Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenzahnärztliche Vereinigung. Kürzung der Honoraransprüche bei Verletzung der Fortbildungspflicht. Krankenkasse. kein Erstattungsanspruch auf Anteil der gezahlten Gesamtvergütung

 

Orientierungssatz

Eine Krankenkasse hat keinen Erstattungsanspruch auf Anteile der gezahlten Gesamtvergütung, wenn Vertragszahnärzte ihrer Fortbildungspflicht nicht nachkommen und die KZV deren Honoraransprüche kürzte.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Informationspflichten und Auszahlungsansprüche wegen Nichterbringens des Fortbildungsnachweises gekürzter Honoraransprüche.

Mit Schreiben vom 14. Dezember 2015 begehrte die Klägerin (Krankenkasse) von der Beklagten (Kassenzahnärztliche Vereinigung) die Auskehrung von Beträgen aus Honorarkürzungen nach § 95d Abs. 3 S. 3 SGB V, soweit sie für die Zeit ab dem 1. Januar 2011 anteilig auf sie entfallen seien. Wenn die Beklagte die Verjährungsverzichtserklärung abgebe, sei die Einreichung einer Klage entbehrlich.

Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 15. Dezember 2015, dass die Klägerin ab dem ersten Quartal 2011 keinen Anspruch auf Kürzung der Gesamtvergütungen wegen sachlich-rechnerischer Berichtigungen habe, da zwischen ihr und der Klägerin im Rahmen der Gesamtvergütung eine Kopfpauschale vereinbart worden sei und keine Einzelleistungsvergütung.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass es sich bei den in § 95d Abs. 3 S. 3 SGB V geregelten Honorarkürzungen um eine sachlich-rechnerische Berichtigung aufgrund einer Qualitätssicherungsmaßnahme handele. Daher seien die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen verpflichtet, die Honorarkürzung an die Krankenkasse auszukehren.

Mit der am 28. Dezember 2015 beim Sozialgericht Magdeburg eingegangenen und von dort wegen örtlicher Unzuständigkeit an das Sozialgericht Kiel verwiesenen Klage beantragt die Klägerin,

1. die Beklagte zu verurteilen, ihr Auskunft zu erteilen über die Höhe der in den Jahren 2011 bis 2014 wegen Nichterbringung des Fortbildungsnachweises nach § 95d Abs. 3 Satz 3 SGB V gekürzten Honorare und die Höhe des auf sie entfallenden Anteils

2. die Beklagte zu verurteilen, ihr den auf sie entfallenden Anteil aus den Honorarkürzungen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie beruft sich auf Entscheidungen des BSG aus den Jahren 1989 und 2015, nach der die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung nicht verpflichtet sei, einbehaltene Beträge aus sachlich-rechnerischer Berichtigung und Wirtschaftlichkeitsprüfungen an die Krankenkassen auszukehren, wenn die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung auf der Grundlage von Fallpauschalen gezahlt wird. Auch die Entscheidung des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen, welches die Kürzungen wegen Nichterfüllung der Verpflichtung zur fachlichen Fortbildung als “Disziplinarmaßnahmen sui generis„ bezeichne und keine Grundlage für die Krankenkassen sehe, stütze ihre Auffassung. Danach bestehe kein Zusammenhang zwischen der Berechnung der Gesamtvergütung nach Fallpauschalen und den streitigen Honorarkürzungen.

Am 23. Januar 2018 fand ein Termin zur mündlichen Verhandlung statt, in dem auch die Verwaltungsvorgänge der Beklagten vorlagen. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die aktenkundigen Unterlagen und Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Auskehrung der gekürzten Honorarbeträge.

§ 95d Abs. 3 S. 3 SGB V trifft keine Aussage zur Verwendung der einbehaltenen Kürzungsbeträge.

Die Klägerin kann die Auskehrung nicht auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs verlangen. Dieses aus allgemeinen Grundsätzen hergeleitete Rechtsinstitut setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (hierzu u.a. BSG, Urteil vom 25.10.2016 - B 1 KR 9/16 R -; Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.07.2016 - 9 A 16/15 -).

Das ist hier jedoch nicht der Fall. Die Klägerin hat die Gesamtvergütung, aus der die Leistungen der Mitglieder der Beklagten als Vertragszahnärzte vergütet werden, mit Rechtsgrund und mit befreiender Wirkung an die Beklagte geleistet. Für diese Zahlungen ist der Rechtsgrund nicht dann entfallen, wenn die Beklagte die Honoraransprüche von Vertragsärzten nach § 95d Abs. 3 S. 3 SGB V kürzte.

Dabei kann dahinstehen, ob die von der Beklagten zitierte Rechtsprechung des BSG in seinen Urteilen vom 25. Oktober 1989, 6 RKa 17/88 und 28. Oktober 2015, B 6 KA 15/15 R, auf diese Konstellation anwendbar ist. Das BSG hat entschieden, dass Erstattungsansprüche der Krankenkassen aus sachlich-rechnerischen Berichtigungen oder Wirtschaftlichkeitsprüfungen bestehen können, wenn Leistungen im Rahmen der Gesamtvergütung nach Einzelleistungen vergütet werden, die nicht (ordnung...

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