Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe. Eigenkündigung. wichtiger Grund. Teilnahme an beruflicher Weiterbildungsmaßnahme. Möglichkeit der berufsbegleitenden Weiterbildung. Kündigungszeitpunkt

 

Orientierungssatz

1. Im Falle einer Kündigung, um eine Weiterbildung zu absolvieren, kann gegebenenfalls ein wichtiger Grund iS von § 159 Abs 1 S 1 iVm S 2 Nr 1 SGB 3 vorliegen (vgl SG Karlsruhe vom 20.11.2017 - S 5 AL 2937/17 und vom 8.11.2016 - S 17 AL 1291/16).

2. Ein wichtiger Grund ist nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil die Maßnahme hätte berufsbegleitend absolviert werden können. 3.

3. Der wichtige Grund muss sich allerdings auch auf die Wahl des Zeitpunktes für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erstrecken.

 

Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 13.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2020 wird dahingehend abgeändert, dass nur eine Sperrzeit von drei Wochen eingetreten ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu drei Vierteln zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Sperrzeitbescheides.

Der am 09.02.1997 geborene Kläger war vom 01.09.2015 bis 31.05.2020 als Technischer Produktdesigner bei der M. GmbH beschäftigt. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis unter dem 28.02.2020 zum 31.05.2020. Er begründete die Kündigung damit, dass er ab Juni des Jahres eine schulische Weiterbildung machen wolle. In seinem Arbeitsvertrag habe er gesehen, dass er eine dreimonatige Kündigungsfrist habe. Sollte eine unentgeltliche Freistellung in seiner Weiterbildungsphase (ca. sechs Monate) möglich sein, wäre das eine gute Möglichkeit und er würde diese gerne annehmen. Ansonsten kündige er sein Arbeitsverhältnis zum 31.05.2020. Der Kläger meldete sich zum 01.06.2020 arbeitslos. Mit Bescheid vom 13.10.2020 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 01.06.2020 bis 23.08.2020 fest, da der Kläger sein Beschäftigungsverhältnis durch eigene Kündigung selbst gelöst habe. Er habe sein Verhalten damit begründet, dass er eine Fortbildung besuche. Diese Gründe hätten jedoch bei Abwägung der Interessen des Klägers mit den der Versichertengemeinschaft den Eintritt einer Sperrzeit nicht abwenden können. Mit Bescheid vom 14.10.2020 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungsbetrag vom 51,04 € vom 24.08.2020 bis 30.08.2020. Grund für die befristete Bewilligung sei ein Schulbesuch. Der Kläger legte mit Schreiben vom 09.11.2020 Widerspruch ein. Er trug vor, die verbindlich gebuchte Qualifizierungsmaßnahme zum Technischen Fachwirt ab 23.06.2020 in Albstadt sei seitens der I. ihm gegenüber mit E-Mail vom 21.04.2020 ersatzlos abgesagt worden. Er habe sodann am 22.04.2020 im Rahmen von Gesprächen mit der Arbeitgeberin versucht, die Eigenkündigung rückgängig zu machen, um die Fortbildung zu einem späteren Zeitpunkt durchführen zu können und bis dahin das Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten, was von der Arbeitgeberin abgelehnt worden sei. Die I. habe den Vertrag gekündigt, da sie die Qualifizierung angesichts der Anmeldestornierungen wie nicht wie geplant habe durchführen können und Alternativen vor dem Hintergrund der coronabedingten Kontaktbeschränkungen zu diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung gestanden hätten. Vor diesem Hintergrund habe der Kläger sich am 08.05.2020 per Onlineantrag elektronisch arbeitssuchend gemeldet. Über den Antrag sei aber erst mit Bescheid vom 13.10.2020 entschieden worden. Er habe sich nach der Absage um Aufnahme der angestrebten Qualifizierung unverzüglich bei anderen Maßnahmeträgern bemüht und diese nun, da die Weiterbildung coronabedingt früher nicht möglich gewesen sei, am 31.08.2020 in W. angetreten. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 01.12.2020 zurück.

Am 22.12.2020 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Konstanz erhoben.

Der Kläger beantragt zuletzt,

den Bescheid der Beklagten vom 13.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2020 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat dargelegt, sie erkenne bei einer Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zum Zwecke der beruflichen Weiterbildung immer nur dann einen wichtigen Grund an, wenn die Weiterbildung in einem Mangelberuf erfolge. Der Kläger habe sich aber nicht in einem Mangelberuf weitergebildet. Auch sei nicht nachgewiesen, dass der Kläger den der geplanten Weiterbildung nächstgelegenen Auflösungszeitpunkt für die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gewählt habe. Es wäre ihm nämlich auch zumutbar gewesen, Bemühungen zu unternehmen, sich mit der Arbeitgeberin auf eine einvernehmliche Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses erst unmittelbar zu Beginn der beabsichtigten Weiterbildung zu einigen. Weiter wäre es dem Kläger zumutbar gewesen, die Weiterbildung zum geprüften Technischen Fachwirt berufsbegleitend zu absolvieren.

Der Kläger hat daraufhin vorgetragen, sein Verhalten ha...

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