Entscheidungsstichwort (Thema)

Abschaffung der Arbeitslosenhilfe. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Verfassungsmäßigkeit. Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB 3

 

Orientierungssatz

Durch die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe zugunsten der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB 2 sind Verfassungsrechte auch der Arbeitslosen nicht verletzt, die eine Erklärung nach § 428 Abs 1 SGB 3 abgegeben haben. Ein Anspruch auf Fortzahlung von Leistungen in der bis zum 31.12.2004 gewährten Höhe besteht nicht.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Leistungen in der Höhe, wie er sie bis zum 31. Dezember 2004 als Arbeitslosenhilfe erhalten hat.

Der am 11. Januar 1945 geborene Kläger ist seit der Insolvenz seines Arbeitgebers im Jahre 1997 arbeitslos. Bis zum 31. März 1999 bezog er Arbeitslosengeld und seither Arbeitslosenhilfe. Am 14. Oktober 2003 erklärte er gegenüber dem Arbeitsamt Schwandorf, Geschäftsstelle Sulzbach-Rosenberg, dass er die Leistungen unter den erleichterten Voraussetzungen nach § 428 des 3. Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) beziehen wolle.

Mit Bescheid vom 27. November 2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger und seiner Ehefrau für die Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Regelleistungen gemäß § 20 Abs. 3 Satz 1 SGB II von je 311,- EUR zuzüglich der Unterkunftskosten.

Zur Begründung seines dagegen erhobenen Widerspruchs machte der Kläger geltend, bei Abgabe seiner Erklärung nach § 428 SGB III sei ihm ausdrücklich zugesichert worden, dass er bis zum Bezug einer abschlagsfreien Altersrente Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe erhalte. Durch die Einführung des Arbeitslosengeldes II zum 01. Januar 2005 werde sein diesbezügliches Vertrauen enttäuscht. Dies verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip und die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes (GG).

In den Gründen des zurückweisenden Widerspruchsbescheids vom 30. März 2005 wird dargelegt: Hinsichtlich der mit Einführung des Arbeitslosengeldes II verbundenen Absenkung des Leistungsniveaus werde der Kläger nicht schlechter gestellt als die anderen Leistungsbezieher. Im Unterschied zu diesen brauche er aber auch weiterhin nicht seine Arbeitsbereitschaft unter Beweis zu stellen.

Mit der am 18. April 2005 eingegangenen Klage wird insbesondere geltend gemacht: Die Gewährung von Arbeitslosenhilfe habe seit dem Jahr 2000 zur Voraussetzung gehabt, dass zuvor für mindestens zwölf Monate Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt worden seien. Damit seien die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosenhilfe dieselben gewesen, wie beim Arbeitslosengeld. Wenn aber die Betroffenen durch eigene Leistungen zum Entstehen eines Anspruchs beigetragen hätten, habe dieser auch dann eigentumsähnliche Qualität, wenn die Leistungen aus Steuermitteln gewährt würden. In eine vom Schutzbereich des Art. 14 des Grundgesetzes umfasste Position dürfe der Gesetzgeber aber nur nach einer Interessenabwägung eingreifen, die hier nicht stattgefunden habe. Das SGB II verfolge das Ziel, die Eigeninitiative der Leistungsempfänger durch schnellere und passgenaue Vermittlung in Arbeit zu unterstützen. Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sollten Vorrang vor Leistungen zum Lebensunterhalt haben. Gerade das individuelle Fallmanagement sei aber für den Personenkreis, der sich auf eine Erklärung nach § 428 SGB III eingelassen habe, ausgeschlossen. Damit werde dieser auch nicht von der "Vermittlungsoffensive" begünstigt, die durch das SGB II geleistet werden solle. Wenn jedoch ein Personenkreis von dem verfolgten Zweck der Neuregelung ausgeklammert bleibe, seien ihm gegenüber die damit verbundenen Einschnitte in das Leistungssystem nicht zu rechtfertigen. Die Zielsetzung der gesetzgeberischen Maßnahme gehe an ihm vorbei.

Sinngemäß wird beantragt,

unter Abänderung des Bescheids vom 27. November 2004 und des Widerspruchsbescheides vom 30. März 2005 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Leistungen in Höhe der bis zum 31. Dezember 2004 bezogenen Arbeitslosenhilfe zu gewähren.

Für die Beklagte wird beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit der Erklärung nach § 428 SGB III sei nicht die Zusicherung einer bestimmten Leistungsart oder Leistungshöhe verbunden gewesen. Ein solcher Anspruch ergebe sich auch nicht unmittelbar aus § 428 SGB III. Die Absenkung des Leistungsniveaus treffe alle Bezieher der bisherigen Arbeitslosenhilfe. Soweit sich der Kläger durch die Erklärung nach § 428 SGB III von der verstärkt eingeleiteten "Vermittlungsoffensive" ausgeschlossen fühle, könne er jederzeit mit der Arbeitsvermittlung in Kontakt treten. Die Erklärung stehe dem nicht entgegen.

Zur Tatbestandsergänzung wird auf den weiteren Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Leistungsakte Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf L...

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