Entscheidungsstichwort (Thema)

Auftragsverhältnis zwischen der BA und einer Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB 2. Beitreibung von Forderungen. keine Befugnis der BA zur Festsetzung von Mahngebühren. Verwaltungsakt. keine Aufgabenübertragung mittels Verwaltungsvereinbarung. keine Anwendung des § 88 SGB 10. Handeln im eigenen Namen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Bundesagentur für Arbeit ist im Rahmen der Beitreibung von Forderungen einer Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB 2 nicht befugt, gegenüber dem Schuldner Mahngebühren festzusetzen.

 

Orientierungssatz

1. Die Festsetzung von Mahngebühren stellt ein hoheitliches Handeln mit Außenwirkung zur Regelung eines Einzelfalls iS des § 31 SGB 10 dar.

2. Eine zulässige Übertragung von an sich der Arbeitsgemeinschaft zugewiesenen Aufgaben auf die BA erfolgt nicht gem § 88 SGB 10 durch eine getroffene Verwaltungsvereinbarung. Die Anwendbarkeit der Vorschrift ist durch die spezielle und abschließende Zuständigkeitsbestimmung des § 44b Abs 3 SGB 2 ausgeschlossen.

3. Rechtsfolge eines Handelns im eigenen Namen entgegen § 89 Abs 1 SGB 10 ist die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes (vgl LSG Neubrandenburg vom 19.3.2009 - L 8 B 208/07).

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 26.05.2011; Aktenzeichen B 14 AS 54/10 R)

 

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Januar 2008 wird aufgehoben, soweit Mahngebühren in Höhe von 29,70 € festgesetzt wurden.

II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

III. Die Berufung wird zugelassen.

IV. Die Revision wird unter Übergehung der Berufungsinstanz zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Mahngebühren durch die Beklagte.

Die Beklagte betreibt auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung den Einzug von Forderungen für die nach § 44b Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) errichtete Arbeitsgemeinschaft A.. Hierzu gehören ausweislich § 1 der vorliegend maßgeblichen “Verwaltungsvereinbarung zur Erbringung von Dienstleitungen 2007„ vom 02./03. Januar 2007 i.V.m. dem dort in Bezug genommenen Dienstleistungskatalog sämtliche Aufgaben, die für die Durchführung des Einziehungsverfahrens notwendig werden (Erstellung von Zahlungsaufforderungen und Mahnungen, Einleitung von öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Zwangsvollstreckungen, Schriftwechsel mit dem Schuldner und Dritten, alleinige und abschließende Entscheidung über Stundungsanträge, Vergleichsangebote, Erlassanträge und befristete und unbefristete Niederschlagungen, Abwicklung von Zahlungseingängen).

Die Arbeitsgemeinschaft A. hob gegenüber dem Kläger mit einem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 02. August 2007 zuvor bewilligte Leistungen nach dem SGB II (Regelleistung und Leistungen für Unterkunft und Heizung) auf und machte ihm gegenüber eine Erstattungsforderung in Höhe von 5.886,25 € geltend. Mit Schreiben vom 03. August 2007 forderte die Beklagte den Kläger zur Zahlung des von der Arbeitsgemeinschaft A. geltend gemachten Erstattungsbetrages auf und wies ihn mit einer weiteren, mit “Mahnung„ überschriebenen Mitteilung vom 14. Oktober 2007 auf Folgendes hin:

“Sie haben folgende Zahlungsverpflichtung/en:

Forderung: Mahngebühren

29,70 €

Bescheid: 14.10.07 RD Sachsen

Forderung: Arbeitslosengeld II - Regelleistung

 3.266,30 €

Bescheid: 02.08.07 ARGE A., Stadt

Forderung: Leistungen für Unterkunft und Heizung

 2.619,95 €

Bescheid: 02.08.07 ARGE A., Stadt

Summe: (…)

 5.915,95 €

Fälligkeit der Forderung:

sofort einschließlich Mahngebühren

 5.915,95 €.„

Gegen das Schreiben vom 14. Oktober 2007 erhob der Kläger mit Eingang bei der Beklagten am 29. Oktober 2007 Widerspruch, der mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2008, abgesandt am 09. Januar 2008, unter Hinweis darauf als unzulässig verworfen wurde, dass die Mahnung kein Verwaltungsakt, sondern eine bloße Verwaltungsäußerung sei. Die eigentliche Entscheidung, die Rechtswirkung nach außen entfalte, sei der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Arbeitsgemeinschaft A. vom 02. August 2007. Hinsichtlich der Mahnung fehle es an der notwendigen Beschwer durch einen Verwaltungsakt.

Mit der hiergegen am 12. Februar 2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung führt er aus, die Festsetzung von Mahngebühren sei jedenfalls dann als anfechtbarer Verwaltungsakt zu betrachten, wenn die festsetzende Behörde nicht gesetzlich ermächtigt sei, die Vollstreckung der gegenständlichen Hauptforderung vorzunehmen. Dies sei vorliegend der Fall, da § 44b Abs. 3 Satz 1 SGB II der Arbeitsgemeinschaft die Aufgaben der Agentur für Arbeit nach dem SGB II zuweise. Die in der Verwaltungsvereinbarung zu sehende Redelegation sei von der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung nicht gedeckt.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08. Januar 2008 aufzuheben, soweit Mahngebühren in Höhe von 29,70 € festgesetzt wurden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie weist darauf hin, dass ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge