Nachgehend

BSG (Urteil vom 14.03.2012; Aktenzeichen B 14 AS 98/11 R)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 02.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2007 verpflichtet, der Klägerin für den Zeitraum 01.09.2007 bis 31.12.2007 weitere Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 30,00 EUR monatlich zu gewähren.

2. Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Unterhaltsanspruch der Klägerin auf die Beklagte übergegangen ist und - bejahendenfalls - ob dennoch bei der Leistungsgewährung an die Klägerin die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 EUR monatlich zu berücksichtigen ist.

Die Klägerin bezieht gemeinsam mit ihren beiden Kindern (13 Jahre und 20 Jahre) Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

Zu Gunsten der Klägerin besteht ein titulierter Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann. Dieser Unterhaltsanspruch beläuft sich nach dem Schlussurteil des Amtsgerichts Nettetal vom 29.05.2002 ab dem 01.01.2002 auf monatlich 550,00 EUR. Nach dem genannten Urteil hatte der geschiedene Ehemann der Klägerin den Unterhalt monatlich im Voraus bis zum 3. eines jeden Monats zu leisten.

Der geschiedene Ehemann der Klägerin kam diesem Unterhaltsanspruch zwar in voller Höhe und regelmäßig nach. Er überwies jedoch den monatlichen Betrag von 550,00 EUR in einem unregelmäßigen Turnus zwischen Monatsanfang und - mitte an die Klägerin.

Die Beklagte berücksichtigte die Unterhaltszahlungen als eigenes Einkommen der Klägerin und setzte hiervon die Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30,00 EUR ab. Aufgrund der dargestellten unregelmäßigen Unterhaltszahlungen teilte die Beklagte aber schließlich dem geschiedenen Ehemann der Klägerin mit, der Unterhaltsanspruch sei auf sie übergegangen, und forderte ihn auf, ab September 2007 die Unterhaltszahlungen an sie vorzunehmen. Dieser Aufforderung kam der geschiedene Ehemann der Klägerin nach.

Mit Änderungsbescheid vom 02.08.2007 bewilligte die Beklagte daraufhin der Klägerin und ihren Kindern Leistungen für den Zeitraum 01.08.2007 bis 31.12.2007. Für den Monat August 2007 berücksichtigte die Beklagte noch die Unterhaltszahlung in Höhe von 550,00 EUR unter Abzug der Versicherungspauschale. Ab 01.09.2007 bis 31.12.2007 bewilligte die Beklagte Leistungen ohne Anrechnung von Unterhalt. Zwar weist der Berechnungsbogen zu diesem Änderungsbescheid auch in diesem Zeitraum noch eine Einkommensbereinigung um 30,00 EUR auf; diese Einkommensbereinigung hat jedoch keine Auswirkung auf die Berechnung des angerechneten Gesamteinkommens in Höhe von 574,02 EUR (308,00 EUR Kindergeld sowie 266,02 EUR bereinigtes Erwerbseinkommen).

Hiergegen erhob die Klägerin mit Datum vom 17.08.2007 Widerspruch und begründete dies damit, die Zahlung der Unterhaltsbeträge an den Leistungsträger geschehe gegen ihren Willen, da in diesem Falle die Versicherungspauschale nicht verrechnet werde. Sie verfüge auch über Einkommen, von dem sie Versicherungen zu zahlen habe.

Den Widerspruch wies die Widerspruchsstelle mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2007, bei dem Bevollmächtigten der Klägerin am 17.12.2007 eingegangen, als unbegründet zurück. Zur Begründung stützte sie sich auf § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach Leistungsansprüche der Leistungsempfänger gegen Dritte bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf den Leistungsträger übergingen, wenn bei rechtzeitiger Leistung des Dritten die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären. Unterhaltsansprüche gingen gemäß § 33 Abs. 1 Satz 3 SGB II (in der damaligen Fassung, jetzt Satz 4) über. Die Voraussetzungen hierfür lägen auch vor. Die Klägerin habe für die Zeit des Leistungsbezuges einen Unterhaltsanspruch gegenüber ihrem geschiedenen Ehemann gehabt. Hätte dieser rechtzeitig entsprechende Unterhaltszahlungen erbracht, hätten Leistungen nach dem SGB II in Höhe des Unterhalts nicht gewährt werden müssen. Daher seien die Unterhaltsansprüche der Klägerin und ihres Sohnes Q kraft Gesetzes auf die Beklagte übergegangen. Der Übergang sei auch nicht gemäß § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II durch laufende Unterhaltszahlungen ausgeschlossen. Eine laufende Unterhaltszahlung in diesem Sinne liege vor, wenn der Unterhaltsverpflichtete den ermittelten Unterhaltsbetrag durch regelmäßige Entrichtung einer entsprechenden Geldrente monatlich im Voraus gewähre (vgl. §§ 1612, 1361, 1585 BGB). Der geschiedene Ehemann habe den Unterhalt zwar regelmäßig jeden Monat an die Klägerin gezahlt, dies aber nicht monatlich im Voraus und damit nicht rechtzeitig, so dass es sich hierbei nicht um laufende Zahlungen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 2 SGB II handele. Weitere Ausschlussgründe nach § 33 Abs. 2 SGB II seien nicht ersichtlich, so dass der Anspruchsübergang dem Grunde nach nicht zu beanstanden gewesen sei.

Ferner wende sich der Widerspruch im Grunde auch nicht gegen den...

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