Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft. Heizkosten. Wohnungseigentümer. Aufteilung der Flüssiggasrechnung auf Kalendermonate. Obliegenheit zur Rücklagenbildung. Stärkung der Eigenverantwortung

 

Orientierungssatz

1. Die angemessenen Kosten einer Flüssiggaslieferung eines Wohnungseigentümers sind nach Verteilung auf 12 Kalendermonate gem § 22 SGB 2 zu übernehmen. Denn § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 stellt auf tatsächliche Aufwendungen und nicht auf anfallende Bedarfe ab.

2. Die Gefahr der Verletzung der aus der Eigentümerstellung resultierenden Obliegenheit zur Heizkostenrücklagenbildung rechtfertigt keine andere Auslegung. Schließlich ist es Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitssuchende die Eigenverantwortung der erwerbsfähigen Hilfsbedürftigen zu stärken, § 1 Abs 1 S 1 SGB 2.

 

Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab 09.08.2005 weitere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (Kosten der Heizung) in Höhe von monatlich 80% von 158,24 Euro, mithin 126,59 Euro, bis zum 31.10.2005 zu zahlen.

II. Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.

 

Tatbestand

Der Antragsteller (Ast.) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - hier die Kosten der Heizung.

Der Ast. stand bis zum 29.04.2005 im Bezug von Arbeitslosengeld mit einem täglichen Leistungssatz in Höhe von 22,36 Euro durch die Bundesagentur für Arbeit.

Am 11.04.2005 beantragte er unter Beireichung der erforderlichen Unterlagen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes.

Daraufhin bewilligte die Antragsgegnerin (Agg.) dem Ast. mit Bescheid vom 28.07.2005 für den Zeitraum 01.05.2005 bis 31.10.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 556,36 Euro für die aus dem Ast., Frau S. und dem Sohn M. bestehenden Bedarfsgemeinschaft. Die Bewilligung umfasste die geltend gemachten Kosten der Unterkunft mit Ausnahme der Kosten für die Flüssiggasbevorratung.

Hiergegen hat der Ast. am 10.08.2005 Widerspruch erhoben.

Am 09.08.2005 erhob der Ast. einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, den er formularmäßig mit Hinweis auf einen Verstoß gegen § 35 Abs. 1 SGB X begründete sowie angab, dass die Berechnung der Unterkunftskosten zu niedrig erfolgt sei.

Der Antragsteller beantragt:

ihm (und den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft) bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in voller Höhe einschließlich der tatsächlichen Kosten der Unterkunft sowie der Heizung zu gewähren.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag vom 06.08.2005 zurückzuweisen.

Sie trägt im wesentlichen vor, dass der Ast. erhalte, was ihm zustehe. Die Heizkosten seien in tatsächlicher Höhe nur zu übernehmen, wenn Bedarf bestehe und sich die Kosten im angemessenen Rahmen halten. Bei Selbstversorgern entstehe der Bedarf, wenn die Beschaffung von Heizmaterial notwendig wird (zu Beginn der Heizperiode und in Höhe, die vernünftigerweise den Bedarf für die Heizperiode decke). Vorauszahlungen auf einen später entstehenden Bedarf seien nicht geschuldet und auch nicht besonders zweckmäßig, weil dann die Gefahr groß sei, dass Vorschüsse, die im Januar gezahlt würden, im September verbraucht seien, und die dann anfallenden Rechnungen nicht bezahlt werden könnten. Es handele sich nicht um eine Beihilfe, sondern um die Deckung des konkreten Bedarfs in “tatsächlicher" Höhe.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Agg. unter der Nr. der Bedarfsgemeinschaft beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Leistungsakte der Agg. sowie die Gerichtsakte mit den gewechselten Schriftsätzen samt Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Ermittlung der Kosten für die jeweiligen Flüssiggaslieferungen des Ast. seit dem Jahr 2001. Danach verteilen sich die Mengen und Preise wie folgt:

- Rechnung vom 25.04.2001: 1669,02 Euro für 2981 Liter

- Rechnung vom 07.02.2002: 894,08 Euro für 1501 Liter

- Rechnung vom 18.11.2002: 1724,00 Euro für 2943 Liter

- Rechnung vom 08.07.2003: 1530,12 Euro für 2777 Liter

- Rechnung vom 23.06.2004: 1778,07 Euro für 3227 Liter

Der Ast. teilte mit, dass die Flüssiggaslieferungen max. ein Jahr (witterungsbedingt) reichen würden.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, gegenüber dem Antragsteller höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu erbringen, ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. 2 SGG statthaft und auch begründet. Der Ast. konnte glaubhaft machen, warum es einer gerichtlichen Eilentscheidung bedarf.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der eine Verpflichtung der in Anspruch genommenen Behörde auf eine (höhere) Leistun...

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