Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Übergang von Unterhaltsansprüchen. Auskunftsanspruch. Unwirksamkeit des Verzichts auf Trennungs- und nachehelichen Ehegattenunterhalt

 

Orientierungssatz

Vereinbaren die geschiedenen Ehegatten im Scheidungsfolgeverfahren, dass ein Trennungsunterhalt nach § 1361 Abs 1 BGB nicht geschuldet und auf nachehelichen Unterhalt wechselseitig verzichtet wird, ist der Verzicht gegenüber dem Grundsicherungsträger unwirksam, wenn zu diesem Zeitpunkt die Unterhaltsansprüche bereits auf den Träger der Grundsicherung gem § 33 SGB 2 übergegangen sind.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Auskunftspflicht des Klägers.

Der ... geborene Kläger wurde am ... rechtskräftig geschieden. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens schlossen die Ehegatten am 02.10.2007 einen Vergleich, nachdem u. a. Trennungsunterhalt nicht geschuldet und auf nachehelichen Unterhalt wechselseitig verzichtet wird. Unter dem 25.07.2006 war im Scheidungsverfahren bereits ein Teilurteil ergangen, das den Kläger bzgl. nachehelicher Unterhaltsansprüche gem. § 1580 i. V. m. § 1573 Abs. 2 BGB zur Auskunftserteilung verpflichtete. Am 24.09.2007 beantragte die geschiedene Ehefrau des Klägers Leistungen nach dem SGB II, die ihr in der Zeit vom 24.09.2007 bis 31.08.2008 auch gewährt wurden.

Am 27.11.2007 zeigte die Beklagte gegenüber dem Kläger den Übergang der Unterhaltsansprüche gem. § 33 Abs. 1 SGB II an und forderte ihn zur Auskunftserteilung über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse auf.

Dagegen legte der Kläger am 14.12.2007 unter Hinweis auf die Scheidungsvereinbarung mit der Begründung Widerspruch ein, Ansprüche könnten nur insoweit übergehen als sie auch entstanden seien. Der Auskunftsanspruch gem. § 1605 i. V. m. §§ 1361 Abs. 4, 1580 BGB bestehe nur, wenn auch ein Unterhaltsanspruch gegeben sei. Mit Bescheid vom 10.03.2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Mit der am 04.04.2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens weiter. Er trägt weiter vor, bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Hagenow am 20.03.2007 sei der Ehescheidungsfolgenvergleich bereits protokolliert worden, der jedoch wegen des Insolvenzverfahrens der Leistungsempfängerin unter dem Vorbehalt der Genehmigung des Insolvenzverwalters gestanden habe. Nachdem dieser jedoch mitgeteilt habe, dass eine Zustimmung nicht erforderlich sei, wurde der Vergleich erneut protokolliert. Dem Kläger sei nicht bekannt gewesen, dass die Ehefrau zudem Zeitpunkt nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe. Die Vereinbarung sei daher nicht nach § 138 BGB nichtig. Primäre Unterhaltsansprüche nach § 1361 BGB und § 1569 ff BGB, zu deren Realisierung ein Auskunftsanspruch bestehe, lägen hier gerade nicht vor.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 27.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.03.2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihren Widerspruchsbescheid und weißt darauf hin, dass wegen der Hilfebedürftigkeit der geschiedenen Ehegattin auch ein Unterhaltsanspruch bestanden habe, obwohl der Grundsatz der Eigenverantwortlichkeit nach § 1569 BGB gelte.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Akten der Beklagten bzgl. des Klägers und bzgl. der Leistungsempfängerin (11102BG0006888) haben vorgelegen und sind Gegenstand der Entscheidung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Sie ist jedoch nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, da er gegenüber der Beklagten zur Auskunft verpflichtet ist.

Der Auskunftsanspruch der Beklagten ergibt sich aus § 33 Abs. 1 SGB II. Haben Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit, für die Leistungen erbracht werden, einen Anspruch gegen einen anderen, der nicht Leistungsträger ist, geht der Anspruch bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären. Der Übergang wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Anspruch nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden kann. Unterhaltsansprüche nach bürgerlichem Recht gehen zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über.

Ein Unterhaltsanspruch der Leistungsempfängerin gegen den Kläger kann sich hier aus § 1361 BGB für den Trennungsunterhalt und § 1573 BGB für den nachehelichen Unterhalt ergeben. Sie war ab Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II am 24.09.2007 nicht in der Lage, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Da die Höhe des Unterhalts von den Einkommens- und Vermöge...

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