Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Kostenerstattungsanspruch bei Aufenthalt im Frauenhaus. Kosten der psychosozialen Betreuung. keine inhaltlich ausreichende Vereinbarung gem § 17 Abs 2 SGB 2. fehlender Vergütungsanspruch

 

Orientierungssatz

1. Bei psychosozialen Betreuungsleistungen iS des § 16a Nr 3 SGB 2 während eines Aufenthalts im Frauenhaus handelt es sich um Leistungen, die für die Eingliederung eines erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ins Erwerbsleben erforderlich sind (vgl BSG vom 23.5.2012 - B 14 AS 190/11 R = BSGE 111, 72 = SozR 4-4200 § 36a Nr 2).

2. Eine Verpflichtung zur Kostenerstattung gem § 36a SGB 2 besteht nur bei Vorliegen einer Vereinbarung iS des § 17 Abs 2 SGB 2. Enthält die Vereinbarung keine Regelungen dazu, wie eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen nach § 17 Abs 2 S 1 Nr 3 SGB 2 erfolgen soll, so erfüllt der Vertrag zwischen dem Leistungsträger und -erbringer nicht die Mindestanforderungen gem § 17 Abs 2 SGB 2 und es besteht keine Vergütungspflicht.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten des Beigeladenen, welcher seine Kosten selber trägt.

Der Streitwert wird auf 25.052,50 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über den Umfang der Kostenerstattungspflicht des Beklagten wegen des Aufenthalts einer Hilfebedürftigen in einem Frauenhaus.

Die 1955 geborene, erwerbsfähige und hilfebedürftige rumänische Staatsangehörige (K) wohnte bis 20. Dezember 2010 im Landkreis. Am 20. Dezember 2010 floh sie vor ihrem alkoholabhängigen und gewalttätigen Ehemann in das Frauenhaus. Dieser hatte sie misshandelt und eingesperrt. K hielt sich bis einschließlich 30. September 2011 im Frauen- und Kinderschutzhaus (im Folgenden: Frauenhaus) in auf und wurde in diesem Zeitraum von Mitarbeiterinnen des Frauenhauses psychosozial betreut.

Der Träger des Frauenhauses das Diakonische Werk für den - -, auf der einen und die Stadt und der Landkreis auf der anderen Seite schlossen am 3. Dezember 2002 folgende Vereinbarung:

§ 1 Zweck

Das Diakonische Werk für den Stadt- und Landkreis, Kreisdiakonieverband, ist Träger eines Frauen- und Kinderschutzhauses in.

Den von physischer und psychischer Gewalt bedrohten Frauen und Kindern wird gemäß der Konzeption des Trägers in einem geschützten Raum ermöglicht, sich mit ihrer aktuellen Situation auseinanderzusetzen und sich über die eigenen Bedürfnisse und Lebensalternativen bewusst zu werden.

Dabei hilft das Frauen- und Kinderschutzhaus den betroffenen Frauen, durch Beratungsgespräche Erfahrungen in der Partnerschaft zu verarbeiten, Informationen in rechtlichen und sozialen Angelegenheiten zu erlangen, Fragen der Kinderbetreuung und Kindererziehung zu klären und Orientierungshilfen im Hinblick auf die künftige Lebensgestaltung zu erhalten.

§ 2 Personenkreis

Das Frauen- und Kinderschutzhaus dient der Aufnahme von Einwohnerinnen des Stadt- und Landkreises und deren Kindern.

Weitere Personen können nur unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 7 aufgenommen werden.

§ 3 Finanzierung

Auf der Basis der gemeinsamen Modellrechnung des Stadt- und Landkreises wurde die Finanzierung des Frauen- und Kinderschutzhauses umgestellt.

Die ambulante Beratung, Prävention und Beratung werden institutionell, der Aufenthalt im Frauen- und Kinderschutzhaus bis zum Auszug dagegen über Tagessätze finanziert.

Der errechnete Tagessatz beträgt zur Zeit 61,00 EUR pro Person bzw. Belegeinheit (Zimmer); darin sind 12,00 EUR Unterkunftskosten pro Person bzw. Belegeinheit enthalten. Angefangene Tage gelten als ganze Tage. Sofern sich durch Änderung der kalkulatorischen Grundlagen der Tagessatz um mehr als 10 % rechnerisch verändert, kann über den Tagessatz für die Zukunft neu verhandelt werden. Eine erste Anpassung kann frühestens zum 01.04.2004 erfolgen.

§ 4 Gültigkeit

Diese Vereinbarung tritt ab 01.04.2002 rückwirkend in Kraft.

§ 5 Kündigung

Jeder Vertragspartner hat das Recht, diese Vereinbarung mit einer Frist von 12 Monaten zum Monatsende zu kündigen. Die Kündigung hat schriftlich zu erfolgen.

Aus wichtigem Grund ist eine Kündigung einen Monat zum Quartalsende möglich. Als wichtiger Grund sind zum Beispiel Rechtsänderungen anzusehen, die eine weitere Finanzierung in der bisherigen Weise nicht mehr zulassen würden.

§ 6 Informationsrechte, Pflichten

Der Träger des Frauen- und Kinderschutzhauses informiert die anderen Vereinbarungspartner einmal jährlich über die Arbeit des Frauen- und Kinderschutzhauses und legt seine Einnahmen- und Ausgabenrechnung des Vorjahres bei. Auf Verlangen des Sozialhilfeträgers sind diesem die der Einnahmen- und Ausgabenrechnung zugrunde liegenden Originalbelege vorzulegen. Der Träger des Frauen- und Kinderschutzhauses verpflichtet sich, die Verweildauer im Frauen- und Kinderschutzhaus möglichst kurz zu halten. Die Verweildauer im Frauen- und Kinderschutzhaus orientiert sich am Einzelfall.

§ 7 Belegungsvorbehalte

Grundsätzlich gilt: Bei Aufnahmen, die nicht u...

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