Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Übernahme der Kosten für eine private Kranken- und Pflegeversicherung

 

Orientierungssatz

Ein Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, der in einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung versichert ist, hat einen Anspruch auf Übernahme seines Versicherungsbeitrags. Eine Begrenzung auf die für eine gesetzliche Versicherung anfallenden Beitragsaufwendungen ist nicht zulässig. Dabei können die Leistungen auf den vom Versicherten bei Einstufung im jeweiligen Basistarif seiner privaten Krankenkasse geschuldeten Beitrag begrenzt werden.

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009 und unter Abänderung des Bescheides vom 10.09.2009 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 23.10.2009 und vom 21.01.2010 verurteilt, dem Kläger im Zeitraum vom 01.09.2009 bis zum 31.12.2009 einen monatlichen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 258,22 EUR unter Anrechnung bereits gewährter Leistungen und den anteiligen Selbstbehalt für 2009 in Höhe von 60,00 EUR sowie im Zeitraum vom 01.01.2010 bis zum 28.02.2010 einen monatlichen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 308,42 EUR unter Anrechnung bereits gewährter Leistungen und den anteiligen Selbstbehalt für 2010 in Höhe von 6,86 EUR zu bewilligen und auszuzahlen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe der von der Beklagten zu übernehmenden Kosten für die private Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers im Zeitraum von September 2009 bis Februar 2010.

Der am 00.00.0000 geborene Kläger war bis 2008 selbstständig tätig. Er ist bei der Barmenia Krankenversicherung a.G. privat kranken- und pflegeversichert. Dabei handelt es sich um einen Normaltarif, für den im Jahr 2009 ein Beitrag in Höhe von 236,90 EUR für die Krankenversicherung und in Höhe von 21,32 EUR für die Pflegeversicherung zu zahlen war. Der Beitrag im Jahr 2010 beträgt 287,20 EUR für die Krankenversicherung und 21,22 EUR für die Pflegeversicherung. Vertraglich ist eine Selbstbeteiligung in Höhe von (maximal) 180,00 EUR vorgesehen.

Auf Antrag des Klägers vom 31.08.2009 bewilligte ihm die Beklagte mit Bescheid vom 10.09.2009 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) für den Zeitraum vom 01.09.2009 bis zum 28.02.2010. Dabei gewährte sie dem Kläger einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 124,32 EUR zur Krankenversicherung und einen monatlichen Zuschuss in Höhe von 17,79 EUR zur Pflegeversicherung. Am 23.10.2009 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid, ohne dass der Zuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung geändert wurde. Mit Änderungsbescheid vom 21.01.2010 erhöhte die Beklagte ab 01.01.2009 den monatlichen Zuschuss zur Krankenversicherung auf 126,05 EUR und zur Pflegeversicherung auf 18,04 EUR.

Bereits am 28.10.2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Berufung auf einen Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen die Übernahme der Beiträge für seine Kranken- und Pflegeversicherung in voller Höhe. Mit Bescheid vom 10.11.2009 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf vollumfängliche Übernahme der Kosten für die Kranken- und Pflegeversicherung ab. Es sei nur der Betrag zu übernehmen, der auch für Bezieher von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 03.12.2009 unter Berufung auf Beschlüsse des Landessozialgerichts Baden-Württemberg und des Sozialgerichts Stuttgart sowie ein Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2009 zurückwies. Eine gesetzliche Grundlage für den Ausgleich der beim Kläger vorhandenen Deckungslücke sei nicht vorhanden. Den vom Kläger zitierten gerichtlichen Entscheidungen könne aufgrund der Gesetzesbindung der vollziehenden Gewalt nicht gefolgt werden.

Am 18.12.2009 hat der Kläger Klage erhoben. Der Anspruch auf Übernahme der vollen Beiträge zur privaten Krankenversicherung ergäbe sich aus einer analogen Anwendung des § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 SGB II. Es läge eine planwidrige Regelungslücke vor. Es sei nicht vorgesehen, dass der Kläger die nicht übernommenen Kosten für seine Versicherung aus der Regelleistung finanziere. Der Kläger werde durch die beschränkte Übernahme der Versicherungskosten in eine Schuldenfalle getrieben, welches nicht mit der Menschenwürde zu vereinbaren sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2009 zu verurteilen, ihm einen weiteren Zuschuss zum Versicherungsbeitrag der privaten Kranken- und Pflegeversicherung in voller Höhe dieser Beiträge, begrenzt auf die Höhe es hälftigen Basistarifs, zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich z...

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