Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Übernahme von Heizungskosten bei einer strombetriebenen Heizung. Höhe der anzuerkennenden Ausgaben bei einer Stromabschlagszahlung ohne Differenzierung in Haushaltsstrom und Strom für die Heizungsanlage

 

Orientierungssatz

Wird in der Wohnung eines Empfängers von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende die Heizung durch elektrische Energie betrieben und werden die dafür anfallenden Ausgaben über einen monatlichen Abschlag zusammen mit der übrigen Stromrechnung geltend gemacht, so ist dann, wenn der Abschlag nicht zwischen Heizungskosten und übrigen Stromkosten differenziert, ausnahmsweise die gesamte Höhe des Abschlags auf die Stromkosten als Heizungskosten anzuerkennen und neben der Regelleistung zu gewähren.

 

Tenor

Der Bescheid vom 21.05.2012 und der Widerspruchsbescheid vom 10.10.2012 werden aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum 01.01.2012 bis 30.06.2012 Leistungen für Heizung ohne Abzug des im Regelsatz enthaltenen Anteils für Haushaltsenergie zu bewilligen.

Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt im Rahmen der Grundsicherung nach den Vorschriften des Zweiten Sozialgesetzbuches (SGB II) höhere Leistung für Heizkosten.

Der Kläger bewohnte im streitgegenständlichen Zeitraum eine Wohnung, die mittels Nachtspeicheröfen beheizt wurde, und in der die Warmwasserbereitung über Durchlauferhitzer erfolgte. Eine gesonderte Erfassung des Stromverbrauchs für die Nachtspeicheröfen, die Durchlauferhitzer sowie den sonstigen Stromverbrauch erfolgte nicht. Der vom Energieversorger zur Verfügung gestellte Stromzähler erfasste lediglich getrennt den Verbrauch in der Hochtarifzeit (HT, 6-24 Uhr) und der Niedertarifzeit (NT, 0-6 Uhr, Zeitangaben laut www.F.de).

Mit Bescheid vom 23.12.2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen für den Zeitraum Januar bis Juni 2011. Dabei berücksichtigte sie Heizkosten i.H.v. 114,43 EUR pro Monat. Grundlage hierfür war der laufende Abschlagsplan des Elektrizitätsversorgers des Klägers, der F X X1, vom 07.08.2010 für den Zeitraum August 2010 bis Juni 2011. Danach hatte der Kläger laufende Abschläge für Strom i.H.v. 136 EUR monatlich zu zahlen. Hiervon zog die Beklagte sodann einen Anteil für die Kosten des in der Regelleistung enthaltenen Haushaltsstroms i.H.v. 21,57 EUR ab. Der Bescheid wurde zunächst bestandskräftig. Unter dem 07.06.2011 erließ die Beklagte sodann einen Bewilligungsbescheid für den Zeitraum Juli bis Dezember 2011. Heizkosten wurden darin zunächst nicht berücksichtigt. Am 15.07.2011 übersandte der Kläger die Jahresabrechnung der F für den Zeitraum Juni 2010 bis Juni 2011. Danach betrugen die neuen Abschläge 154 EUR monatlich, zu zahlen von Juli 2011 bis Mai 2012. Die Abrechnung wies einen Überschuss der Abschlagszahlungen gegenüber dem tatsächlichen Verbrauch i.H.v. 20,60 EUR aus. Deswegen reduzierte der Versorger die Abschlagszahlung für Juli einmalig auf 133,40 EUR. Durch Änderungsbescheid vom 27.07.2011 berücksichtigte die Beklagte sodann die neuen Abschläge, bereinigt um einen Haushaltsstromanteil von 28,27 EUR. Für August 2011 brachte sie außerdem das Guthaben von 20,60 EUR von dem Bedarf für Unterkunft und Heizung in Abzug. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 01.08.2011 Widerspruch mit der Begründung, aus der Stromabrechnung gehe hervor, dass die tatsächlichen Heizkosten 89,72 % und der Haushaltsstrom 10,28 % des Verbrauchs ausmachen würden. Aus demselben Grund sei von dem Guthaben auch nur 18,48 EUR anzurechnen. Mit Schreiben vom selben Tag beantragte der Kläger außerdem die Berücksichtigung eines Mehrbedarfes für dezentrale Warmwassererzeugung. Mit Änderungsbescheid vom 09.09.2011 berücksichtigte die Beklagte zunächst eine Erhöhung der vom Kläger zu zahlenden Miete ab Oktober 2011. Mit Schreiben vom 09.09.2011 lehnte die Beklagte die Berücksichtigung eines Mehrbedarfes für die Warmwassererzeugung ab. Mit dem als Bedarf berücksichtigten Betrag von 125,73 EUR seien sowohl die Heizkosten als auch die Kosten für die Erzeugung des Warmwassers abgegolten. Das Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Mit einem am 20.09.2011 der Beklagten zugegangenen Schreiben nahm der Kläger den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 27.07.2011 zurück. Am selben Tag schrieb der Kläger der Beklagten, gegen die Ablehnung seines Antrags auf Mehrbedarf für die Warmwassererzeugung legte er Widerspruch ein. Auch diesen Widerspruch nahm der Kläger am 17.07.2011 zurück. Aufgrund des Bescheides vom 13.12.2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger sodann Leistungen für den Zeitraum Januar bis Juni 2012. 14 Tage später erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid, durch welchen sie den Abzugsbetrag für den Haushaltstrom auf 29,05 EUR erhöhte. Hiergegen erhob der Kläger zunächst keinen Widerspruch. Am 02.04.2012 stellte er allerdings einen Antrag auf Überprüfung aller Leistungs- und Änderungsbe...

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