Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenzahlung nach dem Tod des Leistungsberechtigten. Rücküberweisungspflicht des Geldinstituts. anderweitige Verfügung

 

Orientierungssatz

1. Die Pflicht zur Rücküberweisung nach § 118 Abs 3 S 2 SGB 6 tritt nicht automatisch ein und sie ergibt sich für das Geldinstitut auch nicht aus einem mit welchen Ermittlungen auch immer gewonnenen Überblick über Aktiva und Passiva des Nachlasses und zwischenzeitliche weitere Transaktionen, sondern aus einem einzigen Anlass, nämlich der Rückforderung durch den Rentenversicherungsträger.

2. Das Gesetz gibt keine Handhabe dazu, den Geldinstituten eine Prüfungspflicht über den genauen Todeszeitpunkt, die Höhe von gegebenenfalls mehreren Renten, den Saldo von Giro- und Sparkonten und die jederzeit in Rechnung zu stellende bereits erfolgte Tilgung des Rentendefizits durch Dritte aufzuerlegen.

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Gerichtskosten.

III. Gegen dieses Urteil wird ohne vorheriges Berufungsverfahren unmittelbar die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Rückforderung einer nach dem Tod des Berechtigten weiter gezahlten Rente. Die bei der Beklagten versichert gewesene M. C. war am XX.XX.1934 geboren und am XX.XX.2004 verstorben. Ihr am XX.XX.1933 geborener Witwer H. C. bezog von der Beklagten eine Witwerrente. Er verstarb am XX.05.2011. Die Beklagte brachte auch noch die Rente für den Monat Juni 2011 zur Auszahlung. Der Zufluss auf dem Konto in Höhe von EUR 843,17 ist mit dem 31.05.2011 verbucht. Bereits am 27.05.2011 hatte die Beklagte unstreitig Kenntnis vom Tod des Rentners erlangt. Im Juni 2011 erfüllte sie verschiedene Lastschriften aus dem Konto. Sie konnte entsprechend einer Aufforderung der Klägerin einen Betrag von EUR 390,70 an die Klägerin zurücküberweisen. Mit drei Anhörungsschreiben vom 26.09.2011 machte die Klägerin bei verschiedenen Zahlungsempfängern (zwei Versicherungsunternehmen und ein städtischer Versorgungsbetrieb) Rückforderungsansprüche wegen der Restforderung von EUR 452,47 geltend und forderte auch die Schwiegertochter des Rentners im Hinblick auf ihre Verfügungsgewalt über das Konto zur Rückforderung eines Betrages von EUR 293,18 auf. Am 20.12.2011 erließ sie einen entsprechenden Bescheid an die Schwiegertochter. Nachdem diese ihre prekären wirtschaftlichen Verhältnisse offengelegt hatte, hob die Klägerin mit Bescheid vom 23.02.2012 den Bescheid vom 20.12.2011 auf, weil "die Voraussetzung für eine Rückforderung nach § 118 Abs. 4 S. 1 Sozialgesetzbuch 6 (SGB VI) von ihr als Verfügende nicht erfüllt" sei. Wegen eines mangelnden Erfolgs sämtlicher Rückforderungen forderte die Klägerin am 23.02.2012 von der Beklagten die Rücküberweisung von EUR 452, 47. Sie zitierte zur Begründung zunächst den Wortlaut des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI. Sodann verwies sie auf eine ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach der Rücküberweisungsanspruch nach § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI gegen das Geldinstitut "vorrangig" sei. Er mindere sich nur, soweit anderweitig über das Konto verfügt worden sei. Eine anderweitige Verfügung, die den Rücküberweisungsanspruch gegenüber dem Geldinstitut mindert, liege allerdings dann nicht vor, wenn das Geldinstitut zum Zeitpunkt der Ausführung der Verfügung bereits Kenntnis vom Tod des Rentenempfängers hatte oder grob fahrlässig nicht hatte (Urteil des BSG vom 03.06.2009, B 5 R 120/07 R). Vorliegend habe sich die Beklagte hinsichtlich der Verfügungen ab 24.06.2011 auf Auszahlung berufen. Zu diesem Zeitpunkt habe sie aber nach eigenen Angaben bereits Kenntnis vom Tod des Berechtigten gehabt.

Die Verfügungen ab dem 27.05.2011 seien somit keine den Rücküberweisungsanspruch mindernde "anderweitige Verfügungen" Die Beklagte könne sich daher insoweit nicht auf Auszahlung berufen. Die Beklagte erwiderte, § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI stelle bezüglich der Frage, ob ein Rückzahlungsanspruch aufgrund von Verfügungen über das Guthaben besteht, allein auf den Zeitpunkt "bei Eingang der Rückforderung" ab. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung bestehe somit nach dieser Vorschrift nicht. Die Klägerin antwortete mit dem erneuten Hinweis auf die bereits am 27.05.2011 eingetretene Kenntnis der Beklagten vom Tod des Berechtigten. Die Klägerin stützt ihre Klage auf das bereits zitierte Urteil des BSG vom 03.06.2009, wonach eine den Rücküberweisungsanspruch gegenüber dem Geldinstitut mindernde Verfügung nicht vorliege, wenn das Geldinstitut zum Zeitpunkt der Ausführung der Verfügung Kenntnis vom Tod des Rentenempfängers hatte oder grob fahrlässig nicht hatte. Die Klage wurde nach Feststellung der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Sozialgerichts Augsburg an das erkennende Gericht verwiesen. Die Beklagte nahm am 18.03.2013 sehr ausführlich Stellung. Die Entstehungsgeschichte des § 118 SGB VI beweise, dass der Gesetzgeber in Übereinstimmung mit den Rentenversicherungsträgern und den Geldinstituten weiterhin die vor Inkrafttreten des SG...

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