Videoüberwachung des Nachbarn

Die Beobachtung des Nachbargrundstücks durch eine Videokamera mit dem Zweck, im Rahmen eines Nachbarstreits Beweismaterial zu sammeln, ist nach der Rechtsprechung unzulässig, weil sie in die geschützte Privatsphäre des Nachbarn eingreift.[1]

Hier gilt der vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Grundsatz, dass der Schutz des Persönlichkeitsrechts vor unbefugten Aufnahmen dadurch zu gewährleisten ist, dass niemand mit Hilfe unkontrollierbarer Technik die "bequeme" Möglichkeit haben darf, von anderen Fotografien und Filmaufnahmen ohne deren Einverständnis anzufertigen.

Der observierte Nachbar kann verlangen, dass die Überwachungsmaßnahmen unterbleiben bzw. auf das eigene Grundstück des Observierers beschränkt bleiben (§§ 1004, 823 Abs. 2 BGB).

Installiert ein Wohnungseigentümer eine Videokamera im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses, werden dadurch die anderen Eigentümer und Mieter in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, wenn sie in die Videoüberwachung nicht eingewilligt haben. Die Kamera ist zu entfernen.[2]

Videoüberwachung des eigenen Grundstücks

Wird ausschließlich das eigene Grundstück mittels einer Kamera beobachtet, ist eine Videoüberwachung zulässig.[3] In einem vom OLG Nürnberg zu entscheidenden Fall wurde die Kameraüberwachung auf dem eigenen Grundstück deshalb installiert, weil es immer wieder zu Schäden gekommen war und der Verursacher nicht festgestellt werden konnte. Am Ende wurde durch die Aufzeichnungen der Nachbar als Schädiger festgestellt.[4]

Kameraattrappen

Geht es um Attrappen, ist die Rechtsprechung uneinheitlich:

Pro Entfernen der Attrappe:

  • Nach einer Entscheidung des LG Koblenz[5] müssen Nachbarn Kameraattrappen, die auf ihr Grundstück gerichtet sind, nicht dulden, denn auch eine Fake-Kamera führt zu einem Überwachungsdruck, den ein Betroffener nicht hinnehmen muss.
  • Gleiches gilt für Kameraattrappen in Mietshäusern.[6]

Contra Entfernen der Attrappe:

  • Anders sieht dies das LG Frankfurt[7], das im Fall eines Wohnungseigentümers, der eine Kameraattrappe im Bereich eines Balkons angebracht hatte, nicht entfernen musste. Nach Ansicht des Gerichts handelte es sich um eine funktionsunfähige Kamera, bei der es ausgeschlossen sei, dass sie durch eine Einwirkung des Wohnungseigentümers zur Aufzeichnung benutzt werden könne. Da nicht einmal eine hypothetische Möglichkeit einer Aufzeichnung bestehe, stehe objektiv fest, dass eine Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte der übrigen Wohnungseigentümer ausgeschlossen sei.
  • Im Fall eines Mieters urteilte das AG Berlin-Schöneberg[8], dass die Attrappe nicht beseitigt werden muss, weil der Mieter darüber informiert worden war, dass es sich nur um eine Attrappe handele und er eine Überwachung deshalb nicht zu befürchten hatte. Allein die Befürchtung, dass die Attrappe künftig durch eine echte Kamera ersetzt werden könne, sei unbeachtlich.
[1] BGH, Urteil v. 25.4.1995, VI ZR 272/94, NJW 1995, 1955; OLG Köln, Urteil v. 13.10.1988, 18 U 37/88, NJW 1989, 720; LG Itzehoe, Urteil v. 11.9.1997, 7 (9) O 51/96, NJW-RR 1999, 1394; OLG Karlsruhe, Urteil v. 12.8.1998, 6 U 64/97, WM 2000, 128.
[2] LG Essen, Urteil v. 30.1.2019, 12 O 62/18.
[3] BGH, Urteil v. 16.3.2010, VI ZR 176/09, NJW 2010, 1533; AG Brandenburg, Urteil v. 22.1.2016, 31 C 138/14.
[4] OLG Nürnberg, Beschluss v. 30.10.1995, 13 W 1699/95.
[5] LG Koblenz, Urteil v. 5.9.2019, 13 S 17/19;
[6] LG Berlin, Beschluss v. 1.2.2018, 67 S 305/17; AG Frankfurt a.M., Urteil v. 14.1.2015, 33 C 3407/14; AG Berlin-Lichtenberg, Urteil v. 24.1.2008, 10 C 156/07.
[7] LG Frankfurt a.M., Beschluss v. 11.11.2013, 2-13 S 24/13; siehe auch AG Brühl, Urteil v. 11.1.2010,23 C 435/09.
[8] AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 9.7.2014, 103 C 160/14.

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