Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Anschluß an den Arbeitsmedizinischen Dienst (AMD) und den Sicherheitstechnischen Dienst (STD) der Beklagten durch Verwaltungsakt.

Die Klägerin betreibt eine Rheinfähre, wobei im Jahre 1995 zwei Wasserfahrzeuge im Einsatz waren und 17 Arbeitnehmer im Fährbetrieb beschäftigt wurden.

Mit Wirkung zum 1.7.1995 wurden die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) der Beklagten betreffend die Bestellung von Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit novelliert. Während früher im Gewerbezweig „Fährbetriebe” lediglich Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigten zur Bestellung von Betriebsärzten und Sicherheitskräften verpflichtet waren, wurde nunmehr mit Übergangsregelungen eine Verpflichtung auch für alle Kleinbetriebe eingeführt, wobei diese Verpflichtung bei Betrieben mit mehr als 5 Arbeitnehmern zum 1.1.1996 in Kraft trat.

Mit Schreiben vom 20.9.1995 wurde die Klägerin von der Beklagten auf diese Verpflichtung und die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten insoweit hingewiesen und um Mitteilung der Entscheidung bis zum 20.10.1995 gebeten. Mit Schreiben vom 30.10.1995 wurde nochmals an die Erledigung erinnert.

Mit einem Schreiben des AMD der Beklagten vom 23.1.1996 wurde der Klägerin ein Vertragsangebot für eine betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung übersandt. Eine Reaktion der Klägerin hierauf erfolgte nicht.

Mit Anhörungsschreiben vom 10.6.1996 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, daß eine Verpflichtung zum Abschluß eines Vertrages mit dem AMD und dem STD bestehe, falls nicht eine betriebsärztliche oder sicherheitstechnische Betreuung auf andere Art nachgewiesen werde, wobei der Abschluß des Vertrages durch Verwaltungsakt ersetzt werde, falls nicht bis zum 15.7.1996 eine Betreuung sichergestellt sei. Den Anhörungsschreiben waren entsprechende Vertragsangebote beigefügt.

Mit Bescheiden vom 15.8.1996 wurde gemäß § 41 Abs. 6 der Satzung der Beklagten der Anschluß der Klägerin sowohl zum AMD als auch zum STD der Beklagten ausgesprochen, wobei der Beginn der Mitgliedschaft zum 1.1.1996 festgestellt wurde.

Mit dem Widerspruch rügte die Klägerin, daß der Bescheid nicht vom Hauptgeschäftsführer habe erlassen werden dürfen, sondern der Vorstand dafür zuständig sei. Er verstoße auch gegen das Rückwirkungsverbot und es fehle an der erforderlichen Bestimmtheit, da sich aus dem Bescheid nicht ergebe, zu welchen Konditionen der Anschlußzwang hergestellt werden solle. Es fehle auch an einer ausreichenden Ermächtigungsgrundlage und es liege ein Verstoß gegen Artikel 12 Grundgesetz (GG) vor. Die Vertreterversammlung der Beklagten habe sich bei der Neufassung der Unfallverhütungsvorschriften zu Unrecht an eine EG-Richtlinie gebunden gefühlt und den dort eingeräumten Spielraum für Klein- und Mittelbetriebe nicht erkannt. Im übrigen richte sich die EG-Richtlinie nur an die Mitgliedstaaten und nicht an die Berufsgenossenschaften. Des weiteren bestehe auch in sachlicher Hinsicht keine Notwendigkeit, für Klein- und Mittelbetriebe Betriebsärzte und Sicherheitskräfte zu bestellen, da in diesen Betrieben die Unfallhäufigkeit signifikant unter derjenigen von Großbetrieben liege. Der Anschlußzwang stelle daher auch einen rechtswidrigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Unternehmer dar.

Die fristgemäß erhobenen Widersprüche wurden mit Widerspruchsbescheiden vom 13.12.1996 zurückgewiesen, wobei ergänzend darauf hingewiesen wurde, daß auch eine Festsetzung der Einsatzstunden auf Null wegen unterdurchschnittlicher Unfall- und Gesundheitsgefahren nicht in Betracht komme.

Die Klage ging am 15.7.1997 bei Gericht ein.

Die Klägerin ist der Auffassung, daß die angefochtenen Bescheide sowohl aus formellen als auch aus materiellen Gründen rechtswidrig und daher aufzuheben seien. Zur Begründung wiederholt sie im wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.

Sie hat ein Schreiben des Hauptgeschäftsführers der Beklagten vom 23.11.1995 an die Firma … in … vorgelegt, in dem u.a. ausgeführt wird, die Bundesrepublik Deutschland sei seit dem 1.1.1993 aufgrund einer EG-Richtlinie verpflichtet, unterschiedslos jedem Arbeitnehmer betriebliche ärztliche und sicherheitstechnische Betreuungsrechte zu gewähren und der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung habe als Fachaufsichtsbehörde alle Berufsgenossenschaften angewiesen, Vorschriften über die Befreiung von Kleinbetrieben aufzuheben. Die Vertreterversammlung der Binnenschiffahrts-Berufsgenossenschaft habe daher einstimmig mit den Stimmen aller Arbeitgeber beschließen müssen, die beiden Unfallverhütungsvorschriften „Betriebsärzte” und „Fachkräfte für Arbeitssicherheit” zum 1.1.1995 zu ändern.

Die Klägerin hat angeregt, die Rechtssache dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, um in einer Vorabentscheidung klären zu lassen, ob zur Transformation der EG-Richtlinie 89/391/EWG der Anschluß von Fährbetrieben mit weniger als 20 Mitarbeitern an den Arbeitsmedi...

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