Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Wegeunfall. Unterbrechung. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. Weigerung der Identitätsfeststellung. Fahrkartenkontrolle. anschließende Polizeikontrolle. Anfangsverdacht. mögliche Straftat

 

Orientierungssatz

1. Ein Arbeitnehmer, der seinen grundsätzlich versicherten Heimweg wegen Weigerung seiner Identitätsfeststellung bei einer Fahrkartenkontrolle während der Busfahrt aufgrund der nachfolgenden Polizeikontrolle unterbrechen muss, steht mangels sachlichen Zusammenhangs mit der betrieblichen Tätigkeit dabei nicht mehr unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

2. Az beim LSG Darmstadt: L 9 U 121/16 B.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung des Ereignisses vom 20.01.2010 als Arbeitsunfall.

Der 1960 geborene Kläger fuhr am Unfalltag mit dem C.bus von seiner Arbeitsstelle am D. Flughafen nach Hause. Während der Fahrt kam es zu einer Fahrkartenkontrolle, bei welcher die Kontrolleurin die Auffassung vertrat, der Kläger verfüge nicht über eine gültige Fahrkarte. Nach Beendigung der Fahrt kam es am E. Hauptbahnhof zu einer Polizeikontrolle des Klägers bei welcher seine Personalien festgestellt werden sollten. Im Verlauf der Personenkontrolle wurde der Kläger an den Streifenwagen gestellt und anschließend mit körperlicher Gewalt zu Boden gebracht. Ihm wurden Handschellen angelegt und sein Rucksack durchsucht. Daraufhin suchte der Kläger am 22.01.2010 zunächst seinen Hausarzt F. in A-Stadt auf, der als Erstdiagnose Nachweis von Prellmarken im Bereich der LWS, Hämatom am Jochbein + Orbita rechts angab. Nachdem der Kläger erstmals am 28.01.2010 beim Durchgangsarzt vorstellig wurde, diagnostizierte dieser im Folgenden eine Schädelprellung, V.a. Bandscheibenprolaps LWK und eine akute Belastungsreaktion. Dr. G. diagnostizierte später eine posttraumatische Belastungsstörung.

Nachdem der Kläger nachträglich dem Beförderungsunternehmen H. einen gültigen Fahrausweis vorgelegt und eine Bearbeitungsgebühr entrichtet hat, verzichtete diese auf den für die Strafverfolgung des Klägers gemäß den §§ 265a, 248a StGB erforderlichen Strafantrag. Das gegen den Kläger gerichtete Strafverfahren wegen Erschleichen von Leistungen wurde eingestellt.

Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls mit Bescheid vom 07.08.2012 ab. Die Voraussetzungen für einen Arbeitsunfall seien nicht gegeben, weil der Kläger den grundsätzlich versicherten Heimweg durch das Einschieben persönlicher, für die Wegzurücklegung nicht erforderlicher Handlungen unterbrochen habe. Die Beklagte ging dabei davon aus, dass der Kläger sich gegenüber den Kontrolleuren im C-Bus geweigert habe, seine Personalien anzugeben, weshalb diese die Polizei zum Zwecke der Personenkontrolle verständigten und vertrat die Ansicht, dass der Heimweg bereits durch diese Weigerung unterbrochen worden sei.

Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27.08.2013 zurück.

Dagegen legte der Kläger am 18.09.2013 Klage beim Sozialgericht Darmstadt ein. Der Unfall müsse als Wegeunfall anerkannt werden. Er behauptet, er habe der Kontrolleurin sein (gültiges) Ticket, seinen Dienstausweis und seinen Personalausweis gezeigt. Auch der polizeilichen Personenkontrolle habe er sich nicht widersetzt, sondern mitgeteilt, dass sich sein Ausweis im Rucksack befände. Im nächsten Moment sei er gegen das Polizeifahrzeug geschleudert worden und es sei weitere Gewalt angewendet worden. Es bestehe ein Kausalzusammenhang der Schäden mit dem Handeln der Polizisten.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 07.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.08.2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das Ereignis vom 20.01.2010 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die hieraus resultierenden körperlichen und psychischen Einschränkungen nach einer MdE von mindestens 20 von 100 zu entschädigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die angefochtenen Bescheide.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen I. und Verlesen von Auszügen aus den Akten 501 Js 11974/10 PZ der Staatsanwaltschaft Darmstadt. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 29.01.2016 Bezug genommen.

Die Akten xxxxx der Beklagten sowie 501 Js 11974/10 PZ der Staatsanwaltschaft Darmstadt waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sowie der Beratung der Kammer. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des Ereignisses vom 14.01.2013 als Arbeitsunfall und infolgedessen auch keinen Rentenanspruch gege...

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