Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Erfüllung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs noch vor Kostenfestsetzung. Festsetzung von Zinsen

 

Leitsatz (amtlich)

Der Kostenschuldner hat die bis zur Erfüllung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs angefallenen Zinsen an den Kostengläubiger zu erstatten.

 

Orientierungssatz

Der Umstand, dass er die Kosten vor ihrer Festsetzung begleicht, führt nicht zum Wegfall des von ihm zu erfüllenden Zinsanspruchs.

 

Tenor

I. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 14. Oktober 2014 - S 13 R 776/09 - wird mit der Maßgabe geändert, dass die Kosten in Höhe von 530,74 Euro ab 12. Februar bis 29. August 2014 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu verzinsen sind.

II. Die Erinnerungsführerin hat der Erinnerungsgegnerin deren notwendigen außergerichtlichen Kosten für das vorliegende Erinnerungsverfahren dem Grunde nach zu erstatten.

 

Gründe

Die Erinnerung der Beklagten (im weiteren: Erinnerungsführerin) vom 17. November 2014 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. Oktober 2014 - S 13 R 776/09 - ist nach § 197 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ist zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben, jedoch in der Sache unbegründet.

Die Erinnerungsführerin hat - wogegen sie sich zu Unrecht wendet - Zinsen auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch der Klägerin des Hauptsacherechtsstreits (im weiteren Erinnerungsgegnerin) zu zahlen. Der Tenor der Entscheidung erfolgt allein zum Zwecke der Klarstellung.

Die Erinnerungsführerin ist aufgrund ihres in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht vom 31. Januar 2014 von der Erinnerungsgegnerin angenommenen Vergleichsangebots vom 18. März 2013 verpflichtet, die hälftigen außergerichtlichen Kosten der Erinnerungsgegnerin zu erstatten. Diese Verpflichtung ist weder dem Grunde, noch der Höhe nach zwischen den Beteiligten des Erinnerungsverfahrens streitig. Die Beteiligten streiten allein um die Frage, ob die Erinnerungsführerin verpflichtet ist, auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch Zinsen zu zahlen.

Die Erinnerungsführerin weist in dem vorliegenden Verfahren darauf hin, dass sie die Kostenforderung in Höhe von 530,74 Euro (vgl. anwaltliche Kostennote vom 31. Januar 2014) erfüllt hat; der Betrag ist dem Konto des Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin am 29. August 2014 gutgeschrieben worden. Daraus schlussfolgert die Erinnerungsführerin es habe kein Rechtsschutzbedürfnis für die Festsetzung des bereits gezahlten Betrages bestanden. Wenn aber keine Festsetzung der Kosten erfolge, seien von ihr auch keine Zinsen zu zahlen. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des § 104 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) setze die Zinszahlung eine Festsetzung der Kosten voraus. Dieser Auffassung der Erinnerungsführerin kann sich die Kammer nicht anschließen.

Die formellen Voraussetzungen des Kostenfestsetzungsverfahrens (vgl. im Einzelnen: RL., in: Münchener Kommentar zur ZPO, 4. Auflage 2013, § 103 ZPO, Rn. 28-52, § 104 Rn. 21) lagen vor. Insbesondere war der Kostenfestsetzungsantrag der Erinnerungsgegnerin durch anwaltlichen Schriftsatz vom 31. Januar 2014 zulässig und ist

dies auch trotz der Zahlung des Kostenerstattungsbetrages durch die Erinnerungsgegnerin geblieben. Ein Rechtsschutzbedürfnis lag vor.

Dabei ist der Erinnerungsführerin im Ansatz zuzustimmen, dass im Kostenfestsetzungsverfahren, ebenso wie im Falle einer Klage, das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers von Amts wegen zu prüfen ist (RL., a.a.O., § 103 Rn. 36f.). Es wird auch vertreten, dass dieses ausnahmsweise entfallen kann, wenn die Kosten unstreitig vollständig bezahlt sind (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11. Februar 2004 - 10 WF 23/03 -; a.A. Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 12. Auflage 2015, § 104 Rn. 8; EU., in: N.'scher Online-Kommentar ZPO, Hrsg: Vorwerk/NV., § 104 Rn. 37, § 103 Rn. 35).

Ein solcher Fall der unstreitigen vollständigen Erfüllung liegt jedoch gerade nicht vor. Denn die Beteiligten streiten weiterhin um die Frage, ob von der Erinnerungsführerin Zinsen auf den prozessualen Kostenerstattungsanspruch für den Zeitraum vom 12. Februar 2014 (Eingang des Antrags auf Verzinsung, anwaltlicher Schriftsatz vom 31. Januar 2014) bis 29. August 2014 (Gutschrift des Erstattungsbetrages auf dem Konto des Bevollmächtigten der Erinnerungsgegnerin) zu zahlen sind. Unter diesen Umständen kann ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Kostenfestsetzung nicht verneint werden. Denn ein Ausspruch zu den Zinsen ist auf Antrag, der hier vorlag, erforderlich, vgl. § 104 Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).

Grundsätzlich hat jeder Rechtssuchende einen öffentlich-rechtlichen Anspruch darauf, dass die staatlichen Gerichte sein Anliegen sachlich prüfen und darüber entscheiden. Im Kostenfestsetzungsverfahren ergibt sich ein Rechtsschutzbedürfnis deshalb regelmäßig schon aus der Nichterfüllung des behaupteten Anspruchs, hier al...

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