Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kryokonservierung. künstliche Befruchtung

 

Leitsatz (amtlich)

Die Kryokonservierung von Samenzellen ist weder eine Leistung zur Herstellung der Zeugungsfähigkeit noch eine medizinische Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

2 Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitgegenstand ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 451,66 € für die Kryokonservierung von Samenzellen des Klägers.

Der 1985 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Seit dem 19.06.2001 sind beim Universitätsklinikum F. Samenzellen des Klägers eingefroren und gelagert. Hierfür wurden dem Kläger 883,37 DM (451,66 €) in Rechnung gestellt.

Seinen Antrag, diese Kosten zu erstatten, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 13.05.2002 ab. Zur Begründung führte sie an, durch das Einfrieren und Aufbewahren von Sperma werde weder eine Krankheit behandelt noch würden Krankheitsbeschwerden gelindert. Vielmehr diene die Maßnahme der Familienplanung, für die die Krankenkasse keine Kosten übernehmen dürfe.

Hiergegen legte der Kläger am 06.06.2002 Widerspruch ein. Er machte geltend, die Kryokonservierung stehe in direktem Zusammenhang mit seiner schweren Krebserkrankung. Ziel der Maßnahme sei die Vermeidung oder zumindest Minderung schwerer psychischer Belastungen, die andernfalls eintreten würden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.09.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In § 27 Abs. 1 Satz 4 und § 27 a SGB V habe der Gesetzgeber den Umfang der Krankenbehandlung im Bereich der Fortpflanzungsmedizin festgelegt. Danach gehörten Leistungen zur Herstellung der Zeugungsfähigkeit zur Krankenbehandlung. Nach § 27 a Abs. 1 SGB V umfassten die Leistungen der Krankenbehandlung auch medizinische Maßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft. Diese vom Gesetz aufgestellten Rahmenbedingungen würden gemäß § 27 a Abs. 4 SGB V durch Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hinsichtlich der medizinischen Einzelheiten zu Voraussetzungen, Art und Umfang der Maßnahmen näher definiert. In Nr. 4 der Richtlinien über ärztliche Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung sei festgelegt, dass die Kryokonservierung von Samenzellen nicht zu den von der Krankenkasse geschuldeten Leistungen einer künstlichen Befruchtung gehöre. Diese Richtlinien seien nicht nur für die gesetzliche Krankenversicherung und die Ärzte verbindlich, sondern auch für die Versicherten. Da es sich mithin bei der vom Kläger gewählten Leistung um eine die Krankenbehandlung überschreitende medizinisch-technische Maßnahme handele, sei die Erstattung der entstanden Kosten ausgeschlossen.

Mit der am 30.09.2002 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor, bei der Kryokonservierung seiner Samenzellen handele es sich nicht um eine Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft gemäß § 27 a SGB V, sondern um Krankenbehandlung gemäß § 27 SGB V. Er leide unter Krebs. Zur Behandlung des Karzinoms sei eine Chemotherapie erforderlich, die allerdings seine Zeugungsfähigkeit beeinträchtige. Nur durch die Kryokonservierung könne er sich die Möglichkeit zur Fortpflanzung erhalten. Diese Maßnahme sei daher Teil der gegen die Krebserkrankung gerichteten Therapie. Die Beeinträchtigung seiner Zeugungsfähigkeit würde bei ihm zudem zu einer Angststörung führen. Auch um der Gefahr einer solchen psychischen Erkrankung zu begegnen, sei die Kryokonservierung seiner Samenzellen notwendig.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.05.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.09.2002 zu verurteilen, ihm Kosten in Höhe von 451,66 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend vor, soweit die Kryokonservierung als Teil einer psychischen Behandlung dargestellt werde, rechtfertige dies keinen Anspruch des Klägers. Denn psychische Probleme seien allein mit den Mitteln der Psychiatrie und Psychotherapie zu behandeln.

Mit einer Entscheidung des Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung haben sich der Kläger (am 18.12.2002) und die Beklagte (am 24.02.2003) einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die die Kammer mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Kosten.

Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V). Voraussetzung ist i...

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