Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. beigeordneter Rechtsanwalt. Umfang des Vergütungsanspruchs. Berücksichtigung der anwaltlichen Tätigkeiten ab Zeitpunkt der Beiordnung

 

Orientierungssatz

Hinsichtlich der Gebührenbemessung kommt es auf die Tätigkeiten des Rechtsanwalts in dem Zeitraum an, in dem er im Rahmen der Prozesskostenhilfe dem Kläger beigeordnet war (vgl LSG München vom 18.3.2015 - L 15 SF 241/14 E = AGS 2016, 94 = juris RdNr 23).

 

Tenor

Auf die Erinnerung der Erinnerungsführer zu 1. und Erinnerungsgegner zu 2. wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des SG München vom 19.09.2017 dahingehend abgeändert, dass die von der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf 782,43 Euro festgesetzt wird. Die Erinnerung des Erinnerungsgegners zu 1. und Erinnerungsführers zu 2. wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars, das den Erinnerungsführern nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist die Höhe der Verfahrens-, der Termins- und der Einigungsgebühr.

Die Erinnerungsführer zu 1. und Erinnerungsgegner zu 2. (im Folgenden: Erinnerungsführer) erhoben im Namen des Klägers am 04.10.2016 Klage wegen Leistungen nach dem SGB II (S 19 AS 2323/16). Mit Beschluss vom 14.06.2017 wurde dem Kläger Prozesskostenhilfe ab 02.06.2017 gewährt und die Erinnerungsführer beigeordnet. In der mündlichen Verhandlung am 25.07.2017 wurde ein verfahrensbeendender Vergleich geschlossen.

Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 02.08.2017 beantragten der Erinnerungsführer, die von dem Erinnerungsgegner zu 1. und Erinnerungsführer zu 2. (im Folgenden: Erinnerungsgegner) zu erstattenden Kosten auf 1.071,00 € festzusetzen:

Nr. 3102 VV RVG

300,00 €

Nr. 3106 VV RVG

280,00 €

Nr. 1005 VV RVG

300,00 €

Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Zwischensumme

900,00 €

Nr. 7008 VV RVG

171,00 €

Gesamt

1.071,00 €

Der Kostenfestsetzungsantrag wurde nicht näher begründet.

Mit Schreiben vom 10.08.2017 wies der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Erinnerungsführer darauf hin, dass im Bewilligungszeitraum ab dem 02.06.2017 lediglich ein kurzes Schreiben an das Gericht übersandt worden sei. Insgesamt handele es sich um ein eher unterdurchschnittliches Verfahren und begründe den Ansatz unterhalb der Mittelgebühr. Im übrigen hätten die Erinnerungsführer eine Beratungsgebühr in Höhe von 85,00 € erhalten, die zur Hälfte anzurechnen sei.

Die Erinnerungsführer erklärten sich mit der beabsichtigten Gebührenkürzung nicht einverstanden. Alleine in dem Prozesskostenhilfeverfahren seien unzählige Schriftsätze bei Gericht eingereicht worden, die bei der Bewertung des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit mit zu berücksichtigen seien. Zutreffend sei die Hälfte der Beratungshilfegebühr anzurechnen.

Der zuständige Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte die Vergütung mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.09.2017 auf 699,13 € fest:

Nr. 3102 VV RVG

200,00 €

Nr. 3106 VV RVG

210,00 €

Nr. 1006 VV RVG

200,00 €

Abzgl. Hälfte Beratungshilfe Nr. 2503 VV RVG

-42,50

Nr. 7002 VV RVG

20,00 €

Zwischensumme

587,50 €

Nr. 7008 VV RVG

111,63 €

Gesamt

699,13 €

Es handele sich im vorliegenden Verfahren um einen Fall mit leicht überdurchschnittlicher Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger, durchschnittlicher Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie weit unterdurchschnittlichem Umfang der anwaltlichen Tätigkeit. Im Bewilligungszeitraum ab dem 02.06.2017 habe der Rechtsanwalt lediglich ein kurzes Schreiben an das Gericht übersandt. Vorherige Tätigkeiten könnten aufgrund des Wortlauts des Bewilligungsbeschlusses nicht berücksichtigt werden. Es sei von unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen auszugehen. Das Haftungsrisiko wirke sich nicht erhöhend aus. Folglich handele sich um ein eher unterdurchschnittliches Verfahren und begründe den Ansatz aller Gebühren unterhalb der Mittelgebühr. Die Verfahrensgebühr und folglich auch die Einigungsgebühr seien mit 200 € sogar eher großzügig bewertet. Die Einbeziehung des gesetzlich eingeräumten Ermessens der Rechtsanwälte gem. § 14 Abs. 1 RVG sei im vorliegenden Fall nicht möglich gewesen.

Gegen den am 22.09.2017 zugestellten Beschluss haben die Erinnerungsführer am selben Tag Erinnerung eingelegt. Sie sind der Auffassung, dass die anwaltliche Tätigkeit die gerichtliche Interessenvertretung für ein Jahr seit Zustellung des angefochtenen Widerspruchsbescheids des Beklagten vom 08.09.2016 am 14.09.2016 umfasse. Zugleich haben sie beantragt, den Prozesskostenhilfe-Bewilligungsbeschluss vom 14.06.2017 dahingehend abzuändern, dass dem Kläger Prozesskostenhilfe nicht erst ab dem 02.06.2017, sondern ab der Antragsschrift vom 30.09.2016, bei Gericht eingegangen am 04.10.2016, bewilligt werde.

Der Erinnerungsgegner hat im Anschluss selbst Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.09.2017 eingelegt und beantragt die Festsetzung einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe von 100,00 €, so dass sich...

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