Entscheidungsstichwort (Thema)

Private Arbeitsvermittlung. Vergütungsanspruch aus einem Vermittlungsgutschein. Identität von Vermittler und späterem Arbeitgeber. Verflechtung. Interessenkonflikt. Ausschluss der Rechtsanwendung. teleologische Reduktion

 

Orientierungssatz

1. Anknüpfungspunkt für einen Anspruch auf Auszahlung eines Vermittlungsgutscheins nach § 421g Abs 1 S 2 SGB 3 ist der bei erfolgreicher Vermittlung entstandene Vergütungsanspruch des Arbeitsvermittlers gegen den Arbeitssuchenden.

2. Der zwischen dem privaten Arbeitsvermittler und dem Arbeitssuchenden abgeschlossene Vermittlungsvertrag ist ein privatrechtlicher Vertrag mit der besonderen Ausprägung eines Maklervertrages. Ob dem privaten Arbeitsvermittler ein Anspruch auf Vergütung zusteht, richtet sich mithin in erster Linie nach den §§ 652ff BGB, soweit sich nicht aus den besonderen Regelungen des SGB 3 etwas anderes ergibt.

3. Bei sogenannter echter oder unechter Verflechtung zwischen dem Vermittler und späteren Arbeitgeber des Arbeitssuchenden besteht kein Vergütungsanspruch.

4. Aufgrund des Schriftformerfordernisses nach § 296 Abs 1 S 1 SGB 3 besteht auch bei Kenntnis des Arbeitssuchenden von der Verpflichtung zwischen seinem Vermittler und dem späteren Arbeitgeber kein Anspruch aus einem von § 652 BGB unabhängigen Provisionsversprechen, wenn im Vermittlungsvertrag kein dementsprechend übereinstimmender Wille angedeutet wird.

5. Die Regelungen der §§ 296ff, 421g SGB 3 sind teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass Fälle der Verflechtung aus dem Anwendungsbereich der Regelungen auszuschließen sind.

6. Unwirksame Vereinbarungen iS von § 297 SGB 3 haben idR nicht die Unwirksamkeit des gesamten Vermittlungsvertrages zur Folge, sondern nur der betroffenen Klauseln.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Auszahlung eines Vermittlungsgutscheins in Höhe von 1.000,00 Euro hat.

Der Kläger ist Inhaber der K-Arbeitsvermittlung. Gegenstand des seit 02.05.2002 angemeldeten Betriebes ist die private Arbeitsvermittlung. Der Kläger ist zugleich Gesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von 50 % und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der K-GmbH. Mitgesellschafterin und Geschäftsführerin ist Frau H.

Der Kläger schloss mit dem Arbeitssuchenden L. am 07.05.2002 einen Vermittlungsvertrag ab. Darin heißt es unter Punkt 1.3: "Der Arbeitssuchende ist verpflichtet, dem Vermittler einen Vermittlungsgutschein auszuhändigen, wenn auf ihn der Anspruch nach dem SGB III zutrifft. Erst dann wird der Vermittler für ihn tätig werden." Der Kläger erhielt den am 07.05.2002 für Herrn L. ausgestellten Vermittlungsgutschein der Bundesanstalt für Arbeit über 1.500,00 Euro.

Am 05.07.2002 beantragte der Kläger die Auszahlung des Vermittlungsgutscheins nach § 421 g Sozialgesetzbuch 3 (SGB III) in Höhe von zunächst 1.000,00 Euro für die Vermittlung von L. an die K-GmbH. Den Arbeitsvertrag mit Herrn L. schloss auf Seiten der K-GmbH Frau H. am 21.05.2002 auf Dauer ab.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 22.07.2002 ab. Nach § 297 Nr. 4 SGB III seien Vereinbarungen, die sicherstellen sollten, dass der Arbeitssuchende sich ausschließlich eines bestimmten Vermittlers bediene, unwirksam. Die Vereinbarung unter Punkt 1.3 des Vertrages stelle eine Bindung an den Vermittler dar. Durch die Aushändigung des Vermittlungsgutscheins werde der Arbeitssuchende gehindert, sich an weitere Vermittler zu wenden. Darüber hinaus sei auch keine Vermittlung erfolgt. Im Falle der Vermittlung von Herrn L. liege eine Personenidentität zwischen Vermittler und Arbeitgeber vor, so dass die Voraussetzungen für eine Vermittlung, also das Zusammenführen von Arbeitssuchenden und Arbeitgebern zur Begründung von Arbeitsverhältnissen, nicht gegeben seien.

Der Kläger erhob am 22.08.2002 ohne Begründung Widerspruch.

Die Beklagte holte eine Auskunft aus dem Gewerberegister ein und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2002 zurück. Gemäß § 421 g Abs. 1 SGB III hätten Arbeitnehmer bei Erfüllung der genannten Voraussetzungen Anspruch auf einen Vermittlungsgutschein. Mit diesem verpflichte sich das Arbeitsamt, den Vergütungsanspruch eines vom Arbeitnehmer eingeschalteten Vermittlers, der den Arbeitnehmer in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt habe, unter Einhaltung der in Abs. 2 genannten Bestimmungen zu erfüllen. Eine Vermittlung liege jedoch nur vor, wenn der Vermittler in Kontakt mit dem Arbeitssuchenden und dem Arbeitgeber gestanden und beide dazu bewegt habe, einen Arbeitsvertrag zu schließen. Zum Begriff der Vermittlung gehöre es, dass ein Dritter tätig werde. Dritter sei ein privater Vermittler nur, wenn er von den Vertragsparteien verschieden und unabhängig sei. Es liege insbesondere dann keine Vermittlung vor, wenn der Geschäftsführer bzw. der Inhaber des Vermittlungsunternehmens gleichzeitig Geschäftsführer des Arbeitgebers sei. Nach Auskunft des Gewerberegisters sei der Kläger zumindest Geschäftsführer der K-GmbH. S...

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