Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilferecht: Leistungen der Hilfe zur Pflege. Anrechnung von Einkommen und Vermögen auf den Hilfebedarf. Folgen der Unaufklärbarkeit eines Vermögensverbleibs. Anforderung an die Annahme eines Anordnungsgrundes im einstweiligen Rechtsschutzverfahren über Leistungen der Hilfe zur Pflege

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch auf Sozialhilfeleistungen (hier: Hilfe zur Pflege) scheidet aus, wenn durch einen Hilfebedürftigen der Verbleib von Bargeldvermögen, das in enger zeitlicher Nähe zur Aufnahme in einem Pflegeheim als Hilfefalleintritt von den Bankkonten abgehoben wurde, nicht ausreichend nachgewiesen wurde. Denn die Unaufklärbarkeit des Vermögensverbleibs geht zu Lasten des Hilfebedürftigen, sodass ein die Leistungsfähigkeit des Betroffenen übersteigender Hilfebedarf in diesem Fall nicht anzunehmen ist.

2. Im Streit um einen Anspruch auf Gewährung von Sozialhilfeleistungen als Hilfe zur Pflege ist im Eilverfahren über die vorläufige Hilfegewährung ein Anordnungsgrund nur dann gegeben, wenn die auf Zahlungsverzug gegründete Kündigung des Heimvertrages glaubhaft gemacht wurde.

 

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Beteiligten haben sich keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Übernahme von ungedeckten Kosten anlässlich der Unterbringung des Antragstellers in der stationären Einrichtung der Beigeladenen als Leistungen der Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.

Der am 03.02.19... geborene Antragsteller ist gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Er ist schwerbehindert bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 90; das Merkzeichen "G" ist zuerkannt. Er ist seit Oktober 1991 verwitwet. Ein aus der Ehe hervorgegangener, im Juli 19... geborener Sohn ist vor mehreren Jahren verstorben.

Bevollmächtigte des Antragstellers ist die am 05.12.19... geborene Frau Erika G., wohnhaft unter der Anschrift H. Straße Hausnummer ... in M. Ausweislich der Vollmachtsurkunde vom 20.04.2018 hat der Antragsteller, der seinerzeit in der Nachbarschaft der Frau G. unter der Anschrift F.straße Hausnummer x in M. wohnhaft war, dieser eine umfassende Vollmacht im Bereich der Vermögenssorge erteilt. Weiterhin bevollmächtigte er sie, ihn u.a. gegenüber Behörden und Gerichten zu vertreten.

Der Antragsteller bezieht eine Altersrente i.H.v. 1.922,00 EUR monatlich (Stand: Juli 2019). Weiterhin bezieht er eine Betriebsrente i.H.v. 252,63 EUR monatlich.

Der Antragsteller ist Inhaber eines Girokontos bei der Sparkasse N. in M. (Kto.-Nr. ...). Am 30.11.2018 erfolgte von diesem Konto eine Überweisung i.H.v. 5.000,00 EUR an ein ebenfalls bei der Sparkasse N. geführtes Konto mit der Kto.-Nr. ... unter dem Verwendungszweck "Erika G.". Am 15.04.2019 erfolgte von dem Girokonto eine weitere Überweisung i.H.v. 1.500,00 EUR mit dem Verwendungszweck "G.".

Weiterhin ist der Antragsteller Inhaber eines Sparbuchs bei der Sparkasse N. in M. (Kto.-Nr. ...). Dieses Sparbuch wurde am 17.07.2014 mit einem Guthaben i.H.v. 30.000,00 EUR eröffnet. Jenes Guthaben resultierte seinerzeit aus einer am 17.07.2014 erfolgten Auflösung eines Sparbuchs (Zuwachssparen) mit der Kto.-Nr. ..., das einen Auflösungssaldo i.H.v. 40.811,60 EUR auswies. Von dem neu angelegten Sparbuch (Kto.-Nr. 3007010121) erfolgten im April und Mai 2015 Abhebungen i.H.v. 2.000,00 EUR und 3.000,00 EUR. Am 11.02.2019 wurde ein Betrag in Höhe von 5.000,00 EUR abgehoben. Weiterhin wurde am 02.05.2019 ein Betrag i.H.v. 14.000,00 EUR abgehoben. Nach diesen Abhebungen belief sich das verbleibende Guthaben am 02.05.2019 auf 6.075,92 EUR.

Seit dem 04.06.2019 befand sich der Antragsteller zunächst in Kurzzeitpflege bei der Beigeladenen. Diesbezüglich ist am 05.06.2019 ein "Antrag auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten" bei der Antragsgegnerin dokumentiert. Frau G. wurde in diesem Antrag als "Freundin" des Antragstellers bezeichnet. Zu jenem Zeitpunkt war der Antragsteller Pflegegrad 2 zugeordnet.

Seit dem 01.07.2019 ist der Antragsteller stationär in der Einrichtung der Beigeladenen untergebracht. Seit diesem Zeitpunkt ist er Pflegegrad 4 zugeordnet unter erhält von der Pflegekasse einen monatlichen pauschalen Leistungsbetrag gem. § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 des Sozialgesetzbuches Elftes Buch - Gesetzliche Pflegeversicherung - (SGB XI) i.H.v. 1.775,00 EUR, der von der Pflegekasse unmittelbar an die Beigeladene gezahlt wird.

Ausweislich § 10 des am 01.07.2019 zwischen der Beigeladenen und dem Antragsteller, vertreten durch die bevollmächtigte Frau G., geschlossenen Heimvertrages sind die Leistungsentgelte sofort nach Rechnung Erstellung für den zurückliegenden Monat fällig. Abweichende Bestimmungen und Vereinbarungen mit Kostenträgern bleiben unberührt (Abs. 1). Ergibt sich aufgrund der Abrechnung eine Differenz gegenüber dem nach Abs. 1 in Rechnung gestellten Leistungsentgelt, so ist spätestens mit der näch...

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