Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Sachverständigenvergütung. Anspruchsübergang auf Dritten. Voraussetzung für Umsatzsteuererstattung. Antragsrecht auf richterliche Festsetzung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Geht der Vergütungsanspruch eines Sachverständigen gegen die Staatskasse auf einen Dritten über, so kann dieser die Erstattung der rechnerisch auf die Vergütung entfallenden Umsatzsteuer nur verlangen, wenn auch der Sachverständige selbst in Bezug auf die Vergütung umsatzsteuerpflichtig wäre.

2. Erwirbt ein Dritter einen Vergütungsanspruch nach dem JVEG, ist er berechtigt, einen Antrag auf richterliche Festsetzung gem § 4 Abs 1 JVEG zu stellen.

 

Tenor

Die Vergütung des Sachverständigen Prof. Dr. D. für die Erstattung seines Gutachtens vom 10. Juli 2018 im Verfahren S 8 U 59/11 wird auf

1.150,60 EUR

festgesetzt

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Mit Beweisanordnung vom 31. August 2017 im Ausgangsverfahren S 8 U 59/11 wurde der Sachverständige Prof. Dr. D., ärztlicher Abteilungsleiter der Antragstellerin, als Sachverständiger bestimmt (im Folgenden nur: Sachverständiger). Er erstattete sein Gutachten auftragsgemäß mit Datum vom 10. August 2018.

Für diese Sachverständigenleistung stellte die Antragstellerin über einen Dienstleister unter dem 20. August 2018 einen Gesamtbetrag von 1.369,21 EUR in Rechnung, darin enthalten 218,61 EUR Umsatzsteuer. Unter dem 15. November 2018 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle den Nettobetrag ohne Umsatzsteuer antragsgemäß fest.

Mit Schreiben vom 13. November 2018, bei dem Sozialgericht Fulda eingegangen am 27. November 2018, hat die Antragstellerin die richterliche Festsetzung der Vergütung beantragt. Zur Begründung führt die Antragstellerin aus, dass sie als Klinikum selbst ihre Umsatzsteuernummer bei Rechnungsstellung angegeben habe. Aufgrund der zwischen der Antragstellerin und dem Sachverständigen bestehenden Dienstvertrages sei das Liquidationsrecht für Gutachtenaufträge auf die Antragstellerin übergegangen. Diese sei selbst umsatzsteuerpflichtig, so dass die Umsatzsteuer entsprechend in Rechnung gestellt worden sei. Gleichzeitig sei die Umsatzsteuer mit der entsprechenden Voranmeldung für August 2018 ordnungsgemäß an das Finanzamt München abgeführt worden. Im Jahr 2017 habe der Sachverständige für die Antragstellerin insgesamt eine Vergütung von 2.477,78 EUR erzielt.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Vergütung für die Gutachtenleistung des Sachverständigen Prof. Dr. D. entsprechend der Honorarrechnung vom 20. August 2018 einschließlich der darin ausgewiesenen Umsatzsteuer i.H.v. 218,61 EUR festzusetzen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Vergütung auf (netto) 1.150,60 EUR festzusetzen.

Sie hält den Sachverständigen für selbst nicht umsatzsteuerpflichtig, so dass ihm auch keine Aufwendungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 JVEG erstattet werden könnten. Entsprechend könne er auch einen diesbezüglichen Anspruch nicht an seinen Arbeitgeber abtreten.

Das Gericht hat eine Stellungnahme des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat in Bezug auf die Umsatzsteuerpflichtigkeit der Sachverständigenvergütung eingeholt. Unter dem 26. Juni 2019 führt es aus, dass entscheidend für die Umsatzsteuerpflicht sei, wer als „Leistender“ in Bezug auf die Erstattung des Gutachtens anzusehen sei. Hierfür böten sich grundsätzlich drei Optionen unter Beachtung von zwei unterschiedlichen Varianten an:

Entweder die Leistung erfolge unmittelbar durch den Sachverständigen gegenüber dem Land Hessen und sie werde außerhalb des Anstellungsverhältnisses des Arztes erbracht. Dann rechne der Sachverständige unmittelbar selbst gegenüber der Staatskasse ab; dies sei hier aber nicht der Fall gewesen. Insoweit komme dann aber alternativ in Betracht, dass die Antragstellerin im Namen und für Rechnung eines Dritten, also den Sachverständigen, abrechne (§ 14 Abs. 2 S. 4 UStG), was dann aber auch entsprechend deutlich aus der Rechnung hervorgehen müsse. Da der Sachverständige aber selbst als Kleinunternehmer gemäß § 19 UStG gelte, werde auf die Gutachterleistung keine Umsatzsteuer erhoben, die dann auch entsprechend nicht abgerechnet werden könne.

Oder aber (Variante 2) man müsse davon ausgehen, dass das Krankenhaus selbst der Sachverständige sei. Dann werde die Leistung durch das Krankenhaus gegenüber dem Land Hessen ausgeführt, der Sachverständige sei dann lediglich als Erfüllungsgehilfe anzusehen. Entsprechend sei dann auch die Vergütung umsatzsteuerpflichtig wie alle nicht therapeutischen Leistungen des Krankenhauses.

Aus dem von der Antragstellerin (auszugsweise) vorgelegten Dienstvertrag zwischen ihr und dem Sachverständigen geht hervor, dass diesem eine private Liquidation von Behandlungskosten bei Privatpatienten untersagt ist (§ 8 Abs. 1 des Vertrages). Gem. § 8 Abs. 3 des Vertrages erhält der Sachverständige von Einnahmen seiner Abteilung aus Privatbehandlungen und Gutachtertätigkeit unter Anrechnung der fixen Jahresvergütung eine v...

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