Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Leistungsanspruch nach § 197 S 1 RVO. Entbindung in einem Geburtshaus

 

Orientierungssatz

Der Leistungsanspruch nach der Vorschrift des § 197 S 1 RVO ist ein völlig eigenständiger Anspruch, auf den die Regelungen des SGB 5 über die Zulassung von Krankenhäusern in keinem Fall angewandt werden können.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Übernahme der Kosten für Unterkunft, Pflege und Verpflegung im Geburtshaus G.

Das Geburtshaus G ist eine von zwei Hebammen betriebene Einrichtung, in denen ambulante oder stationäre Entbindungen durchgeführt werden können. Die Hebamme Frau Sandy D als Betreiberin des Geburtshauses erhielt vom Thüringer Landesverwaltungsamt unter dem Datum vom 06. August 1998 eine Konzession zum Betrieb einer Privatkrankenanstalt.

Das Geburtshaus G ist nicht im Krankenhausplan des Freistaates Thüringen aufgenommen worden und besitzt keine sonstige vertragliche Zulassung durch die gesetzlichen Krankenkassen zur Durchführung von ambulanten und stationären Geburten.

Die Klägerin befand sich vom 20. Juni 2001 bis zum 24. Juni 2001 anlässlich einer Entbindung im Geburtshaus G. Das Geburtshaus G stellte der Klägerin am 30. Juni 2001 Kosten für Unterkunft, Pflege und Verpflegung in Höhe von insgesamt 1.240,00 DM (634,00 €) bei einem Tagessatz von 248,00 DM (126,80 €) in Rechnung.

Die Klägerin beantragte bei der Beklagten am 06. Juli 2001 die Kostenübernahme. Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 10. Juli 2001 eine pauschale anteilige Übernahme der Kosten in Höhe von insgesamt 247,00 DM (126,89 €).

Die Klägerin legte am 02. August 2001 Widerspruch ein.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07. September 2001 als unbegründet zurück. Sie führte zur Begründung aus, dass eine Übernahme der Kosten für Unterkunft, Pflege und Verpflegung gemäß § 197 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) nicht möglich sei, da nach § 195 Abs. 2 Satz 1 RVO die Vorschriften des Sozialgesetzbuch V (SGB V) entsprechend anzuwenden seien. Nach den gesetzlichen Vorschriften des SGB V sei für die Kostenübernahme in einer stationären Einrichtung (Geburtshaus G) entweder erforderlich, dass die betreffende stationäre Einrichtung im Landeskrankenhausplan aufgenommen worden sei oder entsprechende vertragliche Vereinbarungen mit den gesetzlichen Krankenkassen bestehen würden. Dies sei jedoch beides beim Geburtshaus G nicht der Fall. Außerdem würden in G und Umgebung ausreichende medizinisch geeignete Kapazitäten zur Durchführung von Entbindungen zur Verfügung stehen, so dass eine medizinische Notwendigkeit zur Durchführung der Geburt im Geburtshaus G nicht bestanden habe.

Die Klägerin hat am 09. Oktober 2001 Klage erhoben.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte verpflichtet sei, die Kosten für Unterkunft, Pflege und Verpflegung im Geburtshaus G in Höhe von insgesamt 634,00 € (1.240,00 DM) nach § 197 Satz 1 RVO zu übernehmen. § 197 Satz 1 RVO stelle eine eigenständige Anspruchsgrundlage für die Kostenübernahme in einem Geburtshaus dar, so dass es auf die Frage, ob eine Zulassung nach dem SGB V vorliege, nicht ankomme. Somit sei für die Kostenübernahme im Geburtshaus G weder eine Aufnahme in den Landeskrankenhausplan noch eine anderweitige vertragliche Zulassung notwendig.

Die Klägerin beantragt sinngemäß;

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Juli 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07. September 2001 zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für Unterbringung, Pflege und Verpflegung im Geburtshaus G nach § 197 RVO in Höhe von insgesamt 634,00 € (1.240,00 DM) zu erstatten.

Die Beklagte beantragt;

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie nicht verpflichtet werden könne, die Kosten für Unterbringung, Pflege und Verpflegung im Geburtshaus G nach § 197 Satz 1 RVO in Höhe von insgesamt 634,00 € (1.240,00 DM) zu zahlen. Sie bleibe bei ihrer Ansicht, dass die Kosten für Unterbringung, Pflege und Verpflegung im Geburtshaus G nur dann zu erstatten wären, wenn das Geburtshaus G eine entsprechende Zulassung als stationäre Einrichtung im Sinne des SGB V nachweisen könne. Ebenfalls bleibe die Beklagte bei ihrer Ansicht, dass auch keine medizinische Notwendigkeit für die Durchführung der Geburt im Geburtshaus G bestanden habe. Im übrigen verweist sie zur Begründung auf ihre im Verwaltungsverfahren erlassenen Bescheide.

Auf Nachfrage des Gerichtes hat das Klinikum G im Parallelrechtsstreit S 4 KR 290/02 mit Schreiben vom 13. Mai 2002 mitgeteilt, dass der Tagespflegesatz in der Abteilung für Geburtshilfe im Jahr 2001 447,38 DM (228,74 €) betrug, zuzüglich eines Basispflegesatzes pro Tag in Höhe von 132,33 DM (67,66 €).

Die Beteiligten sind durch das Gericht schriftlich zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Gericht ...

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