Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des SG Darmstadt vom 23.5.2016 - S 8 KR 353/15, das vollständig dokumentiert ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 25.10.2016; Aktenzeichen B 1 KR 19/16 R)

 

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 300,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.7.2015 zu zahlen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Die Berufung wird zugelassen.

4. Der Streitwert wird auf 300,00 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Gewährung der Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c S. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nebst Zinsen.

Der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte H. C. wurde im Krankenhaus der Klägerin in dem Zeitraum vom 23.9.2014 bis zum 30.9.2014 stationär behandelt. Die Klägerin machte gegenüber der Beklagten mit Rechnung vom 21.11.2014 unter Abrechnung der Fallpauschale DRG T60E einen Betrag in Höhe von 3.537,49 € geltend. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) mit der Überprüfung. Der MDK nahm Einblick in die Krankenakte der Klägerin. Es wurde folgende Frage geprüft:

Ist die Hauptdiagnose (HD) korrekt?

Der MDK kam in seinen Gutachten vom 20.1.2015 und vom 8.4.2015 letztlich zu dem Ergebnis, dass die Abrechnung korrekt ist. Die Prüfung führte nicht zu einer Minderung des Rechnungsbetrages. Die Klägerin machte mit Rechnung vom 18.6.2015 eine Aufwandspauschale in Höhe von 300,- € für die Prüfung geltend. Die Beklagte lehnte die Zahlung ab, weil der MDK bei der Prüfung nur die sachlich-rechnerische Richtigkeit überprüft habe. Dafür falle nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts keine Aufwandspauschale an.

Die Klägerin hat am 28.7.2015 Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.

Die Klägerin meint, dass ihr die Aufwandspauschale in Höhe von 300,- € zustehe. Eine Aufwandspauschale falle immer dann an, wenn trotz Prüfung der Rechnungsbetrag unvermindert geblieben ist. Dies sei hier der Fall.

Die Klägerin vertritt außerdem die Auffassung, dass sich die neuere Rechtsprechung des 1. Senates des Bundessozialgerichts, wonach für eine Prüfung der sachlichrechnerischen Richtigkeit keine Aufwandspauschale anfalle, über den Wortlaut des § 275 Abs. 1, 1c SGB V in unzulässiger Weise hinweggesetzt habe. Für diese Rechtsprechung gebe es keine Rechtsgrundlage.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 300,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.7.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass sie lediglich die sachlich-rechnerische Richtigkeit der Rechnung der Klägerin überprüft habe. Es handele sich nicht um eine Auffälligkeitsprüfung. Daher sei nach der Rechtsprechung des 1. Senates des Bundessozialgerichts die Regelung des § 275 Abs. 1c SGB V für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.

Das Gericht wies mit Verfügung vom 23.2.2016 darauf hin, dass die 8. Kammer des Sozialgerichts Darmstadt in dem Verfahren mit dem Az. S 8 KR 434/14 der Rechtsprechung des 1. Senates des Bundessozialgerichts nicht gefolgt ist. Auf Blatt 28-29 der Gerichtsakte wird Bezug genommen.

Die Klägerin und die Beklagte haben mit Schriftsatz vom 23.3.2016 und vom 21.4.2016 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten und auf den Inhalt der Gerichtsakten.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden. Alle Beteiligten haben gegenüber dem Gericht ausdrücklich, eindeutig und vorbehaltlos erklärt, dass sie mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden sind.

Die Klage ist als Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG zulässig, da ein Streit im Gleichordnungsverhältnis vorliegt. An der Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken.

Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf 300,- € für die im Streit stehende Prüfung der Krankenhausrechnung der Klägerin vom 21.11.2014 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.7.2015. Die Voraussetzungen des § 275 Abs. 1c S. 3 SGB V liegen vor.

Im Einzelnen:

1.

Nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind die Krankenkassen in den gesetzlich bestimmten Fällen oder wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist, verpflichtet, bei Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen. In Bezug auf die Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V ordnet § 275 Abs. 1c S. 1 SGB V an, dass eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zeitnah durchzuführen ist. Dieses wird in § 275 Abs. 1c S. 2 SGB V dahin präzisiert, dass eine Prüfu...

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