Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. Dienstreise. sachlicher Zusammenhang. betriebsdienliche Tätigkeit. Kick-off Veranstaltung eines neu gegründeten Unternehmensbereichs. vom Vorstand genehmigter Programmpunkt. Segway-Parcours -Ausgestaltung als kompetitives Wettkampfelement. Abgrenzung zur Freizeitbeschäftigung

 

Orientierungssatz

Eine Arbeitnehmerin, die im Rahmen einer zweitägigen Dienstreise für Mitarbeiter eines neu gegründeten Unternehmensbereichs (Business Development) während eines vom Vorstand im Vorfeld genehmigten und als kompetitives Wettkampfelement ausgestalteten Programmpunkts "Segway-Parcours" verunglückt, steht gem § 8 Abs 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

 

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 09.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2019 das Ereignis vom 04.04.2017 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei dem Unfall der Klägerin am 4.04.2017 um einen Arbeitsunfall im Sinne des SGB VII handelt.

Die Klägerin hat vom 4.-5.04.2017 an einer zweitägigen Dienstveranstaltung in einem Hotel in P. teilgenommen. Diese Veranstaltung fand nur mit den Mitarbeitern des neu gegründeten Bereiches Business Development statt. Nach Aussage des Arbeitgebers handelte es sich, auch nach der Tagesordnung, um eine Kick-off Veranstaltung des Bereiches Business Development, welche zur Teambildung durchgeführt werden sollte. Diese Abteilung ist neu gegründet worden und auf der zweitägigen Veranstaltung sollte erarbeitet und festgelegt werden, wer welche Aufgaben innerhalb der neuen Abteilung übernehmen sollte.

Im Rahmen der Dienstreise wurde am 4.04.2017 ein Segway Parcours durchgeführt, bei dem die Klägerin gestürzt ist. Sie zog sich dabei eine Humeruskopffraktur links zu.

Nach Aussage des Arbeitgebers war bereits im Vorfeld der Dienstreise seitens der Vorgesetzten eine teambildende Maßnahme in Form des Segway Parcours vorgesehen. Diesen Segway Parcours habe man im Vorfeld extra vom Vorstand genehmigen lassen als teambildende Maßnahme. Er sei fest eingeplant gewesen, aber als Überraschung für die Mitarbeiter nicht extra auf der Einladung und dem Ablaufplan aufgeführt gewesen. Bis 15:00 Uhr seien Arbeitsverteilung und Aufgaben der neu gegründeten Abteilung besprochen worden, dann erfolgte der Impulsvortrag, der eine kleine Ansprache über teambildende Maßnahmen war. Dann wurde gesagt "jetzt wollen wir alle zusammen rausgehen und eine solche teambildende Maßnahme durchführen". Dann seien die Mitarbeiter mit dem Segway Parcours überrascht worden.

Der Tagesordnungspunkt am 4.04.2017 von 14:30 bis 17:30 Uhr "Impulsvortrag in Kooperation mit S. war der Impulsvortrag mit dem anschließenden Segway Parcours.

S. sei dabei die Abkürzung des Segway Parcours-Betreibers gewesen.

Von Seiten der Beklagten ist zuerst von einem versicherten Ereignis im Sinne des SGB VII ausgegangen worden, da es sich nach anfänglicher Ansicht der Beklagten um eine teambildende Maßnahme im Rahmen einer Dienstreise gehandelt habe. Aus diesem Grund hat die Beklagte auch die gesamten Behandlungskosten der Klägerin übernommen und ein Rentengutachte in Auftrag gegeben.

Erst im weiteren Verlauf hat die Beklagte mit Bescheid vom 9.10.2018 die Anerkennung eines Arbeitsunfalles abgelehnt. Sie trägt vor, zwar sei die Klägerin als abhängig beschäftigte Mitarbeiterin als Service Request Managerin grundsätzlich nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII gesetzlich unfallversichert. Ihre konkrete Tätigkeit zur Zeit des Ereignisses vom 4.04.2017 bei der Teilnahme am Segway Parcours im Rahmen einer Dienstreise sei jedoch dieser versicherten Beschäftigung nicht zuzurechnen. Die zum Unfall führende Handlung habe nicht ihrer versicherten Beschäftigung gedient. Vielmehr habe sich bei der Teilnahme an dem Parcours um eine Freizeitaktivität und damit um eine eigenwirtschaftliche und unversicherte Verrichtung im Rahmen einer Dienstreise gehandelt. Bei der Klausurtagung habe es sich grundsätzlich um eine Veranstaltung gehandelt, die als zweitägige Dienstreise unter Versicherungsschutz gestanden habe. Denn auf der Tagesordnung der Veranstaltungen standen berufsspezifische Veranstaltungen, die einen konkreten Fachbezug zur beruflichen Tätigkeit aufwiesen. Auch auf Dienstreisen entfalle aber der Versicherungsschutz, wenn der Reisende sich rein persönlich, von seinen betrieblichen Aufgaben nicht mehr wesentlich beeinflussten Belangen widmete. Der Parcours habe hier ein Begleitprogramm dargestellt, das keinen Bezug zu der arbeitsvertraglichen Pflicht aufgewiesen habe. Daran habe auch nichts geändert, dass das Tagungsprogramm im Übrigen betriebsdienliche Programmpunkte benannt habe. Es sei nicht zu erkennen, dass dem Programmpunkt "Impulsvortrag in Kooperation mit S." eine Bedeutung zukomme, der über den Gesichtspunkt der Unterhaltung, Entspannung und Gese...

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