Rz. 119

Ein Erbe kann gegenüber dem Erblasser in einem Erbvertrag ganz oder teilweise auf seine Erbansprüche, insbesondere auf den Pflichtteil, verzichten. Weil ein nicht pflichtteilsgeschützter Erbe ohne Begründung übergangen, ein testamentarisch eingesetzter Erbe jederzeit mittels einer neuen Verfügung von Todes wegen (Art. 509 Abs. 1 ZGB) und ein erbvertraglich eingesetzter Erbe durch schriftliche Übereinkunft (Art. 513 Abs. 1 ZGB) seiner Erbenstellung enthoben werden kann, wird ein Erbverzichtsvertrag in der Praxis regelmäßig nur mit einem pflichtteilsberechtigten Erben abgeschlossen.

 

Rz. 120

Der verzichtende Erbe fällt – soweit er nicht bloß teilweise von seiner Erbenstellung Abstand nimmt – beim Erbgang außer Betracht (Art. 495 Abs. 2 ZGB). Er verliert sowohl den Anspruch auf wertmäßige Beteiligung am Nachlass als auch seine Mitwirkungsrechte in der Erbengemeinschaft.[183]

 

Rz. 121

Erfolgt der Verzicht gegen ein Entgelt (Erbauskauf), unterliegt dieses bei gegebenen Voraussetzungen bis zum Betrag des Pflichtteils anderer Erben der Herabsetzung (Art. 535 ZGB).

 

Rz. 122

Nach überwiegender Auffassung wirkt der Erbverzicht zugunsten der verfügbaren Quote und nicht zugunsten der anderen Pflichtteile. Er führt damit zu einer Vergrößerung des erblasserischen Gestaltungsspielraums.[184]

[183] Vermutungsweise wirkt ein Erbverzicht auch zulasten der Nachkommen des Verzichtenden, und zwar nach dem Gesetzeswortlaut auch beim unentgeltlichen Erbverzicht (umstritten); vgl. Art. 495 Abs. 3 ZGB und Breitschmid, BSK-ZGB, Art. 495 ZGB Rn 11.
[184] Wolf/Hrubesch-Millauer, Rn 906 m.w.N.

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