Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertrags(zahn)ärztliche Versorgung. Honorarkürzung bei fehlendem Fortbildungsnachweis. keine individuelle Aufforderung durch Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung. keine Quotierung auf einen auf den angestellten (Zahn-)Arzt bezogenen Anteil

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Zulässigkeit der Kürzung des Honorars eines Vertrags(zahn)arztes wegen des fehlenden Nachweises über die gemäß § 95d SGB 5 vorgeschriebene Fortbildung setzt keine individuelle Aufforderung durch die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung voraus.

2. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung handelt rechtmäßig, wenn sie das Honorar eines Vertrags(zahn)arztes wegen fehlender Fortbildungsnachweise eines bei diesem angestellten (Zahn-)Arztes kürzt, ohne die Kürzung durch Quotierung auf einen auf den angestellten (Zahn-)Arzt bezogenen Anteil zu beschränken.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 4.038,78 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin wehrt sich gegen eine Honorarkürzung wegen verspätet eingereichter Fortbildungsnachweise ihrer angestellten Zahnärztin.

Die Klägerin ist niedergelassene Vertragszahnärztin in H ... Vom ... Dezember 2008 bis ... September 2009 war die Zahnärztin A. in ihrer Vertragszahnarztpraxis zunächst als Entlastungsassistentin und ab ...2009 als angestellte Zahnärztin tätig. Frau A. war zuvor seit ...1991 in eigener Praxis im Bereich der Beklagten als Vertragszahnärztin zugelassen.

Mit Schreiben vom 4. Mai 2010 teilte die Beklagte der Zahnärztin A. mit, dass der für sie geltende Fünfjahreszeitraum für den Nachweis von 125 Fortbildungspunkten am 30. Juni 2010 ende. Sie forderte die Zahnärztin auf, schnellstmöglich die Nachweise einzureichen, da der Praxisinhaberin sonst eine Honorarkürzung drohe.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2010 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und trug zu ihrer und der gegenwärtigen schwierigen persönlichen und wirtschaftlichen Situation von Frau A. vor und kündigte an, die fehlenden Unterlagen nachzureichen. Sie sei davon ausgegangen, dass die Fortbildungsnachweise für Frau A., ebenso wie bei ihr selbst, erst 2014 einzureichen seien. Mit Schreiben vom 30. Juni 2010 wandte sich Frau A. an die Beklagte und schilderte, ihre Weiterbildungsnachweise seien nicht vollständig. Dies sei aber nicht das Verschulden der Klägerin. Seit 2008 laufe ihr Insolvenzverfahren, weshalb sie sich Weiterbildungen finanziell nicht habe leisten können. Auch habe sie Online-Weiterbildungen mangels entsprechender Computerausrüstung und Internetzugangs nicht alternativ wahrnehmen können. Jahrelang habe sie erfolglos versucht, gegen die Schulden und die Insolvenz ihrer eigenen Praxis anzukämpfen. Das Erinnerungsschreiben habe sie nicht erhalten. Sie sei auch davon ausgegangen, dass sie von der Verpflichtung des Nachweises der Weiterbildung befreit sei. Seit der Anstellung habe sie an Weiterbildungen teilgenommen und 17 Fortbildungspunkte erreicht.

Am 1. Juli 2010 legte Frau A. bei der Beklagten Fortbildungsnachweise vor, die insgesamt mit 91 Punkten bewertet waren.

Mit den Schreiben vom 20. Juli 2010 und 1. Oktober 2010 kündigte die Beklagte der Klägerin daraufhin an, sie sei wegen des Fehlens der vollständigen Fortbildungsnachweise von Frau A. gesetzlich gezwungen, das Honorar ab dem 3. Quartal 2010 um 10% zu kürzen. Die von der Klägerin und Frau A. geschilderten persönlichen und wirtschaftlichen Umstände, einschließlich des Statuswechsels von der zugelassenen zur angestellten Zahnärztin, erlaubten es nicht, hiervon abzusehen. Nur in dem Zeitraum als Entlastungsassistentin sei Frau A. nicht weiterbildungspflichtig gewesen. Der maßgebliche Zeitraum, in dem die Durchführung der nachzuweisenden Fortbildungen eingeräumt werde, habe sich vom 30. Juni 2009 auf den 30. Juni 2010 verlängert. Die am 21. September 2010 nachgereichten Fortbildungsnachweise (125 Punkte) seien aber nach der Frist vorgelegt worden, so dass eine Honorarkürzung im 3. Quartal 2010 um 10 % unausweichlich sei.

Mit Schreiben vom 13. September 2010 wandte die Klägerin dagegen ein, eine Kürzung dürfe nicht stattfinden, weil sie von der Beklagten nicht frühzeitig auf ihre Verpflichtung hingewiesen worden sei.

Mit der Honorarabrechnung für das 3. Quartal 2010 vom 17. Dezember 2010, übersandt mit Bescheid vom 5. Januar 2011, teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Honorar für dieses Quartal werde um 10 %, also um 4.038,77 Euro, gekürzt, weil sie die Fortbildungsnachweise für die bei ihr angestellte Zahnärztin nicht rechtzeitig bis zum 30. Juni 2010 vorgelegt habe.

Dagegen legte die Klägerin noch im selben Monat Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2011, der Klägerin zugestellt am 3. Juni 2011, zurückwies.

Mit der am Montag, den 4. Juli 2011, erhobenen Klage trägt die Klägerin vor, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) habe eine Richtlinie zur Regelung des Fortbildungsnachweises erlassen, wonach das Honorar lediglich be...

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