Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf ambulante Karakt-Operation mit Implantation einer Intraokularlinse

 

Orientierungssatz

1. Ein erwachsener Versicherter hat Anspruch auf Versorgung mit Brillengläsern oder Kontaktlinsen, wenn er aufgrund einer Sehschwäche der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfohlenen Klassifikation des Schweregrades der Sehbehinderung, auf beiden Augen eine schwere Sehbeeinträchtigung mindestens der Stufe 1 aufweist. Das bedeutet, dass das Sehvermögen kleiner bzw. gleich 30 % - Visus 0,3 - auf dem besseren Auge ist. Der Anspruch auf Versorgung mit Sehhilfen umfasst nicht die Kosten des Brillengestells.

2. Die Implantation von torischen Intraokularlinsen (IOL) zur Behandlung des grünen Stars zählt nicht zu den vertragsärztlichen Leistungen. Die Standardoperation bei Kataraktoperationen ist die Implantation einer sphärischen Linse (Standard-IOL). Ziel der Kataraktoperation ist lediglich die Beseitigung der Linsentrübung. Soll darüber hinaus ein refraktiver Fehler korrigiert werden, so handelt es sich nicht mehr um eine Standard-/Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung.

 

Tenor

Die Klagen werden abgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Versorgung des Klägers mit einer neuen Brille und mit halbharten Kontaktlinsen sowie über einen Anspruch auf eine ambulante Katarakt-Operation mit Implantation einer torischen Intraokularlinse (IOL) bzw. einer Multifokallinse.

Der 0000 geborene Kläger ist als Schwerbehinderter anerkannt nach einem Grad der Behinderung von 50. Er leidet an hoher Myopie (Kurzsichtigkeit), Stabsichtigkeit bei Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) und "Grauem Star" (Katarakt) beider Augen. Er trug bzw. trägt bisher eine Brille oder torische weiche Kontaktlinsen.

Nach wiederholten - erfolglosen - Anträgen in den Jahren 2008 und 2009 beantragte der Kläger am 04.05.2010 bei der Beklagten erneut die Versorgung mit Kontaktlinsen. Er legte hierzu eine Bescheinigung des Augenarztes Dr. I. vom Augen-Zentrum Erkelenz vom 22.04.2010 vor, wonach die weichen Kontaktlinsen nicht mehr vertragen würden; es bestehe ein Ansatz von Grauem Star; es werde die Umstellung auf harte Kontaktlinsen empfohlen; alternativ sei nur eine vorzeitige Katarakt-Operation möglich; das Tragen einer Brille verursache bei den hohen Minuswerten eine erhebliche Einschränkung des Sehvermögens.

Die Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 07.06.2010 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) ab.

Am 17.11.2010 wandte sich der Kläger gegen den Bescheid vom 07.06.2010 und beantragte erneut die Übernahme der Kosten für halbharte Kontaktlinsen, darüber hinaus die Versorgung mit einer neuen Brille und eine Katarakt-Operation mit Implantation einer künstlichen Linse (Multifokallinse). Zur Begründung gab er an, seine Sehwerte verschlechterten sich von Tag zu Tag.

Durch Bescheid vom 17.11.2010 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten von Kontaktlinsen ab mit der Begründung, die Visus-Werte lägen mit 0,6 weiterhin über den gesetzlich festgelegten Grenzwerten. Es bleibe deshalb bei der Entscheidung vom 07.06.2010.

Dagegen erhob der Kläger am 13.12.2010 Widerspruch. Er führte aus, das Tragen von weichen Kontaktlinsen sei ihm nicht mehr möglich; aus augenärztlicher Sicht seien halbharte Kontaktlinsen dringend erforderlich. Mit Brille erreiche er eine Sehschärfe von 60 %. Wegen des Grauen Stars sei auch die Katarakt-Operation mit Implantation künstlicher Linsen notwendig. Der Kläger legte eine augenärztliche Bescheinigung von Dr. I. vom 23.11.2010 vor, wonach mit Brille eine Sehschärfe von 60 % pro Auge erreicht wird.

Durch Bescheid vom 17.12.2010 lehnte die Beklagte eine Katarakt-Operation unter Verwendung einer Multifokallinse ab.

Dagegen erhob der Kläger am 27.12.2010 Widerspruch.

In zwei von der Beklagten eingeholten Gutachten des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 03.01. und 20.02.2011 kam Dr. X. zum Ergebnis, weder die beantragten Kontaktlinsen noch die Katarakt-Operation mit Implantation torischen Intraokularlinsen könnten empfohlen werden; jedoch sei die Indikation für eine Katarakt-Operation mit Implantation herkömmlicher Linsen nachvollziehbar.

Durch Bescheid vom 20.01.2011 lehnte die Beklagte auch die Übernahme der Kosten für eine neue Sehhilfe (Brille) mangels Indikation ab.

Durch Widerspruchsbescheid vom 25.05.2011 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Ablehnung einer Katarakt-Operation mit Implantation torischer Intraokularlinsen zurück.

Dagegen hat der Kläger am 24.06.2011 Klage erhoben.

Durch weiteren Widerspruchsbescheid vom 17.08.2011 hat die Beklagte auch den Widerspruch gegen die Ablehnung der Versorgung mit Kontaktlinsen und einer neuen Brille zurückgewiesen mit der Begründung, hierauf bestehe erst dann Anspruch, wenn die Sehkraft (Visus) bei bestmöglicher Korrektur maximal 0,3 betrage; dies sei beim Kläger nicht der Fall; sein Visus betrage nach Korrektur 0,6 je Auge.

Der Kläger wiederholt und vertieft seinen Wid...

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