Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Kostenerstattungspflicht bei Aufenthalt im Frauenhaus. Sonderbedarf. Wohnungserstausstattung

 

Orientierungssatz

Die Kostenerstattungspflicht des Grundsicherungsträgers am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort gem § 36a SGB 2 bei Aufenthalt der Hilfebedürftigen im Frauenhaus umfasst auch die gem § 23 Abs 3 S 1 Nr 1 SGB 2 gewährten Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.05.2012; Aktenzeichen B 14 AS 156/11 R)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.373,00 EUR zuzahlen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung auf der Grundlage von § 36 a SGB II.

Die 1984 geborene Leistungsempfängerin X suchte nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten gemeinsam mit ihren beiden Kindern in der Zeit vom 13.02.2007 bis 06.05.2007 Zuflucht in einem Frauenhaus in Sankt Augustin. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sie bei ihrem Lebensgefährten in Erftstadt gelebt. Am 26.04.2007 beantragte sie bei der Klägerin die Übernahme von Kosten für die Erstausstattung einer neuen Wohnung in Sankt Augustin, die sie nach dem Aufenthalt im Frauenhaus beziehen wolle. Mit Bescheid vom 30.04.2007 bewilligte die Klägerin der Leistungsempfängerin insgesamt 1.373,00 EUR für die Erstausstattung der neuen Wohnung.

Am 20.07.2007 machte die Klägerin gegenüber der Beklagten die Erstattung der der Leistungsempfängerin während der Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 3.513,20 EUR auf der Grundlage von § 36 a SGB II geltend. Dieser Betrag setzte sich im einzelnen aus den durch die Unterbringung im Frauenhaus selbst entstandenen Kosten in Höhe von 2.140,20 EUR sowie den Kosten für die Erstausstattung der neuen Wohnung in Höhe von 1.373,00 EUR zusammen.

Mit Bescheid vom 03.08.2007 lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Erstattung der Kosten der von der Klägerin gewährten Erstausstattung der Wohnung in Höhe von 1.373,00 EUR ab. Zur Begründung verwies die Beklagte darauf, dass die Erstausstattungsbeihilfe nicht zu den ursprünglichen Kosten des Frauenhauses zähle, auch wenn sie während des Frauenhausaufenthaltes geleistet worden sei. Auch in anderen Fällen notwendiger Umzüge würden Kosten für eine Wohnungserstausstattung anfallen, die jedoch durch den bislang örtlich zuständigen Träger nicht zu erstatten seien. Mit Schreiben vom gleichen Tage teilte die Beklagte der Klägerin darüber hinaus mit, dass sie die übrigen durch den Aufenthalt im Frauenhaus entstandenen Kosten der Unterkunft unter Abzug von 31,2 % für den Bundeszuschuss zu den kommunalen Leistungen zum Gesamtbetrag in Höhe von 1.472,46 EUR zur Auszahlung gebracht habe. Mit Schreiben vom 29.08.2007 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 03.08.2007 vorsorglich Widerspruch ein. Zur Begründung verwies die Klägerin auf ein Urteil des Sozialgerichts Aachen zum Aktenzeichen S 8 AS 17/07 vom 20.07.2007, wonach die Erstattungspflicht aus § 36 a SGB II auch gem. § 23 Abs. 3 Nr. 1 SGB II gewährte Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung umfasse. Die in § 36 a SGB II enthaltene Verweisung auf Leistungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB II sei einschränkungslos formuliert. Des Weiteren wies die Klägerin darauf hin, dass sie auch den Abzug des Bundeszuschusses in Höhe von 31,2 % von dem geltend gemachten Kosten der Unterkunft nicht hinnehmen werde. Mit Schreiben vom 14.01.2008 wies die Klägerin zudem ergänzend auf den Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28.11.2007 hin, wonach der nach § 36 a SGB II erstattungspflichtige kommunale Träger dem erstattungsberechtigten kommunalen Träger die Kosten für Unterkunft und Heizung in vollem Umfang zu erstatten habe. Die Meldung der Kosten für Unterkunft und Heizung zu Bundesbeteiligung sowie die Abrechnung mit dem Bund gem. § 6 Abs. 2 und 3 AG SGB II NRW habe ausschließlich durch den erstattungspflichtigen kommunalen Träger zu erfolgen. Mit Bescheid vom 11.02.2008 übernahm die Beklagten gegenüber der Klägerin nunmehr die gesamten durch Aufenthalt im Frauenhaus selbst verursachten Unterkunftskosten in Höhe von 2.140,20 EUR. Der Bescheid vom 03.08.2007 werde dahingehend abgeändert. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2008 wies die Beklagte gegenüber der Klägerin den Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.08.2007 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie unter anderem aus, dass nach § 36 a SGB II nur solche Kosten erstattungsfähig seien, die aufgrund der Zufluchtnahme der betroffenen Person im Frauenhaus beim hierfür zuständigen kommunalen Träger verursacht worden seien. Kosten für die Erstausstattung einer neuen, nach dem Aufenthalt im Frauenhaus zu beziehenden Wohnung stünden gerade nicht im engen Zusammenhang mit dem Aufenthalt im Frauenhaus. Diese Kosten entstünden auch in ähnlich gelagerten Fällen, in denen Personen nicht über das Frauenhaus in ein...

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