Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld. Anwartschaftszeit. Wehrdienst in Spanien

 

Orientierungssatz

Der unter Beibehaltung des Wohnsitzes in Deutschland im Heimatland Spanien abgeleistete Wehrdienst ist als Wehrdienst iS des § 107 S 1 Nr 1 AFG zu werten.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 06.04.2006; Aktenzeichen B 7a/7 AL 86/04 R)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung seines Leistungsantrags vom 25.04.1996. Er begehrt Leistungen wegen Arbeitslosigkeit für den Zeitraum 25.04. bis 30.05.1996.

Der am 13. Dezember 1974 in Deutschland geborene Kläger besitzt die spanische Staatsangehörigkeit. Er hatte in Spanien in der Zeit vom 01. September 1991 bis Juli 1994 eine Berufsausbildung zum Energieelektroniker der Fachrichtung Betriebstechnik durchlaufen und mit der Prüfung abgeschlossen. Er war in Deutschland erwerbstätig in der Zeit vom 03. bis 31.08.1994 und vom 03.11.1994 bis 20.04.1995. In der Zeit vom 18.05.1995 bis 15.02.1996 leistete er in Spanien seinen gesetzlichen Wehrdienst ab. Am 25.04.1996 meldete er sich beim Arbeitsamt H arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 31. Mai 1996 ab, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Hiergegen legte der Kläger rechtzeitig Widerspruch ein. Er beanstandete die Nichtberücksichtigung der Wehrdienstzeit als Gleichstellungszeit. Der Widerspruch wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 16. Juli 1996 als unbegründet zurückgewiesen. Ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestehe nicht, da der Kläger nicht innerhalb der Vorfrist von einem Jahr mindestens 150 Kalendertage in einer Beschäftigung gestanden oder eine Zeit zurückgelegt habe, die zur Erfüllung der Anwartschaftszeit dienen könne. In der Zeit vom 25.04.1995 bis 24.04.1996 habe der Kläger keine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt. Die Ableistung des Wehrdienstes in Spanien könne als gleichgestellte Zeit nur anerkannt werden, wenn der Kläger insgesamt 20 Jahre seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich der Bundesrepublik Deutschland gehabt hätte. Da der Kläger in der Zeit vom 01.09.1991 bis 08.07.1994 in Spanien eine Berufsausbildung gemacht habe, sei die 20-Jahres-Frist nicht eingehalten worden. Die Berücksichtigung der nachgewiesenen Wehrdienstzeit in Spanien als gleichgestellte Anwartschaftszeit gem. § 134 Abs. 3 a i.V.m. § 107 AFG sei daher nicht möglich. Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 15. August 1996 vor dem Sozialgericht Hannover Klage erhoben. Er ist der Auffassung, daß die nachgewiesene Wehrdienstzeit so berücksichtigt werden müsse, als sei sie in der Bundesrepublik Deutschland abgeleistet worden. Er nimmt Bezug auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 15.10.1969. Er verweist darauf, daß er auch während der Lehre seinen Wohnsitz bei den Eltern in Deutschland beibehalten habe. Er überreicht seinen Gesellenbrief, den Ausbildungsvertrag sowie die Bescheinigung E 301 der spanischen Arbeitsverwaltung über beitragspflichtige Beschäftigungszeiten in der Zeit vom 01.12.1991 bis 04.12.1992.

Der Kläger beantragt,

1.      den Bescheid der Beklagten vom 31.05.1996 in der Gestalt des

Widerspruchsbescheides vom 16.07.1996 aufzuheben,

2.      die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger nach seinem Antrag vom

25.04.1996 Leistungen wegen Arbeitslosigkeit in gesetzlicher Höhe zu gewähren,

3.      hilfsweise die Berufung zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. Zur Begründung bezieht sie sich im wesentlichen auf ihren Widerspruchsbescheid. Sie ist der Auffassung, daß der Kläger auch keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld habe, da die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei. Die dreijährige Rahmenfrist für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld laufe vom 25.04.1993 bis 24.04.1996. In dieser Zeit habe der Kläger keine 360 Kalendertage in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden.

Wegen des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von Ihnen eingereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Prozeßakte und der Leistungsakte der Beklagten -- St.Nr. ... --, Arbeitsamt H, verwiesen. Sie haben dem Gericht vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig. Sie ist sachlich jedoch nicht begründet.

Der Kläger kann nach seinem Antrag vom 25.04.1996 Arbeitslosengeld (Alg) beanspruchen. Anspruch auf Alg hat nach § 100 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetz, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat. Hier ist allein die Erfüllung der Anwartschaftszeit streitig. Nach § 104 Abs. 1 Satz 1 AFG hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre (...

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