Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des SG Stade vom 21.12.2009 - S 33 SO 16/07, das vollständig dokumentiert ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.08.2011; Aktenzeichen B 8 SO 8/10 R)

 

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass die Seestadt Bremerhaven zuständiger Träger für Leistungen nach dem SGB XII für Herrn W... L... ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 26.690,62 EUR für Leistungen an Herrn W... L... für den Zeitraum 1. Januar 2006 bis 28. Februar 2007 zu zahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die örtliche Zuständigkeit für Leistungen der Eingliederungshilfe für Herrn W... L... (Hilfebedürftiger).

Der Kläger hatte an den Hilfebedürftigen Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) geleistet, da der Hilfebedürftige in seinem Zuständigkeitsbereich wohnhaft war. Diesem waren mit Bescheid vom 7. März 2005 vier Betreuungsstunden pro Woche für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 gewährt worden. Die ambulante Betreuung im Rahmen der Eingliederungshilfe wurde durch die E... W... - Werkstätten durchgeführt.

Die Ehefrau des Hilfebedürftigen wohnte bereits im Zuständigkeitsbereich der Beklagten in einer eigenen Wohnung. Zum 1. Januar 2006 zog der Hilfebedürftige in die Unterkunft seiner Ehefrau, die sie von den E... - W... - Werkstätten angemietet hatte. Der Hilfebedürftige schloss seinerseits mit den E... - W... - Werkstätten einen als Untermietvertrag bezeichneten Vertrag, der in seiner Wirkung an das Hauptmietverhältnis zwischen den E... - W... - Werkstätten und seiner Ehefrau geknüpft war. Vermietet wurde ein Zimmer der nunmehr gemeinsam bewohnten Wohnung. Eine Bezugnahme auf die Erbringung ambulanter Betreuungsleistungen enthielt der Mietvertrag nicht.

Der Kläger stellte zum 31. Dezember 2005 die Leistungen der Eingliederungshilfe ein. Ein Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe wurde abgelehnt. Der Kläger erkannte im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Bremen (Az: 5 V 1238/06) seine vorläufige Leistungsverpflichtung als erstrangig angegangener Träger gemäß § 43 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) an.

Für den Zeitraum 1. Januar 2006 bis 28. Februar 2007 wendete der Kläger 26.690,92 EUR auf. Einen Antrag auf Kostenerstattung des Klägers an die Beklagte lehnte die Beklagte ab.

Mit Schreiben vom 8. Februar 2007 erhob der Kläger Klage gegen die Beklagte bei dem Sozialgericht Stade.

Er ist der Auffassung, die Beklagte sei zuständiger Leistungsträger. Die Sondernorm des § 98 Abs 5 SGB XII erfasse nicht den vorliegenden Fall. Aus diesem Grund sei die allgemeine Zuständigkeitsregelung des § 98 Abs 1 S 1 SGB XII anzuwenden und die Beklagte tragungspflichtig für die Kosten der Eingliederungshilfe an die Hilfebedürftige.

Der Kläger beantragt,

1. die Feststellung, dass die Beklagte zuständiger Träger für Leistungen der Eingliederungshilfe an die Hilfebedürftige ist.

2. die Beklagte zur Zahlung von 26.690,62 EUR für Leistungen der Eingliederungshilfe im Zeitraum 1. Januar 2006 bis 28. Februar 2007 zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der Kläger sei weiterhin für Leistungen der Eingliederungshilfe an die Hilfebedürftige zuständig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als kombinierte Leistungs- und Feststellungsklage zulässig. Die Zulässigkeit des Feststellungsantrages folgt aus § 55 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Sie ist auch begründet.

Der klägerische Erstattungsanspruch für Leistungen der Eingliederungshilfe gemäß § 53 SGB XII bis 28. Februar 2007 folgt aus § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Nach dieser Vorschrift ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat.

Der Kläger hat an den Hilfebedürftigen in Folge des Anerkenntnisses im Verfahren vor dem VG Bremen (5 V 1238/06) nach § 43 Abs 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) vorläufig Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII an den Hilfebedürftigen erbracht.

Die Beklagte ist zur Leistung verpflichteter Leistungsträger. Ihre örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 98 Abs 1 Satz 1 SGB XII. Danach ist für die Sozialhilfe örtlich zuständig der Träger der Sozialhilfe, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Dies ist vorliegend der Bereich der Beklagten, da der Hilfebedürftige nunmehr in Bremerhaven wohnt.

Die Zuständigkeit der Beklagten ist nicht durch § 98 Abs 5 SGB XII ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist für Leistungen nach dem SGB XII an Personen, die Leistungen nach dem Sechsten bis Achten Kapitel in Form ambulanter betreuter Wohnmöglichkeiten erhalten, der Träger der Sozi...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge