Entscheidungsstichwort (Thema)

Beweislast für die Auffangversicherungspflicht des zuletzt gesetzlich Krankenversicherten

 

Leitsatz (amtlich)

Das Tatbestandsmerkmal "zuletzt"  in § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V ist prozessual als Einwendung zu verstehen, für die derjenige Prozessbeteiligte die objektive Beweislast trägt, der das Bestehen des Versicherungsverhältnisses nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V bestreitet (entgegen SG Köln, Urteil vom 30.10.2012 - S 29 KR 1174/11 - Rn. 21 ff.).

Der Umstand, dass ein Krankenversicherungsverhältnis des Betroffenen das "letzte" vor dem streitigen Zeitraum darstellt, ist keine Eigenschaft, die dem Krankenversicherungsverhältnis als solchem anhaftet; dies folgt vielmehr aus dem chronologischen Ablauf der Ereignisse. Das jeweilige Krankenversicherungsverhältnis ist solange das letzte Krankenversicherungsverhältnis, bis es durch ein neues, später begründetes  Krankenversicherungsverhältnis in dieser Eigenschaft abgelöst wird. Hieraus folgt, dass der Behauptung des einen Prozessbeteiligten, das nachgewiesene Krankenversicherungsverhältnis sei das "letzte" im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V gewesen, nur mit der Einwendung entgegengetreten werden kann, nach Beendigung des Krankenversicherungsverhältnisses sei mit dem Betroffenen ein privates Krankenversicherungsverhältnis begründet worden. Hierfür trägt dann nach den allgemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung derjenige Prozessbeteiligte die objektive Beweislast, der aus der zu beweisenden Tatsache ein Recht herleiten will.

Diese Beweislastverteilung gilt auch für die Frage, ob die betroffene Person gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hat.

Zum Anspruch auf Prozesszinsen aus § 69 Abs. 1 S. 3 SGB V i.V.m. § 291 ZPO.

 

Orientierungssatz

1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB 5 ist gesetzlich krankenversichert, wer keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall hat und zuletzt gesetzlich krankenversichert war.

2. Im Zeitraum zwischen der Beendigung eines gesetzlichen Krankenversicherungsverhältnisses bis zum Beginn des geltend gemachten Zeitraums darf kein privates Krankenversicherungsverhältnis bestanden haben.

3. Für das Tatbestandsmerkmal der zuletzt bestehenden gesetzlichen Krankenversicherung trägt derjenige Prozessbeteiligte die objektive Beweislast, der das Bestehen des Versicherungsverhältnisses nach § 5 Abs. 1 Nr. 13a SGB 5 bestreitet.

4. Die jeweilige Krankenkasse bleibt für die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB 5 solange zuständig, bis eine andere Krankenkasse durch Wahl des Versicherten oder durch ein neues, später begründetes Krankenversicherungsverhältnis die zuvor zuständige Krankenkasse ersetzt.

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 23.940,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 07.07.2013 sowie in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27.11.2013 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

4. Der Streitwert wird auf 23.940,29 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Zahlung der Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung.

Die Klägerin ist ein Universitätsklinikum. In der Zeit vom 27.01.2013 bis zum 11.02.2013 wurde der seinerzeit wohnsitzlose Herr G. M., geboren am 1953 (im Folgenden “Patient„), von der Klägerin stationär behandelt. Der Patient wurde in der dortigen Klinik für Anästhesie in stark verwahrlostem und nicht ansprechbarem Zustand notfallmäßig aufgenommen und dann in der Klinik für Dermatologie weiterbehandelt. Er war bei der Beklagten bis zum 15.04.1997 gesetzlich krankenversichert gewesen.

Der Patient gab gegenüber der Klägerin an, seit vier Jahren in einer Laube zu wohnen.

Am 27.01.2013 machte der Patient Angaben auf einem Formular zur Anzeige einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Hierbei gab er an, ohne festen Wohnsitz zu sein. Er gab des Weiteren an, zuletzt gesetzlich krankenversichert gewesen zu sein und nannte die A. R.-P. als letzte Krankenversicherung mit Enddatum 13.10.1981. Er gab weiter an, keine Leistungen eines ausländischen Versicherungsträgers zu beziehen und keine Leistungen von einem Sozialhilfeträger erhalten zu haben. Er gab an, keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu haben und weder Leistungen von einem Sozialhilfeträger zu beziehen noch beantragt zu haben.

Durch Beschluss des Amtsgerichts M. vom 04.02.2013 wurde Frau Rechtsanwältin zur vorläufigen Betreuerin des Patienten für den Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge bestellt.

Mit Schreiben vom 07.02.2013 stellte die Betreuerin bei der A. R.-P. einen Antrag auf Wiederaufnahme und Weiterversicherung, da der Patient Angaben gemacht hatte, dort versichert zu sein.

Der Patient verstarb am 11.02.2013 während des stationären Aufenthalts.

Mit Schreiben vom 13.02.2013 bestätigte die A. R.-P. gegenüber der Betreuerin, dass der Patient bis einschließlich 13.10.198...

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