Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Rücknahme eines bindenden Bescheides durch die erlassende Behörde

 

Orientierungssatz

Nach § 44 SGB 10 besteht nur dann ein Anspruch auf Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des angefochtenen Bescheides das Recht unrichtig angewendet worden ist oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Rücknahme eines Bescheides.

Der Arzt für Allgemeinmedizin Herr L in C hatte durch eine ärztliche Anzeige über eine Berufskrankheit vom 22.04.1996 bei der Beklagten den Verdacht auf eine Berufskrankheit angezeigt. Die Beklagte hatte darauf hin nach der Berechnungsmethode von Prof. Dr. C für den Zeitraum 1961 bis 1967 nach der worst-case-Betrachtung eine Gesamtbelastung von 61,2 Feinstaubjahren für den Kläger ermittelt. Mit Bescheid vom 06.08.1996 hatte die Beklagte eine Entschädigung nach § 551 Abs. 1 und 2 RVO (Reichsversicherungsordnung) abgelehnt, da nach dem damaligen Kenntnisstand der Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung am 04.04.1995 eine Ergänzung der Berufskrankheitenverordnung in der Weise empfohlen hatte, dass die chronisch-obstruktive Bronchitis oder Emphysembronchitis von Bergleuten unter Tage im Steinkohlebergbau, bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Feinstaubdosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren, wie eine Berufskrankheit entschädigt werden sollte, die Belastung des Klägers jedoch lediglich 61,2 Feinstaubjahre betragen hatte.

Mit einem Schreiben, dass bei der Beklagten am 13.02.2002 einging, beantragte der Kläger eine Entschädigung und gemäß § 44 SGB (Sozialgesetzbuch) X die Erteilung eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides.

Durch den Bescheid vom 15.04.2002 lehnte die Beklagte die Rücknahme des bindenden Bescheides vom 06.08.1996 ab, da neue Tatsachen, gegenüber denjenigen, die die Grundlage des Bescheides vom 06.08.1996 gebildet hatten, nicht vorliegen.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers, der am 16.05.2002 bei der Beklagten einging, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 06.02.2003 zurück.

Hiergegen richtet sich die am 28.02.2003 beim Sozialgericht Gelsenkirchen eingegangene Klage des Klägers, mit der er geltend macht, dass auch 2/3 der Regelbelastung wesentlich sein können. Der Kläger legt dazu einen Bericht eines anderen Versicherten über dessen Tätigkeit unter Tage vor.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 15.04.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid der Beklagten vom 06.08.1996 zurückzunehmen und dem Kläger aus Anlass der bei ihm bestehenden Emphysembronchitis eine Verletztenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält ihre Auffassung aus dem Verwaltungsverfahren weiterhin für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten, vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, weil dieser nicht rechtswidrig ist (§ 54 Abs. 2 SGG - Sozialgerichtsgesetz-)

Zur Vermeidung von Wiederholungen sieht das Gericht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, da es der Begründung des Verwaltungsaktes in Gestalt des Widerspruchsbescheides folgt (§ 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend sei ausgeführt, dass der Kläger gemäß § 44 SGB X lediglich dann einen Anspruch auf Rücknahme des seiner Auffassung nach rechtswidrigen Bescheides vom 06.08.1996 hätte, wenn sich im Einzelfall ergeben würde, dass bei Erlass dieses Bescheides das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht worden sind.

Im vorliegenden Fall sind keine Umstände ersichtlich, dass die Beklagte das Recht bei Erlass des Verwaltungsaktes unrichtig angewandt hat: Wie die Beklagte im Bescheid vom 06.08.1996 zutreffend ausführte, hielt der ärztliche Sachverständigenbeirat beim Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung eine chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlebergbau, nur dann für entschädigungsfähig, wenn der Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Feinstaubdosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren geführt wird. Diesen Nachweis kann der Kläger auch unter Zugrundelegung seines eigenen Vortrages nicht führen. Der Verweis auf eine Arbeitsplatzbeschreibung eines an...

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