Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückwirkende Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 231 Abs 4b SGB 6. einkommensbezogene Beiträge. Entrichtung von Pflichtbeiträgen nicht für die Beschäftigung, für die die Befreiung begehrt wird

 

Orientierungssatz

Der Annahme von einkommensbezogenen Pflichtbeiträgen iS von § 231 Abs 4b S 4 SGB 6 steht nicht entgegen, wenn diese nicht für die Beschäftigung entrichtet worden sind, für welche die Befreiung begehrt wird (entgegen SG München vom 30.1.2018 - S 56 R 1003/17).

 

Tenor

Unter Aufhebung des Bescheides vom 25.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 14.07.2017 wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin wegen ihrer ab dem 01.09.2012 bei der I. & F. GmbH ausgeübten Beschäftigung für die Zeit bis einschließlich März 2014 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in Verbindung mit § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI zu befreien.

Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Voraussetzungen einer rückwirkenden Befreiung der Klägerin von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht gemäß § 231 Abs. 4b Satz 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI.

Die Klägerin ist Assessorin und war im streitgegenständlichen Zeitraum selbstständige Rechtsanwältin. Zudem ist sie seit dem 01.09.2012 bei der I. & F. GmbH in E. beschäftigt. Sie war und ist - zunächst jedenfalls für ihre selbstständige Tätigkeit - Pflichtmitglied im Versorgungswerk der Rechtsanwälte des Landes Nordrhein-Westfalen.

Sie beantragte am 17.09.2013 eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht bei der Beklagten für ihre Tätigkeit bei der I. & F. GmbH. Mit Schreiben vom 12.01.2016 beantragte sie bei der Rechtsanwaltskammer Hamm die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin. Sie beantragte am 19.01.2016 - nunmehr gemäß § 231 Abs. 4b SGB VI - eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht bei der Beklagten für ihre Tätigkeit bei der I. & F. GmbH. Die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin erfolgte mit Wirkung vom 05.07.2016. Mit Bescheid vom 14.04.2014 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 17.09.2013 ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.04.2015 als unbegründet zurück. Mit Bescheid vom 28.09.2016 befreite die Beklagte die Klägerin auf ihren Antrag vom 19.01.2016 hin von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht für ihre Tätigkeit bei der I. & F. GmbH gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI mit Wirkung vom 05.07.2016 an. Mit Bescheid vom 24.11.2016 befreite die Beklagte die Klägerin von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht wiederum für den Zeitraum vom 01.04.2014 bis einschließlich 04.07.2016 gemäß § 231 Abs. 4b Satz 1 und 3 SGB VI. Mit Bescheid vom 25.11.2016 versagte die Beklagte eine Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis zum 31.03.2014. Sie begründete dies damit, dass die Klägerin nicht die von § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI geforderten einkommensbezogenen Beiträge an das zuständige Versorgungswerk gezahlt habe.

Gegen diesen Bescheid vom 25.11.2016 erhob die Klägerin Widerspruch und wies auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 19.07.2016 und 22.07.2016 (BVerfG, Beschluss vom 22.07.2016, Aktenzeichen: 1 BvR 2534/14, NZS 2016, 825 (827); BVerfG, Beschluss vom 19.07.2016, Aktenzeichen: 1 BvR 2584/14, DStR 2016, 2170 (2172) hin. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.07.2017 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin habe nur freiwillige Beiträge an das Versorgungswerk geleistet, somit lägen einkommensbezogene Beiträge nicht vor. Der Hinweis auf die Beschlüsse des Bundesverfassungsgerichts vom 19.07.2016 und 22.07.2016 verfange nicht, weil es sich um Nichtannahmebeschlüsse handele, die keine materielle Entscheidung darstellten. Pauschale Beiträge, die keinen Bezug zum Einkommen haben, könnten nicht einkommensbezogen im Sinne des § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI sein.

Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Unter Hinweis auf die Entscheidung des BSG vom 22.03.2018, Aktenzeichen: B 5 RE 12/17 B, NJW 2018, 1997 hat das Gericht mit Beschluss vom 01.08.2018 das Verfahren insoweit abgetrennt als es einerseits den Antrag vom 17.09.2013 und andererseits vom 19.01.2016 betraf.

Nachdem das Gericht mit Beschluss vom 06.11.2018 den Teil des Verfahrens abgetrennt hat, der sich auf den Zeitraum ab April 2014 bezog, beantragt die Klägerin nunmehr,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides 25.11.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.07.2017, mit dem die Befreiung von der Rentenversicherungsrecht für den Zeitraum bis einschließlich März 2014 abgelehnt wurde, zu verurteilen, die Klägerin wegen ihrer ab dem 01.09.2012 bei der I. & F. GmbH ausgeübten Beschäftigung für die Zeit bis einschließlich März 2014 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI in Verbindung mit § 231 Abs. 4b Satz 4 SGB VI von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht zu befreien.

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