Entscheidungsstichwort (Thema)

Alterssicherung der Landwirte. Zusplittung von weiterentrichteten Beitragszeiten an Ehefrau. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Der § 92 ALG begründet verfassungsrechtliche Zweifel. Die Kammer sieht jedoch noch keinen verfassungswidrigen Eingriff in das durch Art 14 GG geschützte Eigentum. Vielmehr stellt § 92 ALG idF des AVmEG eine verfassungsrechtlich mögliche Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums dar.

2. § 92 ALG begründet im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken. Eine verfassungsrechtlich bedeutsame Ungleichbehandlung gegenüber aktiven Landwirten liegt allerdings noch nicht vor.

 

Tatbestand

Die ... 1936 geborene Klägerin zu 1) begehrt die Zahlung einer Altersrente wegen Vollendung des 65. Lebensjahres für Ehegatten von Landwirten gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 ALG. Streitig ist die Berücksichtigung von zugesplitteten Beitragszeiten gemäß § 27 GAL.

Der ... 1941 geborene Kläger zu 2) begehrt die Zahlung einer vorzeitigen Altersrente für Landwirte.

Die Klägerin zu 1) ist mit dem ... 1941 geborenen Karl Sch (Kläger zu 2) seit ... 1983 verheiratet. Dieser hat in der Zeit vom 01.10.1975 bis 31.12.1994 gemäß § 27 GAL Beiträge weiter entrichtet, nachdem er in der Zeit vom 01.11.1965 bis 30.09.1975 Beitragszeiten als landwirtschaftlicher Unternehmer gemäß § 14 Abs. 1 GAL gezahlt hat.

Mit Antrag vom 05.02.2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Altersruhegeld wegen Vollendung des 65. Lebensjahres für Ehegatten von Landwirten.

Mit Bescheid vom 29.03.2001 lehnte die Beklagte die Gewährung der Altersrente ab, da keine anrechenbaren Beitragszeiten zur Beklagten für die Klägerin zurückgelegt worden seien.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass Voraussetzung für die Gewährung einer Altersrente wegen Vollendung des 65. Jahres gemäß § 11 Abs. 1 Ziffer 2 ALG u.a. sei, dass die Wartezeit von 15 Jahren erfüllt sei. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 ALG werden auf diese Wartezeit Beitragszeiten angerechnet.

Für den Ehegatten gelten für die Ehezeit in der Zeit vom 01.10.1957 bis 31.12.1994, für die der andere Ehegatte Beiträge als Landwirt gemäß § 14 des Gesetzes über eine Altershilfe zur Landwirtin (GAL) gezahlt hat, unter bestimmten Voraussetzungen Beiträge als gezahlt.

Da ihr Ehegatte sein landwirtschaftliches Unternehmen bereits zum 01.10.1975 abgegeben hatte und ab dem 01.10.1975 bis zum 31.12.1994 Beiträge als weiter entrichtender und nicht als aktiver Landwirt gezahlt hat, können ihnen für die Ehezeit (Heirat ... 1983) keine Beiträge zugesplittet werden.

Sie haben daher keine anrechenbaren Beitragszeiten zu Hannoverschen landwirtschaftlichen Alterskasse zurückgelegt.

Hiergegen richtete sich der am 30.04.2001 bei der Beklagten eingegangene Widerspruch.

Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, dass der Gesetzgeber durch das Altersvermögensergänzungsgesetz die Zusplittung allein abhängig gemacht hat von der Beitragszahlung nach § 14 GAL und zwar rückwirkend mit Wirkung vom 23.12.1995 an. Bis zur Verkündung des vorgenannten Gesetzes am 21.03.2001 war die Gesetzeslage so, dass § 92 Abs. 1 Satz 1 ALG allein die Zusplittung von der Beitragszahlung als Landwirt zur Altershilfe abhängig gemacht hatte.

Diese Ablehnung der Altersrente aufgrund der Gesetzesänderung widerspreche aktuellen Urteilen des Bundessozialgerichts. Das BSG habe nämlich am 18.07.2000 in drei Urteilen, u.a. B 10 LW 3/99 R entschieden, dass dem Ehegatten eines Landwirts im Rahmen seines Rentenanspruchs nicht nur eigene Pflichtbeitragszeiten anzurechnen seien, sondern auch die in § 92 ALG umschriebenen Pflichtbeitragszeiten des landwirtschaftlichen Unternehmers unter Einschluss der entrichteten Beiträge nach § 27 GAL. Das BSG sehe diese weiter entrichteten Beiträge (§ 92 ALG) als anspruchsbegründende Pflichtbeiträge des Landwirtes an, die dem Ehegatten im Rahmen der Bäuerinnenabsicherung "zuzusplitten" seien. Der Gesetzgeber habe die ehemaligen Landwirte nach Altrecht zu einer ununterbrochenen Beitragszahlung gezwungen, wollte der Landwirt seinen Leistungsanspruch sichern. Dies stellt daher einen Verfassungsverstoß dar, wollte man ihm und seiner Familie/Ehefrau nunmehr einen wesentlichen Teil seiner Altersvorsorge vorenthalten. Es werde aus nicht nachvollziehbaren Gründen ein unrechtmäßiger Eingriff in die Eigentumsgarantie des Artikel 14 GG vorgenommen. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, dass die Versicherungspflicht für Ehegatten in der Alterssicherung der Landwirte nach § 1 ALG allein an die Eheschließung mit einem Landwirt geknüpft ist. Die Mitarbeit im landwirtschaftlichen Unternehmen sollte also gerade nicht ausschlaggebend sein. Nunmehr wird in der Argumentation zu der Änderung des § 92 ALG genau das Gegenteil gefordert.

Die ermittelte Altersrente für die Klägerin mit den Anspruchsvoraussetzungen ab dem 01.05.2001 belaufe sich auf derzeit 263,45 DM pro Monat. Die entsprechende Rente für den Ehemann würde auf vermutlich 543,16 DM sich belaufen.

Dabei sei zu beachten, dass mit der Ablehnung de...

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