Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbsminderungsrente. Bezugszeiten vor Vollendung des 60. Lebensjahres. Rentenabschlag

 

Orientierungssatz

Die Kammer folgt nicht der Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 16.5.2006 - B 4 RA 22/05 R = SozR 4-2600 § 77 Nr 3, wonach Erwerbsminderungsrentner, die bei Rentenbeginn das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, Rentenabschlägen nur unterliegen, wenn sie die Rente über das 60. Lebensjahr hinaus beziehen.

 

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger beansprucht höhere Rente unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0 bei der Rentenberechnung.

Der ... 1948 geborene Kläger hatte bereits am 07.12.2004 die Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung beantragt. Nach entsprechender medizinischer Beweisaufnahme war ihm durch Bescheid vom 07.02.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit vom 01.06.2005 bis 30.06.2006 bewilligt worden.

Am 08.03.2006 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Da die medizinische Beweisaufnahme zunächst noch nicht abgeschlossen war, gewährte die Beklagte dem Kläger zunächst vorläufig weiter Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Monate Juli 2006 und August 2006.

Durch Bescheid vom 14.08.2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab 01.09.2006. Zur Rentenhöhe wurde ausgeführt, dass die Höhe der Rente aus technischen Gründen zurzeit nicht abschließend bestimmt werden könne. Die Rente werde daher vorläufig in Höhe der bisherigen Rente geleistet. Näheres hierzu sei dem umseitigen Hinweis (Fußnote 1) zu entnehmen.

Im nachfolgenden Hinweis ist ausgeführt: "Nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handelt es sich bei der Weiterzahlung der befristeten Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nicht um eine bloße zeitliche Verlängerung des bisherigen Rentenanspruchs, sondern um die eigenständige und inhaltlich erneute Zuerkennung eines Rentenanspruchs. Dies hat zur Folge, dass abgestellt auf den Zeitpunkt des Beginns des neuen Rentenanspruchs die Rentenhöhe neu zu bestimmen ist. Eine Umsetzung dieser Rechtsprechung ist aus technischen Gründen zurzeit nicht möglich. Die Rente wird daher zunächst in der Höhe der bisherigen Rente geleistet. Der vorliegende Bescheid hat hinsichtlich der Bestimmung der Rentenhöhe also nur vorläufigen Charakter."

Der Kläger hatte bereits mit Schreiben vom 13.06.2006 auf die Entscheidung des BSG vom 16.05.2006, B 4 RA 22/05 R hingewiesen und eine Überprüfung des Bescheids vom 07.02.2005 begehrt.

Mit Schreiben vom 16.08.2006 erhob der Kläger Widerspruch auch gegen den Bescheid vom 14.08.2006 und verwies wiederum auf die Entscheidung des BSG vom 16.05.2006.

Durch Widerspruchsbescheid vom 18.12.2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 14.08.2006 zurück. Seinem Begehren, den Zugangsfaktor nicht gem. § 77 Abs. 2 SGB VI zu kürzen, könne nicht entsprochen werden. Der Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 16.05.2006 werde seitens der Deutschen Rentenversicherung Bund nicht gefolgt. Dagegen spreche allein schon der Umstand, dass der Gesetzgeber gerade zur Abfederung von Abschlägen aus Erwerbsminderungsrenten eine Verlängerung der Zurechnungszeit eingeführt habe, von der ausschließlich Berechtigte unter 60 Jahren profitierten.

Hiergegen hat der Kläger am 11.01.2007 Klage beim Sozialgericht Nürnberg erhoben. Er wendet sich gegen die Kürzung des Zugangsfaktors. Er verweist auf die Entscheidung des 4. Senats des BSG vom 16.05.2006 und macht ferner seine Grundrechte aus Art. 3 und 14 GG geltend.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 14.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.12.2006 zu verurteilen, ihm höhere Rente ab 01.09.2006 zu bewilligen unter Zugrundelegung eines Zugangsfaktors von 1,0.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gesamtakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Streitgegenstand ist der Bescheid vom 14.08.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.12.2006. Zwar hat der Bescheid vom 14.08.2006 keine eigenständige Regelung zur Rentenhöhe getroffen und lediglich ausgeführt, dass vorläufig die Rente in der zuletzt bewilligten Höhe ausgezahlt wird, im Widerspruchsbescheid vom 18.12.2006 hat die Beklagte dann jedoch eine eindeutige Regelung zum Zugangsfaktor getroffen (Verminderung des Zugangsfaktors auf 0,892), die damit vorliegend zu überprüfen ist. Die Vorläufigkeit des Bescheids vom 14.08.2006 erfolgte ohnehin vor dem Hintergrund anderer Berechnungselemente, die nicht die Bestimmung des Zugangsfaktors betreffen.

Bezüglich des nicht beschiedenen Überprüfungsantrags des Klägers vom 13.06.2006, betreffend den Bescheid vom 07.02.2005, haben die Beteiligten im Termin am 30.05.2007 einen Teilvergleich dahingehend geschlossen, dass sich die Beklagte bereit erklärt hat, für den Fal...

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