Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. keine vollständige Übertragung der BSG-Rechtsprechung zur Auslegung des Begriffs besonderer Versorgungsbedarf nach dem EBM-Ä 1996 auf den Begriff Versorgungsschwerpunkt nach dem EBM-Ä 2005

 

Leitsatz (amtlich)

Die Rechtsprechung des BSG zur Auslegung des Begriffs "besonderer Versorgungsbedarf" in Nr 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen EBM 1996 kann auf den Begriff "Versorgungsschwerpunkt" nach Nr 30600 EBM 2005 nicht vollständig übertragen werden. Entscheidend ist, dass im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit vorliegt, die die Spezialisierung zum Ausdruck bringt, und dass auch die Leistung in absoluten Zahlen in nennenswertem Umfang erbracht werden, da nur dann die für das Fachgebiet atypische Spezialisierung gewährleistet, dass der Arzt die Methode so beherrscht wie die Arztgruppen, die allein aufgrund ihrer Weiterbildung für ein bestimmtes Fachgebiet diese Leistung erbringen können. Ein Schwerpunkt ist in erster Linie am Anteil der Patienten zu messen ist, die proktologisch nach Nr 755 EBM 96 behandelt wurden. Bei Abrechnungshäufigkeiten eines Urologen von 237 bis 327 mal und zwischen 14 und 18 mal auf 100 Behandlungsfälle im Quartal gegenüber der Fachgruppe, in der die Leistung bei über 150 Praxen nur von höchstens bis zu 16 Praxen erbracht wird mit Häufigkeiten von 1 bis 3 mal auf 100 Behandlungsfälle liegt ein "Versorgungsschwerpunkt" nach Nr 30600 EBM 2005 vor.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 28.10.2009; Aktenzeichen B 6 KA 26/08 R)

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 26.10.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2006 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger eine Genehmigung zur Abrechnung der Leistung nach Nr. 30600 EBM 2005 für die Quartale ab II/05 ff. zu erteilen.

3. Die Beklagten hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten und trägt die Gerichtskosten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um eine Genehmigung zur Abrechnung der Leistungen nach Nr. 30600 EBM 2005 (Proktologischer Basiskomplex) aus dem Abschnitt IV “Arztgruppenübergreifende spezielle Leistungen„ des EBM 2005 für die Quartale ab II/05 ff.

Der Kläger ist als Facharzt für Urologie zur vertragsärztlichen Versorgung seit Dezember 1988 mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen.

Am 05.10.2005 beantragte er die Genehmigung zur Abrechnung der Nr. 30600 EBM 2005 mit dem Hinweis, er sei seit 1986 proktologisch tätig.

Mit Bescheid vom 26.10.2005 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger proktologische Leistungen vor dem 31.12.2002 (Abschnitt C VI EBM‚96) nicht in einem Umfang von wenigstens 30 % Punktzahlanteil erbracht habe.

Hiergegen legte der Kläger am 07.11.2005 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, er sei seit 1997 Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie und nehme regelmäßig an deren Fortbildungsveranstaltungen teil. Im Rahmen seiner schon in Rumänien begonnenen chirurgischen Ausbildung sei er bereits in großem Umfang proktologisch tätig geworden. Der Schwerpunkt könne nicht allein am Punktzahlumfang gemessen werden. Er führe eine große Einzelpraxis mit 1.500 bis 1.700 Kassenpatienten. Er sei operativ tätig, führe Laborleistungen durch und betreue mehrere Altersheime urologisch, weshalb sein Gesamtpunktzahlvolumen deutlich über dem Durchschnitt der Fachgruppe liege. In absoluten Zahlen zeige sich jedoch, dass er ausgesprochen umfangreich proktologisch tätig sei. Aus der von ihm eingereichten Auflistung proktologischer Leistungen könne ersehen werden, dass er eine große Anzahl von Patienten proktologisch betreue.

Mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2006, zugestellt am 09.03., wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung führte sie aus, aufgrund der fachgruppenspezifischen Abrechnungssystematik des EBM 2005 sei die fachgruppenspezifische Zuordnung der Leistungen maßgebend. Von einem Facharzt für Urologie könne die Nr. 30600 EBM 2005 entsprechend Kap. 26.1 Nr. 3 i.V.m. den Vorgaben in Abschnitt 30.6 EBM 2005 nur berechnet werden, wenn ein durch die KV genehmigter Versorgungsschwerpunkt nachweisbar sei. Nach einem Vorstandsbeschluss müsse hierfür in der Zeit bis zum 31.12.2002 ein proktologischer Leistungsanteil von 30 % vorliegen. In den Quartalen I bis IV/02 liege der Anteil im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl bei 10,01 %, 11,98 %, 11,32 % bzw. 12,00 %. Eine Genehmigung könne nach dem Vorstandsbeschluss auch dann erteilt werden, wenn eine mindestens einjährige Weiterbildung im Bereich Proktologie nachgewiesen werde. Trotz Hinweis im Schreiben vom 14.11.2005 habe der Kläger keine entsprechenden Nachweise vorgelegt. Sicherstellungsgründe für eine Genehmigung lägen nicht vor, da andere Facharztgruppen in ausreichender Zahl im Planungsbereich des Klägers zur Verfügung stünden. Die Abrechnungsgenehmigung und bisherige Erbringung der Leistungen begründe keinen Bestandsschutz. Vertrauen könne nur solange bestehen, bis die KV auf die Änderung de...

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