Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung der Kosten einer privatärztlichen Behandlung durch die Krankenkasse

 

Orientierungssatz

1. Die Vorschrift des § 13 Abs. 3 SGB 5 gewährt einen Erstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden konnte.

2. Eine Kostenerstattung wegen Nichterbringung einer unaufschiebbaren Leistung setzt nach § 13 Abs. 3 S. 1 1. Alt. SGB 5 voraus, dass einerseits eine dringende Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen hat und andererseits ein an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmender Arzt nicht rechtzeitig zur Verfügung stand.

3. Zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand und dem Nachteil des Versicherten muss ein Ursachenzusammenhang bestehen. Daran fehlt es u. a., wenn der Versicherte mit der ärztlichen Behandlung begonnen hat, ohne die Entscheidung der Krankenkasse abzuwarten. Behandlungsalternativen können dann nicht mehr wirksam werden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 17.11.2015; Aktenzeichen B 1 KR 65/15 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 27. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihr für die privatärztliche Behandlung durch Dr. med. C. im Zeitraum 13. Juli 2009 bis 9. August 2009 entstandenen Kosten streitig.

Die Klägerin ist bei der Beklagten pflichtkrankenversichert. Sie hat von der Möglichkeit, anstelle der Sach- und Dienstleistung Kostenerstattung zu wählen (§ 13 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGBV) keinen Gebrauch gemacht.

Seit Jahren leidet die Klägerin an chronischen Kopfschmerzen und Migräne ohne Aura. Im Frühjahr 2009 traten 4 Schmerzattacken monatlich und 10 Migränetage pro Monat auf. Die Klägerin stellte sich am 19. Mai 2009 bei Dr. med. D. wegen Kopfschmerzen und Migräne vor. Dieser fertigte am 20. Mai 2009 einen Antrag zur Vorlage bei der gesetzlichen Krankenkasse zur Durchführung einer stationären Vorsorgemaßnahme gemäß § 23 SGB V in der Migräne-Klinik Königstein, mit der ein Versorgungsvertrag mit den gesetzlichen Krankenkassen besteht (Vertragspartner nach § 111 SGB V).

Am 25. Juni 2009 ließ sich die Klägerin erstmals von Dr. med. C. (Facharzt für Anästhesiologie) im Schmerz-Therapie-Zentrum Baden-Baden untersuchen. An diesem Tag wurden in der Radiologie Baden-Baden bei der Klägerin Aufnahmen von Schädel und Hals- und Brustwirbelsäule gefertigt. Diese Leistung wurde der Klägerin privat in Rechnung gestellt.

Die Klägerin teilte mit Schreiben vom Freitag, dem 10. Juli 2009 der Beklagten (Eingangs-oder Scan-Vermerk vom 14. Juli 2009) mit, sie beginne am 13. Juli 2009 im Schmerz-Therapie-Zentrum Baden-Baden eine Behandlung bei Dr. med. C. wegen Migräne und Spannungs-Kopfschmerzen. Sie habe keine andere Klinik gefunden, die eine ursachenorientierte Behandlung anbiete und gleichzeitig von der Krankenkasse anerkannt werde. Aus diesem Grunde stelle sie den Antrag auf Kostenbeteiligung. Diesem Schreiben war eine Terminbestätigung von Dr. med. C. (Facharzt für Anästhesiologie, Schmerztherapie) vom 3. Juli 2009 über die erste Behandlung am 13. Juli 2009 beigefügt. In diesem wurde auch der Erhalt einer "Kaution in Höhe von Euro 800" bestätigt und der Hinweis gegeben, den aktuellen Wochenterminplan mit ihren Behandlungsterminen werde die Klägerin in der Vorbesprechung erhalten.

Die Behandlung der Klägerin erfolgte vom 13. Juli bis zum 9. August 2009. In dieser Zeit wohnte sie in einer Mietwohnung in Baden-Baden. Die Therapie von Dr. med. C. bestand im Wesentlichen in der Injektion des Medikaments Xylocain® mit dem Wirkstoff Lidocain in verschiedene Regionen der Brust- und Halswirbelsäule und an der Schädelbasis zur Auslösung sog. repetitiver thorakaler Grenzstrang-Ganglien-Blockaden (Nerven-Blockaden). Parallel hierzu wurden Patienten-Seminare mit Körperschule durchgeführt.

Die Beklagte holte am 16. Juli 2009 eine telefonische Auskunft der Klinik des Leistungserbringers in Baden-Baden ein. Danach werde die Klägerin teilstationär in dem Schmerz-Therapie-Zentrum von Dr. med. C. behandelt. Dieser habe keine Kassenzulassung und es handele sich bei der Klinik um eine Privatklinik.

Die Beklagte lehnte laut Aktenvermerk in einem Telefonat mit der Klägerin am 20. Juli 2009 die Kostenübernahme für die Behandlung in der Privatklinik Dr. med. C. ab.

Nach Abschluss dieser Behandlung bat die Klägerin mit Schreiben vom 3. September 2009 die Beklagte ihre Entscheidung zu revidieren. Die Therapie sei erfolgreich abgeschlossen. Seitdem habe sich ihr Gesundheitszustand erheblich verbessert. Dem Antrag lagen Rechnungen von Dr. med. C. über insgesamt 4.815,79 € und weitere Rechnungen in Höhe von insgesamt 539,22 € (Radiologie Baden-Bade...

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