Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. vermietetes Wohnungseigentum. Verwertbarkeit. Verkehrswert. Untersuchungsgrundsatz. analoge Anwendung des § 131 Abs 5 S 2 SGG

 

Orientierungssatz

1. Zur Berücksichtigung von Vermögen nach § 12 Abs 1 SGB 2 bedarf es nicht nur eines tatsächlich verwertbaren Vermögensgegenstandes, sondern es muß dem Berechtigten auch möglich sein, innerhalb eines überschaubaren Zeitraums den Vermögensgegenstand tatsächlich einer Verwertung zuzuführen.

2. Zur Anwendbarkeit des Rechtsgedankens aus § 131 Abs 5 S 2 SGG.

 

Tenor

I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab 09.08.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - in Höhe von monatlich 80% der gesetzlichen Höhe, zuzüglich der an die Sozialversicherungssysteme (gesetzliche Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung) für Empfänger von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes abzuführenden Pflichtbeiträge, bis zum Abschluß des Widerspruchsverfahrens zu zahlen.

II. Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu tragen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II und des damit verbundenen Versicherungsschutzes in der gesetzlichen Sozialversicherung.

Der Antragsteller (Ast.) ist zur Hälfte Miteigentümer an dem Mehrfamilienhausgrundstück in N., welches eine Gesamtwohnfläche von 235 qm (vom Ast. selbst bewohnt: 53 qm) sowie eine Grundstücksgröße von 1070 qm aufweist und mit einer Grundschuld in Höhe von 112.000,00 DM belastet ist. Am 28.09.2004 beantragte er unter Beireichung der erforderlichen Unterlagen beim Antragsgegner (Agg.) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.

Daraufhin bewilligte der Agg. dem Ast. mit Bescheid vom 07.12.2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum 01.01.2005 bis 30.04.2005 in Höhe von 297,90 Euro monatlich und für den Zeitraum 01.05.2005 bis 30.06.2005 in Höhe von monatlich 242,92 Euro.

Am 25.04.2005 beantragte der Ast. die Fortzahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab dem 01.07.2005.

Mit Bescheid vom 03.08.2005 lehnte der Agg. den Antrag des Ast. mit der Begründung ab, daß der Ast. wegen verwertbaren Vermögens nicht hilfsbedürftig im Sinne von § 9 Abs. 1 SGB II sei. Da die Wohnfläche des Grundstücks in N. die maßgebliche Grenze von 70 qm erheblich überschreite, sei daß Grundstück grundsätzlich durch Verkauf oder Beleihung zu verwerten. Die abgeschlossenen Wohneinheiten könnten eigentumsrechtlich verselbständigt werden, wodurch die Wohnfläche durch Verkauf der nicht selbst genutzten Wohneinheiten zurückgeführt werden könnte. Es sei eine Verwertung der eigentumsrechtlich teilbaren Gebäudebestandteile vorzunehmen.

Hierzu trug der Ast. vor, umgehend dagegen Widerspruch einzulegen.

Am 09.08.2005 erhob der Ast. beim Sozialgericht Dresden einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Er ist im wesentlichen der Ansicht, keinen Nutzen aus seinem Wohneigentum ziehen zu können. Die vermietete Wohnung sei nicht veräußerbar; die Mieteinnahmen würden zur Abzahlung der Kreditzinsen verwendet werden und würden nicht zum Lebensunterhalt bereitstehen.

Der Antragsteller beantragt, “1. mir vor dem Sozialgericht Dresden einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren. 2. Außergerichtliche Kosten sind zu erstatten. 3. Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes."

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er begründet seinen Antrag unter Bezugnahme auf die §§ 19, 12 SGB II und ergänzt, daß entsprechend des Miteigentumsanteils die Hälfte der Gesamtwohnfläche die nach der Unterkunftsrichtlinie angemessenen 70 qm beträchtlich übersteige. Da das Grundstück mit einer Grundschuld in Höhe von 112.000 DM belastet ist, könne von einem Grundstückswert von mindestens in dieser Höhe ausgegangen werden. Die Hälfte dieses Wertes übersteige den Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II. Der Vermögensgegenstand sei auch grundsätzlich verwertbar. Ein Vorrang der Verwertung durch Vermietung könne nicht geltend gemacht werden, weil durch die Mieteinnahmen nicht der Bedarf des Antragstellers gedeckt würde. Im übrigen obläge es dem Ast. die Verwertungsbemühungen bzw. deren Scheitern darzulegen.

Das Gericht hat die Verwaltungsakte des Agg. unter der Nummer der Bedarfsgemeinschaft beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Leistungsakte des Agg. sowie die Gerichtsakte mit den gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Verpflichtung des Agg. dem Ast. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren, ist als Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gemäß § 86b Abs. ...

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