbliebenenrente.

Der am … 1943 geborene Ehemann der Klägerin, A.G., verstarb am 28.06.1982 an den Folgen eines hepatozellulären Karzinoms. Er war vom 03.09.1962 bis 28.06.1982 als Berufssoldat in der ehemaligen Nationalen Volksarmee (NVA) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) beschäftigt.

Mit Schreiben vom 15.06.2007 beantragte die Antragstellerin bei der U., der Beklagten im Hauptsacheverfahren, die Anerkennung der Erkrankung ihres Mannes als Berufskrankheit gem. Nr. 51 und Nr. 92 der BKVO DDR, da die Erkrankung ihres Mannes durch eine unzulässig hohe Strahlenbelastung während des Wehrdienstes in der NVA verursacht worden sei . Mit Bescheid vom 24.09.2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung ab. Der Ehemann der Antragstellerin sei als Berufssoldat im Sonderversorgungssystem der NVA versichert gewesen. Aus übergeleitetem Recht sei die Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung nicht herzuleiten. Nach dem gem. § 215 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) weitergeltenden § 1150 Abs. 2 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) - in der Fassung des Renten-Überleitungsgesetzes (RÜG) vom 25.7.1991 - würden als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten im Sinne der (bundesdeutschen) gesetzlichen Unfallversicherung nur die Unfälle und Krankheiten gelten, die vor dem 1.1.1992 im Beitrittsgebiet eingetreten sind und die nach dem dort gültig gewesenem Recht Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren.

Die vier Sonderversorgungssysteme in der ehem. DDR in den Bereichen des Ministeriums des Inneren (Deutsche Volkspolizei), der Zollverwaltung, des Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung (Versorgungsordnung der NVA) seien dadurch gekennzeichnet gewesen, dass sie jeweils eine eigenständige Sicherung der einbezogenen Staatsbediensteten der ehem. DDR außerhalb der Sozialversicherung gewährt hätten. Da es sich somit bei Dienstbeschädigungen aus den Sonderversorgungssystemen der ehem. DDR um eigene Ansprüche unabhängig der Sozialversicherung der ehem. DDR handele, würden diese auch nicht nach dem RÜG in die (bundesdeutsche) gesetzliche Unfallversicherung überführt.

Ein Leistungsanspruch gegen die Beklagte bzw. einen nach § 1159 RVO zuständigen Unfallversicherungsträger sei somit nicht gegeben. In diesem Kontext verweist die Beklagte auf die Entscheidungen des Thüringer Landessozialgerichts, Urteil v. 28.08.1996, Az. L 2 U 73/96 und die Entscheidungen des Bundessozialgerichts, Urteile vom 10.05.1994, Az. 4 RA 49/93 und vom 29.09.1994, Az. 4 RA 7/94.

Mit Schreiben vom 25.10.2007 legte die Antragstellerin Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Die Beklagte widerspreche eklatant der Sach- und Rechtslage. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.2008 wies die U. den Widerspruch der Antragstellerin als unbegründet zurück und griff zur Begründung auf die Ausführungen im Ausgangsbescheid zurück.

Mit ihrer am 03.06.08 zum Sozialgericht Ulm erhobenen Klage, verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren fort. Nach erfolgter Akteneinsicht beantragt die Antragstellerin am 27.11.2008 die Durchführung eines Beweissicherungsverfahrens gem. § 76 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und beantragt folgende Beweise zu erheben:

1. die Einnahme des Augenscheins der verfügbaren Dienstvorschriften zur Troposphärenfunkstation R-412 anzuordnen, da für sie die Kenntnisnahme des sachbezogenen Inhaltes dieses verfahrensrelevanten Dokumentes erschwert ist.

2. die Einnahme des Augenscheins der verfügbaren Dienstvorschriften zur Troposphärenfunkstation R-122 anzuordnen, da für sie die Kenntnisnahme des sachbezogenen Inhaltes dieses verfahrensrelevanten Dokumentes erschwert ist.

3. die Einnahme des Augenscheins der verfügbaren Dienstvorschriften zur Kurzwellenfunkstation großer Leistung R-136 anzuordnen, da für sie die Kenntnisnahme des sachbezogenen Inhaltes dieses verfahrensrelevanten Dokumentes erschwert ist.

4. die Einnahme des Augenscheins der verfügbaren Dienstvorschriften zur Satellitenfunkstation R-440 anzuordnen, da für sie...

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