Nachgehend

BSG (Beschluss vom 15.08.2019; Aktenzeichen B 13 R 193/17 B)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 19. April 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2001 sowie des Bescheides vom 14. Dezember 2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. April 2011 verurteilt, dem Kläger beginnend ab 1. Januar 2006 Witwerrente nach der Versicherten H. H. zu leisten.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die Auslagen des Verfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung einer Witwerrente nach der vorletzten Ehegattin des Klägers.

Die Funktionsvorgängerin der Beklagten lehnte durch Bescheid vom 19. April 2000 und Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2001 den Antrag des Klägers vom 22. Februar 2000 auf Gewährung einer Witwerrente nach seiner vorletzten Ehegattin - Frau H. H. (Versicherte), gestorben am ... 1972 - ab. Zur Begründung führte sie aus, dass ein Anspruch auf Witwerrente nach § 303 Sozialgesetzbuch 6. Buch (SGB VI) nur bestehe, wenn die Verstorbene den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten habe. Dies sei vorliegend nicht gegeben.

Zu einer gleichlautenden Auffassung gelangte das Sozialgericht Magdeburg in dem dagegen vom Kläger geführten Klageverfahren (Urteil vom 29. September 2003 - Az: S 9 RI 362/00).

Auch im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt - Az: L 1 RA 231/03 - blieb der Kläger mit seinem Antrag ohne Erfolg.

Mit Urteil vom 26. Januar 2006 stellte der erkennende Senat fest, dass der Unterhaltsbeitrag der Versicherten unter Einschluss von Hausarbeit weniger als die Hälfte der gesamten Unterhaltsleistungen ausgemacht habe, so dass die Voraussetzungen des § 303 SGB VI nicht erfüllt wären.

Als maßgeblichen Zeitraum sah der Senat dabei das letzte Lebensjahr der Versicherten an.

In dieser Zeit habe der Kläger ein Nettoeinkommen in Höhe von 7204,26 Mark und die Versicherte in Höhe von 6549,29 Mark zum Familienunterhalt beigesteuert.

Unter Berücksichtigung der von Dritten geleisteten Unterhaltszahlungen für das im gemeinsamen Haushalt lebende Kind der Versicherten in Höhe von monatlich 35,00 Mark und des Kindergeldes in Höhe von 20,00 Mark monatlich, ergebe sich ein Familieneinkommen von 14.413,55 Mark pro Jahr. Somit hätte die Versicherte mehr als 7206,78 Mark netto verdienen müssen, um überwiegend zum Familieneinkommen beizutragen.

Den Feststellungen des Senats zum Einkommen der Versicherten im Zeitraum ... 1971 bis ... 1972 lagen eine Auskunft der Deutschen Bahn AG vom 7. Februar 2000 zum Jahresbruttoverdienst sowie die Eintragungen zum beitragspflichtigen Bruttoeinkommen im Sozialversicherungsausweis der Versicherten zugrunde.

Die Berechnung des relevanten Nettoeinkommens der Versicherten erfolgte unter Abzug der Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge.

Daneben fand Berücksichtigung, dass die Versicherte im maßgeblichen Zeitraum anteilig Krankengeld bezogen hat.

Schließlich folgte der Senat einer schriftlichen Erklärung des Vaters der Versicherten vom 31. Juli 2000, wonach diese „für reichlich ein Jahr“ „aus Dankbarkeit“ für geleistete Hausarbeit einen „Mietpreiserlass für ihre Wohnung, ebenfalls für die anfallenden Energiekosten, derselben und andere Zuwendungen“ in Höhe „zwischen 70,00 + 80,00 DM“ bezogen habe. „Diese Zuwendungen (des Vaters) flossen ihrerseits in den wirtschaftlichen Familienunterhalt (der Versicherten)“.

Nicht als Einkommen wertete der Senat die vom Kläger behaupteten Freifahrten mit den Zügen der Deutschen Reichsbahn als Arbeitgeber der Versicherten, da deren Wert für die Familie völlig offen sei.

Für die Feststellung des Einkommens des Klägers lagen dem Senat eine Auskunft der D. GmbH vom 16. August 2000 für die Jahre 1969 und 1970 sowie der SV-Ausweis des Klägers vor.

Auch hier wurde das Nettoeinkommen unter Abzug von Lohnsteuern und SV-Beiträgen ermittelt und Krankheitstage bzw. Ausfalltage anteilig berücksichtigt.

Den Angaben des Klägers, er habe im maßgeblichen Zeitraum 1971 bis 1972 infolge betrieblicher Umsetzung ein geringeres Einkommen erzielt als in den Jahren 1969 und 1970, folgte der Senat mangels hinreichender Glaubhaftmachung durch den Kläger nicht.

Der Senat wies die Berufung zurück und ließ die Revision nicht zu.

Die dagegen eingelegte Beschwerde des Klägers wurde durch das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 31. Oktober 2006 - Az: B 4 R 179/06 B - als unzulässig verworfen.

Am 15. September 2010 beantragte der Kläger die Überprüfung des ablehnenden Bescheides vom 19. April 2000 gemäß § 44 SGB X.

Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 14. Dezember 2010 und Widerspruchsbescheid vom 19. April 2011 ab, da der Kläger mit dem o.g. Antrag keine Sachverhalte vorgebracht habe, die durch die Beklagte, das Sozialgericht Magdeburg und das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (o.g.) bei ihren Entscheidungen nicht bereits berücksichtigt worden sind.

Dagegen wandte sich der Kläger im Rahmen eines bereits rechtshängigen Verfahrens wegen Untätigkeit der Beklagten, mit Schreiben vom 23. April 2011.

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