Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung
Orientierungssatz
1. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Wohnung nach § 22 Abs. 2 S. 1 SGB 2 nur dann verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Wohnung angemessen sind.
2. Kommen für den Hilfebedürftigen aus individuellen Gründen nicht sämtliche angemessenen Wohnungen des jeweiligen Ortes, sondern nur spezielle Wohnungen - z. B. mit stufenfreiem Zugang - zur Anmietung in Betracht, so besteht eine verstärkte Obliegenheit des Hilfebedürftigen zu Wohnungssuchbemühungen.
3. Erst wenn eine nachvollziehbare Dokumentation der Suchbemühungen des Hilfebedürftigen vorliegt, dass es ihm nicht in angemessener Zeit gelungen ist, eine entsprechende Wohnung anzumieten, kommt die Anmietung einer Wohnung mit einem höheren Mietzins in Betracht.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Gründe
Der sinngemäße Antrag der Antragstellerin,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, der Antragstellerin die Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung S.Straße 000, 1. Obergeschoss, in L in Höhe einer Bruttomonatsmiete von 365,00 EUR zu erteilen,
hat keinen Erfolg.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache - auf Antrag - eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, voraus. Eine solche Unzumutbarkeit ist zu bejahen im Falle einer gegenwärtigen und dringenden Notlage, die eine sofortige Entscheidung unumgänglich macht (vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW), Beschluss vom 25.06.2007, Az. L 1 B 25/07 AS ER sowie Beschluss vom 18.04.2007, Az. L 7 B 69/07 AS ER).
Die Erfolgsaussicht des Hauptsacherechtsbehelfes (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind gemäß § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Erforderlich im Rahmen der Glaubhaftmachung ist der Nachweis der überwiegenden Wahrscheinlichkeit; trotz der Möglichkeit des Gegenteils dürfen Zweifel nicht überwiegen (Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 3. Auflage, III. Kapitel, Rn. 157).
In Anwendung dieser Grundsätze kann dahinstehen, ob im Falle der Antragstellerin ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht ist, da zur Überzeugung des Gerichts jedenfalls ein Anordnungsanspruch nicht gegeben ist. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für die Wohnung S.Straße 000, 1. Obergeschoss, in L in Höhe einer Bruttomonatsmiete von 365,00 EUR, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer derartigen Zusicherung nicht vorliegen.
Nach § 22 Abs. 2 Satz 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Nach Satz 2 Halbsatz 1 der Vorschrift ist der kommunale Träger nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
Die Aufwendungen für die Wohnung S.Straße 000, 1. Obergeschoss, in L sind nicht angemessen i.S.d. § 22 SGB II.
Bei der Beurteilung der Angemessenheit i.S.d. § 22 SGB II sind zunächst die örtlichen Verhältnisse insoweit maßgeblich, als auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers bzw. im Falle des § 22 Abs. 2 SGB II an dem Wohnort, an dem eine Wohnungsanmietung beabsichtigt ist, marktüblichen Vergleichsmieten abzustellen und auf dieser tatsächlichen Grundlage eine Mietpreisspanne zu ermitteln ist. Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten ist zunächst abstrakt als Produkt aus der abhängig von der Personenzahl angemessenen Wohnungsgröße in Quadratmetern und der nach den örtlichen Verhältnissen noch angemessenen Miete pro Quadratmeter zu ermitteln. Erweisen sich die tatsächlichen Unterkunftskosten danach als unangemessen, ist zu überprüfen, ob nach der Struktur des Wohnungsmarktes des maßgeblichen Wohnortes und nach den Umständen des Einzelfalles tatsächlich auch die konkrete Möglichkeit besteht, eine als abstrakt angemessen eingestufte Wohnung auf dem Wohnungsmarkt anmiete...