Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Heiz- und Betriebskostennachforderung für bisherige Wohnung. Zeitpunkt der Fälligkeit der Nachzahlung nach Umzug wegen Kostensenkungsaufforderung

 

Orientierungssatz

Bei der Nachforderung von Heiz- und Betriebskosten für eine Wohnung, die nach einer Kostensenkungsaufforderung im Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung nicht mehr vom Arbeitsuchenden bewohnt wird, handelt es sich um Kosten der Unterkunft iS von § 22 Abs 1 S 1 SGB 2.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 20.12.2011; Aktenzeichen B 4 AS 9/11 R)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 11.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.10.2008 verurteilt, die Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung vom 10.09.2007 für die Wohnung S .. in … Weißenberg in Höhe von 548,85 Euro zu übernehmen.

2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Übernahme einer Nachforderung von Betriebskosten als Kosten der Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) II.

Die … 1966 geborene, erwerbsfähige Klägerin beantragte bei der Beklagten am 21.12.2006 Leistungen nach dem SGB II.

Die Klägerin hat kein Einkommen und verfügt über kein Vermögen.

Vor dem 01.11.2006 lebte die Klägerin in einer Wohnung in … Weißenberg, im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Landkreis Bautzen. Für diese Wohnung musste die Klägerin monatlich 191,75 EUR Miete zuzüglich 71,25 EUR Vorauszahlungen für Heiz- u. Betriebskosten aufbringen.

Mit Schreiben vom 28.09.2006 forderte der Landkreis Bautzen die Klägerin auf, die Kosten der Unterkunft für die Wohnung in Weißenberg bis spätestens 31.03.2007 auf maximal 245,00 EUR zu senken.

Diese Aufforderung nahm die Klägerin zum Anlass, sich eine neue, günstigere Wohnung zu suchen.

Am 01.11.2006 zog die Klägerin um und bewohnte nun allein eine 45m 2 große Mietwohnung in 02906 Hohendubrau, K Str. .. . Für diese Wohnung muss die Klägerin monatlich 184,00 EUR Grundmiete, 4,00 EUR für einen kleinen Nebenraum (Bodenkammer) sowie Vorauszahlungen in Höhe von 50,00 EUR für Heiz-, Warmwasser-, u. Betriebskosten (insgesamt 234,00 EUR) entrichten.

Bis zum 31.12.2006 bezog die Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II vom Landkreis Bautzen. Dieser hob die Bewilligung ab dem 01.01.2007 auf.

Mit Bewilligungsbescheid vom 12.01.2007 wurden der Klägerin von der Beklagten ab dem 01.01.2007 bis 30.06.2007 monatlich 570,82 EUR bewilligt.

Mit Bescheid vom 15.06.2007 wurden der Klägerin vom 01.07.2007 bis 31.12.2007 monatlich 572,82 EUR (347,00 EUR Regelsatz + 225,82 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung) bewilligt.

Am 27.08.2007 reichte die Klägerin eine Betriebskostenabrechnung vom 10.08.2007 für die Wohnung in Hohendubrau ein, aus welcher sich für das Kalenderjahr 2006 eine Nachforderung von 242,14 EUR ergab.

Von dieser Nachforderung übernahm die Beklagte 78,46 EUR und änderte die Leistungsbewilligung mit Bescheid vom 11.10.2007 für September 2007 auf 651,28 EUR insgesamt ab.

Am 14.09.2007 reichte die Klägerin eine weitere Betriebskostenabrechnung bei der Beklagten ein. Diese betraf ebenfalls den Abrechnungszeitraum 2006, diesmal aber die ehemalige Wohnung in … Weißenberg. Aus der Abrechnung ergab sich gegenüber der Klägerin eine am 31.12.2007 fällige Nachforderung in Höhe von 548,85 EUR.

Mit weiterem Bescheid vom 11.10.2007 lehnte die Beklagte die Übernahme der Nachforderung für die Wohnung in Weißenberg unter Hinweis auf die Unangemessenheit der Kosten ab.

Mit Schreiben vom 19.11.2007, bei der Beklagten eingegangen am 23.11.2007, legte die Klägerin Widerspruch gegen die Bescheide vom 11.10.2007 (Bl. 116 d. VA) ein.

Mit Änderungsbescheid vom 21.08.2008 übernahm die Beklagte die Nachzahlung für die Wohnung in Hohendubrau aus der Abrechnung vom 10.08.2007 in voller Höhe (abzüglich 10,65 EUR Warmwasserpauschale für 2 Monate) und änderte dem entsprechend die Bewilligung für September 2007 auf 804,31 EUR ab.

Mit Widerspruchsbescheid vom 06.10.2008 wies die Beklagte den Widerspruch, soweit er nicht durch den Änderungsbescheid vom 21.08.2008 erledigt war, als unbegründet zurück. Zur Begründung führt die Beklagte aus, dass es sich bei der Nachforderung für die Wohnung in Weißenberg nicht um Kosten der Unterkunft im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II handele, da die Wohnung von der Klägerin nicht mehr bewohnt werde.

Hiergegen erhob die Klägerin am 13.10.2008 (Eingang bei Gericht) Klage mit dem Ziel der Übernahme der Nachforderung für die Wohnung in Weißenberg.

Sie habe sich die Wohnung auf Veranlassung des Landkreis Bautzen, welcher ihr eine Kostensenkungsaufforderung für die alte Wohnung sandte, gesucht und bezogen. Bei der Nachforderung handele es sich um Kosten der Unterkunft, da diese in der Zeit als sie in Weißenberg lebte angefallen sind und sie zum Zeitpunkt der Fälligkeit im Leistungsbezug stünde. Es sei unbillig, die Kosten trotz behördlich veran...

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