Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. häusliche Krankenpflege. Einrichtungen der Behindertenhilfe. geeigneter Ort. Leistungsausschluss bei Anspruch auf Erbringung der beantragten Leistungen gegen Einrichtungsträger (hier Medikamentengabe)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Einrichtungen der Behindertenhilfe kommen grundsätzlich als "sonst geeigneter Ort" im Sinne des § 37 Abs 2 S 1 SGB 5 in Betracht.

2. Ein Anspruch nach § 37 Abs 2 SGB 5 ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn der Betreute einen Anspruch auf Erbringung der beantragten Leistung gegen den Einrichtungsträger hat. Dies ist im Fall der bloßen Medikamentengabe zu bejahen.

 

Orientierungssatz

Der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB 5 geht nicht weiter als ein entsprechender Naturalleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte und zukünftig zu beschaffende Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkasse allgemein in Natur als Sach- und Dienstleistung zu erbringen haben ( vgl ua BSG vom 28.2.2008 - B 1 KR 16/07 R = BSGE 100, 103 = SozR 4-2500 § 31 Nr 9 stRspr).

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um den Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten für die häusliche Krankenpflege in Form von Medikamentengabe (herrichten, verabreichen) für die Zeit vom 23. März 2009 bis zum 22. Juni 2009.

Der am … 1979 geborene Kläger leidet u.a. an einer symptomatischen Epilepsie, an einem Zustand nach frühkindlichem Hirnschaden und einer spastischen Hemiparese links. Dies hat zur Folge, dass er nicht in der Lage ist, seine benötigten Medikamente selbstständig in einer verlässlichen Weise einzunehmen.

Der unter Betreuung stehende Kläger lebt seit dem 23. April 2007 in einer vollstationären Einrichtung der Hilfe für behinderte Menschen (E…-W…-Haus), welche von der Beigeladenen zu 2) betrieben wird. Von seinem behandelnden Arzt Herrn T… wird ihm durchgehend häusliche Krankenpflege in Form von Medikamentengabe (herrichten und verabreichen) verordnet. Streitgegenständlich ist vorliegend die Verordnung vom 23. März 2009 für den Zeitraum vom 23. März 2009 bis zum 22. Juni 2009. Wie dem ärztlichen Medikamentenplan zu entnehmen ist, muss der Kläger u.a. dreimal täglich Phenytoin, einmal am Tag, einmal nachts Carbamazepin (Arzneimittel, die auf die Epilepsie des Klägers einwirken) einnehmen. Alle Medikamente - bis auf die bei Erbrechen zu gebenden MCP-Tropfen - werden in Tablettenform verabreicht.

Die Medikamentengabe sowie die Dokumentation der verabreichten Medikamente wird durch einen Pflegedienst (Beigeladene zu 1)) erbracht. Dieser hat mit dem Kläger, bzw. dessen Betreuer, im Oktober/Dezember 2008 einen Pflegevertrag abgeschlossen, in welchem u.a. geregelt ist, dass die Leistungen direkt mit dem Kostenträge abgerechnet werden (§ 6 Abs. 4 des Pflegevertrages). Wie der dem Gericht vorliegenden Forderungsübersicht der Beigeladenen zu 1) zu entnehmen ist, berechnete diese für den vollen Monat März 476,79 Euro, für April 399,88 Euro, für Mai 461,40 Euro und für Juni 446,02 Euro für die Erbringung der häuslichen Krankenpflege. Unter Berücksichtigung dessen, dass der beantragte Zeitraum die Monate März und Juni nur teilweise erfasst, ergibt sich - bei Herunterrechnung der Beträge für März und Juni auf Tagesbeträge (März: 138,42 Euro (15,38 Euro täglich x 9 Tage), Juni: 327,08 Euro (14,86 Euro täglich x 22 Tage)) - insgesamt für den beantragten Zeitraum ein Betrag i.H.v. 1.326,78 Euro.

Die Verordnung vom 23. März 2009 wurde der Klägerin durch die Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 23. März 2009 übersandt. Mit Bescheid vom 2. April 2009 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Übernahme der Kosten für die häusliche Krankenpflege ab. Begründet wurde dies damit, dass der Kläger in einer anerkennten Behinderteneinrichtung nach § 43a Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) untergebracht sei und die Pflegekasse zur Abgeltung der in § 43 Abs. 2 SGB XI genannten Aufwendungen (u.a. medizinische Behandlungspflege) monatlich 256 Euro zahle. Damit entstehe für die Einrichtung die Verpflichtung, diese Leistungen sicherzustellen. Der dagegen eingelegte nicht weiter begründete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. Juni 2009 zurückgewiesen. Begründet wurde dies wieder damit, dass die Einrichtung selbst verpflichtet sei, die entsprechenden Leistungen zu erbringen. In der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) zur häuslichen Krankenpflege sei geregelt, dass für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtung bestehe, häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden könne.

Am 17. Juli 2009 hat der Kläger, vertreten durch die Prozessbevollmächtigten, Klage erhoben. Er ist der Auffassung, es bestehe ein Anspruch gegen die Beklagte auf die Erstattung der Kosten für die häusliche Krankenpflege, da in der Einrichtung die e...

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