Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Anspruch des beigeordneten PKH-Anwalts auf die Terminsgebühr und Auslagen auch bei Vertretung durch einen anderen Rechtsanwalt. Untervollmacht

 

Leitsatz (amtlich)

1. In gleicher Weise wie die Partei muss auch die Staatskasse die vertragsmäßige Erfüllung der Anwaltspflichten durch einen Vertreter im Sinne von § 5 RVG gegen sich gelten lassen.

2. Die Vorlage einer Untervollmacht ist für die Annahme einer Vertretung gemäß § 5 RVG nicht erforderlich, wenn sich aus den Gesamtumständen keine nennenswerten Zweifel ergeben.

 

Normenkette

RVG §§ 5, 14 Abs. 1 S. 1, § 48 Abs. 1, § 60 Abs. 1 S. 1; BGB § 613 S. 1

 

Tenor

Auf die Beschwerde werden der Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 27. August 2014 sowie die Kostenfestsetzung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 26. Mai 2014 abgeändert. Unter Zuerkennung einer Terminsgebühr iHv 200,00 EUR und von weiteren Auslagen iHv 14,80 EUR wird die aus der Staatskasse für das Klageverfahren Aktenzeichen S 15 AL 72/13 zu gewährende Vergütung des Beschwerdeführers auf insgesamt 594,76 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Gegenstand des Verfahrens ist die Höhe des Rechtsanwaltshonorars nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), das dem Beschwerdeführer nach Beiordnung im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) aus der Staatskasse zusteht. Streitig ist, ob dem Beschwerdeführer eine Terminsgebühr sowie Auslagen (Tage- und Abwesenheitsgeld sowie Fahrtkosten) zustehen, obwohl er beim Gerichtstermin am 07.02.2014 nicht anwesend war.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG), Aktenzeichen S 15 AL 72/13, ging es um die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheids bzgl. gezahlten Arbeitslosengelds nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch. Am 06.05.2013 erhob die Klägerin über ihren Bevollmächtigten, den Beschwerdeführer, Klage und beantragte die Gewährung von PKH.

Am 07.02.2014 fand ein Erörterungstermin der erkennenden Kammer statt. Zu diesem erschien neben der Klägerin nicht der Beschwerdeführer, sondern Rechtsanwalt C. F., dem die Klägerin im Termin Vollmacht erteilte. Rechtsanwalt F., u.a. Fachanwalt für Sozial- und Arbeitsrecht, war jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt in Bürogemeinschaft mit dem Beschwerdeführer tätig. Der Rechtsstreit wurde im Termin durch Klagerücknahme beendet.

Dem PKH-Antrag wurde mit gerichtlichem Beschluss vom 03.04.2014 entsprochen; der Beschwerdeführer wurde beigeordnet.

Am 11.04.2014 beantragte der Beschwerdeführer, seine Vergütung wie folgt festzusetzen:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV RVG:

 250,00 EUR

Terminsgebühr, Nr. 3106 VV RVG:

 200,00 EUR

(str.)

Post- u. Telekom.pauschale, Nr. 7002 VV RVG:

20,00 EUR

Dokumentenpauschale, Nr. 7000 Nr. 1a VV RVG:

15,00 EUR

Tage- u. Abwesenheitsgeld, Nr. 7005

Nr. 3 VV RVG (1/2)

 10,00 EUR

(str.)

Fahrtkosten, Nr. 7004 VV RVG (1/2):

 4,80 EUR

(str.)

Reisekosten, Nr. 7003 - 7006 VV RVG (1/2):

 27,10 EUR

(str.)

Zwischensumme:

 526,90 EUR

19 % Mehrwertsteuer, Nr. 7008 VV RVG:

 100,11 EUR

 627,01 EUR

Mit Beschluss vom 26.05.2014 setzte die zuständige Urkundsbeamtin des SG (Kostenbeamtin) die Vergütung auf 339,15 EUR fest. Dabei berücksichtigte sie die vom Beschwerdeführer angesetzte Terminsgebühr und die Reisekosten nicht. Beigeordnet sei, so die Kostenbeamtin, Rechtsanwalt Dr. A. worden, den Termin habe jedoch Rechtsanwalt F. wahrgenommen, der somit grundsätzlich den Anspruch auf Erstattung der Gebühr und der Reisekosten habe. Der Rechtsanwalt habe aber weder selbst den Anspruch geltend gemacht noch sei er im Rahmen der PKH beigeordnet worden.

Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 06.06.2014 Erinnerung erhoben. Die bei dem Kollegen angefallenen Gebühren seien als Gebühren des Beschwerdeführers zu rechnen.

Nach Nichtabhilfe durch die Kostenbeamtin hat das SG mit Beschluss vom 27.08.2014 die Erinnerung als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen. Da im gerichtlichen Beschluss vom 03.04.2014 ausdrücklich nur der Beschwerdeführer beigeordnet worden sei und da zwischen dem Beschwerdeführer und dem aufgetretenen Rechtsanwalt keine Sozietät bestehe, habe der Beschwerdeführer für nicht erbrachte anwaltliche Tätigkeiten auch keinen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse.

Am 02.09.2014 hat der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des SG Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, es sei offensichtlich gewesen, dass Rechtsanwalt F. in Untervollmacht für den Beschwerdeführer und im Einverständnis mit der Mandantschaft gehandelt habe. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Kosten für die Terminswahrnehmung nicht von der Staatskasse übernommen werden sollten.

Die Staatskasse hat im Schriftsatz vom 10.12.2014 darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen habe, und hat um Entscheidung des Kostensenats gebeten.

Im Übrigen wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des Erinnerungsverfahrens und des erstinstanzliche...

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