Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Beteiligtenfähigkeit einer Berufsausübungsgemeinschaft bei Zulassungsfragen. Drittanfechtung einer Sonderbedarfszulassung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Anfechtungsbefugnis im Rahmen einer defensiven Konkurrentenschutzklage gegen eine Sonderbedarfszulassung.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.10.2012; Aktenzeichen B 6 KA 39/11 R)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die gesamten Kosten des Rechtsstreits.

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Sonderbedarfszulassung des Beigeladenen Dr. B..

Die Klägerin betreibt eine Gemeinschaftspraxis in S.. Die Dres. D. u. H. sind Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt "Nephrologie". Frau M.-S. ist "Praktische Ärztin". Die Klägerin betreibt in der T. Straße ein Dialysezentrum und eine Diabetologische Schwerpunktpraxis.

Der Beklagte hat mit Beschluss vom 29.06.2005, dem Nephrologen Dr. W. B. eine Sonderbedarfszulassung mit dem Vertragsarztsitz S. erteilt. Diesem Arzt und seinen ebenfalls beigeladenen Praxiskollegen Dr. H.-G. H., S., Dr. I.H. und Dr. J. Sch. wurden seitens des Beklagten durch Beschluss mit demselben Datum auch die Genehmigung zur gemeinsamen Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in Form einer Gemeinschaftspraxis erteilt.

Gegen den oben genannten Beschluss hat die Klägerin Widerspruch eingelegt und im Wesentlichen wie folgt begründet:

Die dem Nephrologen Dr. B. erteilte Sonderbedarfszulassung sei zu Unrecht erfolgt. Es bestehe kein nephrologischer Versorgungsbedarf, der nicht schon durch die "Vollzulassungen" gedeckt sei. Es bestehe weder eine quantitative noch qualitative Unterversorgung im Sinne der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte. Weder ihre eigene Praxis noch die in P. bestehende Praxis Dres. F., Sch., L. sei ausgelastet. Das gleiche gelte daher wahrscheinlich auch für die Praxis der Dres. H./H. und Sch.. Solange bestehende Dialysepraxen nicht ausgelastet seien, dürften neue Ärzte für eine Dialysepraxis nicht zugelassen werden. Das ergebe sich letztlich schon aus § 6 Abs. 1 der Anlage 9.1 der Verträge zur Änderung der Bundesmantelverträge über besondere Versorgungsaufträge für die nephrologische Versorgung chronisch niereninsuffizienter Personen vom 22.03.2002, wonach die Zulassung neuer Dialysepraxen in der Versorgungsregion mit den Forderungen einer wirtschaftlichen Versorgungsstruktur so lange nicht vereinbar sei, als bestehende Dialysepraxen weniger als 90 % der Höchstpatientenzahl nach dem so genannten Arzt-Patienten-Schlüssel versorgten. Da im Falle Dr. B. keine ökonomisch sinnvolle Versorgungsstruktur vorhanden gewesen sei, habe dessen Zulassung für die nur 10 km Luftlinie von ihrer Praxis entfernten Dialyseeinrichtung nicht erfolgen dürfen. Auch die Qualitätssicherungsvereinbarung habe die Zulassung eines weiteren Arztes nicht notwendig gemacht, da die Praxis Dres. H./H. und Sch. in der Lage sei, 150 Patienten vor Ort zu versorgen. Für ihren Widerspruch habe sie auch ein Rechtsschutzinteresse, weil sie in demselben Planungsbereich mit einem neu hinzugekommenen Leistungsanbieter konkurrieren müsse. Insoweit beriefe sie sich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das einem niedergelassenen Arzt ein Rechtsschutzinteresse dafür zuerkannt habe, sich gegen die Ermächtigung von Krankenhausärzten zu wehren. In ihrem Falle sei die Sachlage vergleichbar. Der Widerspruch sei nicht verfristet, da der Zulassungsbescheid für Dr. B. noch nicht zugestellt worden sei.

In seiner Widerspruchserwiderung vom 02.02.2006 beruft sich der Nephrologe Dr. B. im Wesentlichen darauf, dass er einen Anspruch auf Sonderbedarfszulassung habe, da ihm die Kassenärztliche Vereinigung Saarland durch Bescheid vom 30.05.2005 einen Versorgungsauftrag nach der oben genannten Anlage 9.1 der Verträge zur Änderung der Bundesmantelverträge zugesichert habe. Hintergrund dieses Versorgungsauftrages sei, dass in der Gemeinschaftspraxis Dres. H./H. und Sch. kontinuierlich mehr als 150 Dialysepatienten betreut würden. Deshalb sei nach den Vorschriften der Qualitätssicherungsvereinbarung zu den Blutreinigungsverfahren ein weiterer Arzt notwendig. Nach dem Arzt-Patienten-Schlüssel nach § 5 Abs. 7 Buchstabe c) dieser Vereinbarung müssten bei bis zu 100 Patienten in einer Dialyseeinrichtung zwei Ärzte, bei mehr als 100 Patienten und je weiteren 50 Patienten pro Jahr zusätzlich ein weiterer fachkundiger Arzt vorhanden sein. Die Zahlen zur Begründung des Sonderbedarfs beruhten auf den Feststellungen der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland und seien zutreffend.

Mit Bescheid vom 14.2.2006 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück.

Zur Begründung führte er aus, der Widerspruch sei unzulässig. Denn der Klägerin fehle hierfür das notwendige Rechtsschutzinteresse.

Das Rechtsschutzinteresse setze die Beeinträchtigung einer Rechtsposition und die Rechtswidrigkeit des Behördenverhaltens voraus. Vorliegend fehle es schon an der Beeinträchtigung der Klägerin durch den Zulassungsausschuss. Denn der Zulassungsa...

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