Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht im Streit, ob der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Der 1969 geborene Kläger stürzte am 2. Oktober 2007 durch die Decke des Neubaus einer Motorradwerkstatt ca. 3 m tief und zog sich dabei multiple Frakturen zu. Im Klinikum B-Stadt, in dem der Kläger bis zum 11. Oktober 2007 stationär behandelt wurde, wurden eine Felsenbeinfraktur rechts mit Fazialisparese, eine Schädelbasisfraktur, eine Kalottenfraktur, eine Kontusionsblutung, multiple Mittelgesichtsfrakturen, eine Abrissfraktur des Processus coracoideus rechts, eine Sternumfraktur sowie eine Leberkontusion diagnostiziert.

Nachdem zunächst die Zuständigkeit der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft angenommen worden war, erklärt sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden ebenfalls als Beklagte bezeichnet) schließlich im Juli 2009 für zuständig und nahm das Unternehmen des Bauherrn, des Zeugen R, als Mitglied auf.

Zu den Umständen des Unfalls am 2. Oktober 2007 gab der Zeuge R an, der Kläger sei als Helfer beschäftigt worden und sei beim Hinsetzen auf eine Wand mit Blickrichtung vom Gebäude weg abgestürzt. Neben dem Kläger seien noch sechs weitere Helfer beschäftigt worden, vor allem Verwandte. Entgelt habe der Kläger nicht erhalten.

Der Kläger erklärte, als freiwilliger Helfer für etwa eine Stunde tätig gewesen zu sein, ohne bezahlt worden zu sein.

Die Beklagte zog außerdem die Unterlagen der Staatsanwaltschaft B-Stadt, 100 Js 201947/08, bei. Daraus ging hervor, dass der Zeuge R gegenüber der Polizei angegeben hatte, der Kläger habe einem weiteren Helfer, Herrn K, beim Abladen von Brettern geholfen. Danach sei der Kläger auf das Gerüst gestiegen und habe anscheinend sein im Osten gelegenes Nachbargrundstück betrachtet. Er, der Zeuge R, habe die Baustelle verlassen gehabt, als der Unfall passiert sei. Der Kläger selbst konnte sich an den Unfallhergang nicht mehr erinnern.

Mit Bescheid vom 26. März 2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, weil der Kläger im Unfallzeitpunkt keine fremdnützige Tätigkeit verrichtet habe. Auch habe das Besteigen des Baugerüstes nicht dem Willen des Unternehmers entsprochen.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10. November 2010 zurückgewiesen.

Dagegen hat der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigten am 29. November 2010 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Der Unfall habe sich ereignet, als der Kläger als freiwilliger Helfer beim Bauvorhaben des Zeugen R geholfen habe. In dieser Eigenschaft habe sich der Kläger auf das Gerüst begeben und sei sodann durch die Deckenabdeckung gestürzt. Damit sei der Kläger als sogenannter Wie-Beschäftigter versichert gewesen.

Im Erörterungs- und Beweisaufnahmetermin am 14. März 2011 hat der Kläger erklärt, er sei nach Feierabend auf die Baustelle gegangen, um zu sehen, ob seine Hilfe benötigt werde. Er habe dann geholfen, Bretter abzuladen. Wie und warum er auf das Gerüst gestiegen sei, und wie es zu dem Sturz kam, wisse er nicht. Er habe seine Hilfe aus dem Nachbarschaftsverhältnis heraus angeboten. Geld habe er dafür nicht erhalten. Der Zeuge T hat angegeben, als er die Decke zum ersten Obergeschoss montiert habe, habe er plötzlich den Kläger seitlich auf dem Gerüst gesehen. Dieser habe sich auf die Wand schwingen wollen. Er, der Zeuge, habe noch vergeblich den Kläger warnen wollen. Was der Kläger auf dem Gerüst gemacht habe, wisse er nicht. Aus der Art, wie sich der Kläger auf die Wand geschwungen habe, habe er geschlossen, dass er sich setzen wollte. Ferner hat der Zeuge R ausgesagt, der Kläger sei gegen 18 Uhr aufgetaucht und habe ihn gefragt, ob es etwas zu tun gebe. Er habe dem Kläger geantwortet, er könne Herrn K beim Umladen von Brettern helfen. Dann sei er, der Zeuge, weggegangen. Als er wieder zurückkam, sei der Kläger auf dem Boden gelegen und versorgt worden. Außer ihm, dem Zeugen, und dem Zeugen T sollte niemand die Decke betreten. Es habe dort auch für niemanden sonst etwas zu tun gegeben. Wegen der Einzelheiten der Zeugenaussagen wird auf die Niederschrift verwiesen.

Die Beteiligten sind zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört worden.

Für den Kläger wird beantragt:

Der Bescheid der Beklagten vom 26. März 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. November 2010 wird aufgehoben und es wird festgestellt, dass der Unfall des Klägers vom 2. Oktober 2007 ein Arbeitsunfall ist, und die Beklagte wird verurteilt, den Kläger hierfür zu entschädigen.

Für den Beklagten wird beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschriften über den Termin am 14. März 2011 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Das Gericht macht von der Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid Gebrauch. Die Beteiligten sind dazu angehört worden, der Sachverhalt ist geklärt und die Sache weist keine besonderen tatsächlichen oder re...

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