Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Selbstgenutztes Wohnhaus als verwertbares Vermögen. darlehensweise Gewährung von Leistungen bis zur Verwertung eines Wohnhauses. Angemessenheit einer Wohnfläche bei einer Bedarfsgemeinschaft von zwei Personen

 

Orientierungssatz

1. Ein Anspruch auf darlehensweise Leistungsgewährung besteht, wenn der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder eine besondere Härte bedeuten würde.

2. Ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung ist als Vermögen unabhängig vom konkreten Wert nicht zu berücksichtigen.

3. Ein selbstgenutztes Wohnhaus mit einer Wohnfläche von 205,08 m² übersteigt die als angemessen anzusehende Wohnfläche für zwei Personen von 90 m².

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu 50 %. Im Übrigen haben die Beteiligten einander Kosten nicht zu erstatten.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von zuschussweisen Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) anstelle von darlehnsweise gewährten Leistungen im Hinblick auf die Frage der Bewertung eines Wohnhauses als verwertbares Vermögen streitig.

Die 1975 geborene Klägerin ist Eigentümerin eines Wohnhauses mit Einliegerwohnung. Dieses Wohnhaus bewohnte die Klägerin in der Hauptwohnung mit ihrer Tochter. Die Einliegerwohnung war zunächst an ihre Eltern vermietet.

Erstmals ab Dezember 2009 erhielt die Klägerin für sich und ihre Tochter Leistungen nach dem SGB II. Bereits zu diesem Zeitpunkt holte die Beklagte eine Auskunft des Gutachterausschusses für den Kreis Q zum Verkehrswert des Wohnhauses ein. Der Gutachterausschuss ermittelte für das Wohnhaus einen Verkehrswert von 180.000,00 EUR. Die Klägerin erhielt in der Folgezeit für sich und ihre Tochter weiterhin jeweils Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss. Jedenfalls seit Februar 2010 erhält die Klägerin von ihrer Mutter, welche zwischenzeitlich allein die Einliegerwohnung bewohnte, eine monatliche Warmmiete von 200,00 EUR.

Im November 2013 beantragte die Klägerin die Weitergewährung von Leistungen nach dem SGB II für sich und ihre Tochter.

Mit Bescheid vom 22.11.2013 erfolgte die vorläufige Bewilligung für die Zeit von Dezember 2013 bis einschließlich Mai 2014. Die Bewilligung erfolgte vorläufig im Hinblick auf schwankendes Einkommen der Klägerin.

Mit Änderungsbescheid vom 23.11.2013 erfolgte eine Änderung der Bewilligung ab Januar 2014 aufgrund der Erhöhung der Regelbedarfe. Der Gesamtbewilligungsbetrag betrug nunmehr 688,13 EUR für die Klägerin und ihre Tochter.

Anschließend erhob die Klägerin gegen die Bewilligungsentscheidung vom 22.11.2013 Widerspruch im Hinblick auf die Höhe der Kosten der Unterkunft.

Zum Ablauf des Jahres 2013 waren grundbuchrechtlich gesicherte Verbindlichkeiten in Höhe von 136.490,24 EUR aus drei Darlehensverträgen valutiert.

Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens erfolgte mit Änderungsbescheid vom 31.01.2014 eine Änderung der Bewilligung von Dezember 2013 bis einschließlich Mai 2014. Mit weiteren Änderungsbescheiden vom 16.04.2014 erfolgte für Dezember 2013 bis Januar 2014 sowie für Februar 2014 bis April 2014 eine höhere Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II. Für Mai 2014 erfolgte anstelle einer zuschussweisen Gewährung der Leistungen nunmehr eine darlehnsweise Leistungsgewährung in Höhe von 694,50 EUR.

Im weiteren Verlauf erging am 29.04.2014 noch ein Änderungsbescheid für Januar 2014, mit dem ein endgültiger Leistungsanspruch von 674,94 EUR festgestellt wurde.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.04.2014 wies die Beklagte den Widerspruch nach Erteilung der Änderungsbescheide als unbegründet zurück und entschied, dass die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu 50 % durch die Beklagte getragen würden. Die Bewilligungsentscheidung sei nunmehr rechtmäßig. Bei dem Haus handele es sich um verwertbares Vermögen. Bei einem Wert von 180.000,00 EUR und Belastungen von 136.500,00 EUR verbleibe ein Überschuss von 43.500,00 EUR. Dieser übersteige den Freibetrag der Klägerin deutlich, daher seien die Leistungen ab Mai 2014 als Darlehen zu gewähren.

Am 26.05.2014 hat die Klägerin gegen die darlehnsweise Bewilligung ab Mai 2014 Klage erhoben. Gegen die mit Bescheid vom 27.05.2014 erfolgte darlehensweise Bewilligung von SGB II-Leistungen für Juni bis Oktober 2014 hat die Klägerin nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 18 AS 1833/15 geführt wird und zwischenzeitlich ruhend gestellt wurde.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie über kein verwertbares Vermögen verfüge. Eine Verwertung des Hauses sei nicht möglich, da ein Beleihungsgrad von über 70 % bestehe und daher eine weitere Beleihung ausscheide. Da eine weitere Beleihung nicht möglich sei, könne sie auch nicht verpflichtet werden, das Haus zu veräußern. Sie sei insofern gleich zu behandeln mit anderen Personen, denen eine Beleihun...

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