Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Grundsicherung für Arbeitsuchende: Voraussetzung der Zuerkennung eines Mehrbedarfs für kostenaufwändige Ernährung und Mehrausgaben zur Behandlung einer Gesundheitsbeeinträchtigung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Mehraufwand für kostenaufwendige Ernährung, der zusätzlich zum Regelbetrag im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende zu leisten ist, kommt nur in Betracht, wenn aufgrund einer medizinischen Indikation eine besondere Ernährung erfolgen muss, deren Bereitstellung die typischen Ausgaben für eine Vollkost übersteigt. Das ist bei einer Einschränkung der Bauchspeicheldrüsenfunktion nicht anzunehmen, da insoweit die Nahrungsversorgung über eine leichte Vollkost erfolgen kann.

2. Für Heil- und Hilfsmittel, die zur Behandlung einer gesundheitlichen Beeinträchtigung (hier: Fußpilzinfektion) benötigt werden, kommt die Gewährung eines Mehrbedarfs zum Regelsatz jedenfalls solange nicht in Betracht, wie die Ausgaben für Arzneimittel pro Monat die im Regelbedarf für Gesundheitspflege berücksichtigten Ausgaben nicht übersteigen. Dies gilt erst recht dann, wenn es sich bei der zu behandelnden Gesundheitsbeeinträchtigung um eine häufig vorkommende Erkrankung und insoweit nicht um eine atypische Situation handelt.

 

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt für den Bewilligungszeitraum November 2014 bis April 2015 höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) unter Berücksichtigung eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs, eines durch eine Fußpilzerkrankung bedingten Mehrbedarfs für Desinfektionsmittel und Küchenrollen und eines Mehrbedarfs für eine Jahreskarte für ein Schwimmbad vor dem Hintergrund eines Rückenleidens.

Der im Juni 1956 geborene Kläger steht beim Beklagten im laufenden Leistungsbezug. Für den streitgegenständlichen Bewilligungszeitraum 1. November 2014 bis 30. April 2015 bewilligte der Beklagte mit vorläufigem Bewilligungsbescheid vom 16. Oktober 2014 monatlich 781,46 EUR, wobei erstmalig ein bis dahin seit November 2011 gewährter Mehrbedarf für kostenaufwändigere Ernährung und Waschmittel i. H. v. 44,45 EUR monatlich nicht weiter gewährt wurde.

In dem vorher bewilligten Mehrbedarf von 44,45 EUR waren 9,45 EUR für besonders verträgliche Waschmittel und 35,- EUR für kostenaufwändigere Ernährung umfasst. Die Mehrbedarfe waren dem Kläger aufgrund einer von seinem behandelnden Arzt, dem Allgemeinmediziner Dr. …, am 09. Oktober 2012 attestierten Fettstoffwechselstörung, chronischen Pankreatitis und Hypertonie, die leichte, frische Kost und eine sog. LOGI-Diät notwendig machten, sowie von vorgetragenen Hautreaktionen auf mit normalen Waschmitteln gewaschener Kleidung gewährt worden.

Nach Widerspruch bewilligte der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 12. November .2014 ab dem 1. Dezember 2014 vorläufig einen Mehrbedarf i. H. v. 44,45 EUR für Waschmittel und Ernährung weiter, der aus edv-technischen Gründen zusammen als Mehrbedarf Ernährung ausgewiesen wurde. Mit Änderungsbescheid vom 22. November 2014 wurde die Regelleistungen bei unveränderter Höhe des gewährten Mehrbedarfs ab 1. Januar 2015 aufgrund der jährlichen Neufestsetzung der Regelbedarfe erhöht.

In Ergänzung seines Widerspruchs trug der Kläger am 24. November 2014 vor, sein Mehrbedarf für Ernährung beliefe sich derzeit nicht auf 35,- EUR monatlich sondern auf 39,10 EUR und ab dem 1. Januar 2015 auf 39,90 EUR, so dass sich zuzüglich des Mehraufwands für Waschmittel von 9,45 EUR sein Gesamtmehrbedarf auf 48,55 EUR monatlich beliefe und sich ab dem 01. Januar 2015 auf 49,35 EUR erhöhe.

Am 2. Dezember 2014 legte der Kläger auch Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 22. November 2014 ein. Der Mehrbedarf Ernährung sei nicht angepasst worden. Er müsse immer 10 Prozent des monatlichen Regelbedarfs sein.

Am 19. Januar 2015 stellte der Kläger zusätzlich einen Antrag auf Übernahme der Kosten für eine Jahreskarte des … i. H. v. 156,60 EUR, die er am 6. März 2015 erworben hatte. Er legte zum einen ein ärztliches Attest Dr. … vom 3. Mai 2016 vor, nach dem therapeutisches Rückenschwimmen bei bekanntem seit lange bestehendem chronischen Wirbelsäulensyndrom ärztlich indiziert sei, zum anderen ein Schreiben seiner Krankenkasse, der AOK …-…, die die Kostenübernahme abgelehnt hatte.

Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 23. Januar 2015 ab. Der erforderliche Bedarf sei nicht ausreichend nachgewiesen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Beschwerden des Klägers ausschließlich durch therapeutisches Rückenschwimmen gelindert werden könnten. Den hiergegen am 28. Januar 2016 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, das therapeutische Rückenschwimmen sei bereits seit Jahren von seinem Arzt, Dr. ..., als Therapie angeordnet worden. Seit 2010 gehe er regelmäßig schwimmen und seitdem hätten sich seine Rückenbeschwerden erheblich verbessert.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 2016 wies der Bek...

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