Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Kostenerstattung für eine vom Versicherten durchgeführte Krankenbehandlung durch die Krankenkasse

 

Orientierungssatz

1. Ein Kostenerstattungsanspruch des Versicherten nach § 13 Abs. 2 SGB 5 ist ausgeschlossen, wenn dieser vor Inanspruchnahme der Leistung anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung gewählt hat.

2. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 S. 1 SGB 5 ist nicht gegeben, wenn keine unaufschiebbare Leistung vorgelegen hat.

3. Gleiches gilt, wenn die Krankenkasse die Leistung vor Durchführung der Behandlung nicht zu Unrecht abgelehnt hat. Der Versicherte muss vor Beginn der Behandlung bei seiner Krankenkasse einen Kostenübernahmeantrag gestellt und deren Entscheidung abgewartet haben.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 17.11.2015; Aktenzeichen B 1 KR 65/15 B)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten eine Kostenerstattung in Höhe von 5.355,01 € (privatärztliche Behandlung Dr. C. im Zeitraum 13.07.2009 bis 09.08.2009) in Streit.

Die 1981 geborene Klägerin ist pflichtversichertes Mitglied bei der Beklagten. Sie hat von der Möglichkeit, anstelle der Sach- und Dienstleistung Kostenerstattung zu wählen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGBV) keinen Gebrauch gemacht.

Die Klägerin leidet seit Jahren an chronischen Kopfschmerzen und Migräne ohne Aura. Im Frühjahr 2009 traten vier Schmerzattacken monatlich und zehn Migränetagen pro Monat auf. Am 19.05.2009 stellte sich die Klägerin bei Dr. D. wegen Kopfschmerzen und Migräne vor. Unter dem Datum 20.05.2009 fertigte Dr. D. einen Antrag zur Vorlage bei der gesetzlichen Krankenkasse zur Durchführung einer stationären Vorsorgemaßnahme gemäß § 23 SGB V in der Migräne Klinik Königstein, mit der ein Versorgungsvertrag mit den gesetzlichen Krankenkassen besteht (Vertragspartner nach § 111 SGB V).

Am 25.06.2009 ließ sich die Klägerin erstmals von Dr. C. im Schmerz-Therapie-Zentrum E-Stadt untersuchen. Am selben Tag fand auch eine Untersuchung in der Radiologie E-Stadt (Aufnahmen von Schädel Hals- und Brustwirbelsäule) statt, die mit Rechnung vom 30.06.2009 privat liquidiert wurde.

Mit Schreiben vom 10.07.2009 (einem Freitag) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie wegen Migräne und Spannungs-Kopfschmerzen ab dem 13.07.2009 in Behandlung bei Dr. C. im Schmerz-Therapie-Zentrum E-Stadt sei. Dazu führte sie aus, sie habe keine andere Klinik gefunden, die eine ursachenorientierte Behandlung anbiete und gleichzeitig von der Krankenkasse anerkannt werde. Aus diesem Grunde stelle sie den Antrag auf „Kostenbeteiligung“. Diesem Schreiben war eine Terminsbestätigung von Dr. C. vom 03.07.2009 über die erste Behandlung am 13.07.2009 beigefügt mit Bestätigung des Erhalts einer „Kaution in Höhe von Euro 800“. Den aktuellen Wochenterminplan mit ihren Behandlungsterminen werde die Klägerin in der Vorbesprechung erhalten.

Die Klägerin trat die Behandlung in E-Stadt am 13.07.2009 an und wohnte während der bis zum 09.08.2009 dauernden Therapie in einer Mietwohnung in E-Stadt. Die Therapie bei Dr. C., einem Anästhesiologen, bestand im Wesentlichen in der Injektion des Medikaments Xylocain® mit dem Wirkstoff Lidocain in verschiedene Regionen der Brust- und Halswirbelsäule und an der Schädelbasis zur Auslösung sog. repetitiver thorakaler Grenzstrang-Ganglien-Blockaden (Nerven- Blockaden). Parallel hierzu wurden Patienten-Seminare mit Körperschule durchgeführt.

Die Beklagte holte auf den auf den 10.07.2009 datierten Antrag der Klägerin (Eingangs- oder Scan-Vermerk vom 14.07.2009 auf der Rückseite des Antrags) am 16.07.2009 eine telefonische Auskunft der Klinik in E-Stadt ein. Danach werde die Klägerin teilstationär in dem Schmerz-Therapie-Zentrum von Dr. C. behandelt. Dieser habe keine Kassenzulassung. Bei der Klinik handele es sich um eine Privatklinik.

In einem Telefonat am 20.07.2009 mit der Klägerin lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für die Behandlung ab, weil sie in einer Privatklinik stattfinde.

Nach Abschluss der Behandlung im Schmerz-Therapie-Zentrum in E-Stadt bat die Klägerin mit Schreiben vom 03.09.2009, das sie am 04.09.2009 persönlich bei der Beklagten übergab, darum, ihren Antrag auf Kostenbeteiligung (gemeint: die Entscheidung hierüber) zu revidieren. Die Therapie sei erfolgreich abgeschlossen worden, seitdem habe sich ihr Gesundheitszustand erheblich verbessert. Dem Antrag lagen bei Rechnungen von Dr. C. selbst über 4.815,79 € und weitere Rechnungen der Radiologie E-Stadt über die Untersuchung am 25.06.2009 über 91,10 €, sowie mehrere Rechnungen über Laborkosten verschiedener Leistungserbringer, die im Auftrag von Dr. C. im Zeitraum 13.07. bis 24.07.2009 tätig wurden (zusammen 539,22 €). Die Rechnungen aus dem streitgegenständlichen Zeitraum belaufen sich auf einen Betrag von insgesamt 5.446,11 €. Außerdem legte die Klägerin ein Schreiben ihres Hausarztes Dr. F. vom 31...

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