Leitsatz

Im Rahmen eines Unterhaltsrechtsstreits, in dem ein minderjähriges unverheiratetes Kind seinen Vater auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch nahm, ging es primär um die Höhe des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen, der lediglich Einkünfte aus einer unbefristeten Erwerbsunfähigkeitsrente sowie Einkünfte aus geringfügiger Erwerbstätigkeit erzielte. Ferner ging es um die Frage der Herabsetzung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen wegen Ersparnis durch gemeinsame Haushaltsführung mit seiner zweiten Ehefrau.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten über Kindesunterhalt seit Januar 2007. Die im Februar 1996 geborene Klägerin lebte in dem Haushalt ihrer schwerbehinderten Mutter. Die Ehe ihrer Eltern war im Jahre 1999 geschieden worden.

Ihr Vater war wieder verheiratet und litt an Multipler Sklerose und bezog eine unbefristete Erwerbsunfähigkeitsrente von ca. 708,00 EUR monatlich. Darüber hinaus hatte er Einkünfte aus einer Tätigkeit als Lichttechniker.

Er berief sich auf mangelnde Leistungsunfähigkeit.

Erstinstanzlich wurde er antragsgemäß zur Zahlung von Kindesunterhalt seit Januar 2007 in unterschiedlicher Höhe verurteilt. Das AG hatte nach Abzug von Fahrtkosten für ihn ein Nettoeinkommen von monatlich 1.011,22 EUR errechnet und ausgeführt, er sei in der Lage, hiervon den geltend gemachten Kindesunterhalt zu bezahlen, da sein Selbstbehalt im Hinblick auf das Zusammenleben mit seiner Ehefrau um 25 % herabzusetzen sei.

Der Beklagte beabsichtigte, gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung einzulegen und beantragte hierfür Prozesskostenhilfe. Er wehrte sich in erster Linie gegen die Reduzierung des ihm zustehenden Selbstbehalts. Seinem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wurde nicht stattgegeben.

 

Hinweis

Das OLG sah für die von dem beklagten beabsichtigte Berufung keine hinreichende Erfolgsaussicht.

Das erstinstanzliche Gericht habe ihn zu Recht zur Zahlung monatlichen Kindesunterhalts i.H.v. 100 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe nach § 1 der Regelbetragsverordnung verurteilt. Der Hinweis des Beklagten auf seine Leistungsunfähigkeit stehe dem nicht entgegen. Für den eigenen und den Unterhalt eines minderjährigen unverheirateten Kindes seien die Eltern verpflichtet, alle verfügbaren Mittel gleichmäßig zu verwenden. Ein Unterhaltsschuldner, der geltend mache, den Bedarf seines minderjährigen Kindes ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Lebensbedarfs nicht leisten zu können habe daher die Voraussetzungen einer begründeten Beschränkung substantiiert darzulegen und ggf. zu beweisen (ständige Rspr.: BGH FamRZ 1998, 357; BVerfG, FamRZ 1992, 797; 1985, 143). Hieran seien im Hinblick auf die besondere familienrechtliche Verantwortung ggü. minderjährigen Kindern hohe Anforderungen zu stellen.

Auch nach Auffassung des OLG reichte das Einkommen des Beklagten aus, um den notwendigen Selbstbehalt und den bis einschließlich Januar 2008 geltend gemachten Kindesunterhalt unter Wahrung eines im Ergebnis 730,00 EUR betragenden Selbstbehalts des Beklagten zu decken.

Hinsichtlich der von dem erstinstanzlichen Gericht offen gelassenen Frage, ob zugunsten des Beklagten der notwendige Selbstbehalt für Erwerbstätige oder Nichterwerbstätige in Ansatz zu bringen sei, verwies das OLG auf die hierzu ergangene Entscheidung des BGH (Urt. v. 9.1.2008 in FamRZ 2008, 594). Dort hatte der BGH ausgeführt, dass geringe Nebeneinkünfte es unter Berücksichtigung der für eine Differenzierung des notwendigen Selbstbehalts sprechenden Gründe, insbesondere des Erwerbanreizes, kaum rechtfertigen, dem Beklagten einen gleich hohen Selbstbehalt zu belassen, wie er einem vollschichtigen Erwerbstätigen verbleiben müsse. Nach dem Sinn der Differenzierung müsse der höhere notwendige Selbstbehalt eines Erwerbstätigen Fällen vorbehalten bleiben, in denen der Unterhaltspflichtige einer vollzeitigen Erwerbstätigkeit nachgehe oder ihm ein fiktives Einkommen auf der Grundlage einer solchen Tätigkeit zugerechnet werde. Beruhe das unterhaltsrelevante Einkommen hingegen überwiegend nicht auf einer Erwerbstätigkeit, könne im Einzelfall allenfalls in Betracht kommen, dem Unterhaltspflichtigen einen Selbstbehalt zu belassen, der sich zwischen dem im Regelfall zu belassenden Selbstbehalt für nicht Erwerbstätige und dem Selbstbehalt für Erwerbstätige bewege.

Das OLG ging davon aus, dass der Beklagte ca. ein Drittel seiner Einkünfte aus Erwerbstätigkeit erzielte. Entsprechend diesem Verhältnis verteilte das OLG die Differenz von 120,00 EUR zwischen dem Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen und dem hohen notwendigen Selbstbehalt für Erwerbstätige und ging bei seiner konkreten Einschätzung von einem notwendigen Selbstbehalt des Beklagten i.H.v. 810,00 EUR aus.

Auch hiervon setzte es eine Wohnkostenersparnis von 80,00 EUR und eine Haushaltsführungsersparnis von 45,00 EUR ab und beließ dem Beklagten einen Selbstbehalt von 685,00 EUR. Dies unter Hinweis darauf, dass dieser Selbstbehalt die für den Beklagten konkret anfallen...

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