Renovierungszustand bei Vertragsbeginn

Nach der früheren Rechtsprechung des BGH war eine Renovierungsklausel auch dann wirksam, wenn die Wohnung bei Vertragsbeginn nicht frisch renoviert war. Die Klausel musste lediglich sicherstellen, dass die Renovierungsfristen erst mit dem Beginn des Mietverhältnisses zu laufen beginnen. Der Vermieter konnte dem Mieter zwar die Anfangsrenovierung überlassen, er durfte ihn hierzu allerdings nicht verpflichten.[1] Nach dieser Rechtsansicht verstößt eine Renovierungsklausel gegen Treu und Glauben[2], wenn der Mieter verpflichtet wird, die von seinem Mietvorgänger verursachten Abnutzungen zu beseitigen.

Diese Rechtsprechung hat der BGH mit Urteil vom 18.3.2015[3] aufgegeben.

 
Achtung

Renovierungsbedarf ohne Kostenausgleich benachteiligt Mieter

Eine Renovierungsklausel benachteiligt den Mieter bereits dann unangemessen, wenn der Vermieter die Wohnung unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergibt und dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt.

Es kommt mithin nicht mehr darauf an, dass der Mieter zu einer vorzeitigen Renovierung verpflichtet ist, es genügt, dass die Wohnung bei Vertragsbeginn nicht frisch renoviert ist.

Ausnahme: Angemessener Ausgleich

Eine Ausnahme gilt, wenn der Vermieter dem Mieter für die Übernahme einer renovierungsbedürftigen Wohnung einen "angemessenen Ausgleich" gewährt. Hierzu hat der BGH ausgeführt, dass der Ausgleich dann angemessen ist, wenn der Mieter hierdurch "so gestellt wird, als sei ihm renovierter Wohnraum überlassen worden".

 
Praxis-Tipp

Kosten für Anfangsrenovierung oder Eigenleistungen heranziehen

Diese Ausführungen sprechen dafür, die Angemessenheit an der Höhe der Kosten zu bemessen, die für die Anfangsrenovierung erforderlich sind. Hierbei kann auch der Wert der vom Mieter zu leistenden Eigenarbeit zugrunde gelegt werden, der sich aus den Materialkosten und einer angemessenen Vergütung für die vom Mieter aufgewendeten Zeit zusammensetzt.

Die Darlegungs- und Beweislast für die Angemessenheit des Ausgleichs obliegt dem Vermieter.[4] Es ist abzusehen, dass die Bewertung der Angemessenheit des Ausgleichs zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten führen wird.

 
Praxis-Beispiel

Mietnachlass

Im Entscheidungsfall hat der BGH den Erlass einer halben Monatsmiete für die vom Mieter zu leistenden Streicharbeiten in 3 Zimmern für unzureichend erachtet.

Ist die Wohnung nur in geringem Umfang renovierungsbedürftig, kann der Nachlass von einer Nettokaltmiete eine ausreichende Kompensation sein, etwa wenn lediglich Bad und Küche nicht tapeziert sowie Scheuerleisten, Türen, Heizungsrohre nicht gestrichen sind.[5] Ist die Wohnung jedoch komplett renovierungsbedürftig und sind alle Räume zu streichen oder zu tapezieren, muss der gewährte Ausgleich höher sein.

Ausgleich in reduzierter Miete?

Fraglich ist, ob der angemessene Ausgleich auch in einer Reduzierung der Miete bestehen kann.

Nach der Rechtsprechung des BGH ist dies nicht der Fall: Danach darf eine den Vertragspartner unangemessen benachteiligende Klausel nicht durch einen deshalb geringer kalkulierten Preis für den Vertragsgegenstand gerechtfertigt werden.[6] Dies müsste auch in den hier fraglichen Fällen gelten.

Renovierungsvereinbarung zwischen Vor- und Nachmieter

Gelegentlich treffen der bisherige und der neue Mieter eine Absprache. Danach übernimmt der neue Mieter die Pflicht seines Vorgängers zu malern oder zu tapezieren. Eine derartige Vereinbarung hat jedoch keine Auswirkungen auf den Mietvertrag. Der Vermieter wird nicht so behandelt, als habe er die Wohnung frisch renoviert übergeben.[7] Es bleibt dabei: Die Wohnung war bei Mietbeginn unrenoviert, somit muss der Mieter während des Mietverhältnisses oder beim Auszug keine Schönheitsreparaturen durchführen. Anders kann es sich aber verhalten, wenn alle 3 Parteien – Vormieter, Mieter und Vermieter – gemeinsam etwas hierzu vereinbaren. Voraussetzung ist laut BGH aber, dass der neue Mieter einen angemessenen finanziellen Ausgleich erhält.

Abnutzungs- und Gebrauchsspuren

Hinsichtlich der Begriffe "unrenoviert" und "renovierungsbedürftig" kommt es nicht auf eine exakte Abgrenzung an; die Grenzen sind fließend. Maßgeblich ist, ob die Räume "den Gesamteindruck einer renovierten Wohnung vermitteln". Dies habe der Tatrichter festzustellen.

 
Wichtig

Nutzbarkeit der Mieträume nicht ausreichend

Es genügt nicht, wenn die Räume ohne vorherige Renovierung nutzbar sind; sie müssen entweder tatsächlich frisch renoviert sein oder einen Zustand aufweisen, der dem einer frisch renovierten Wohnung entspricht.

Lediglich geringe Abnutzungs- und Gebrauchsspuren, "die bei lebensnaher Betrachtung" nicht ins Gewicht fallen, können vernachlässigt werden.

Beweislast des Mieters

Ist streitig, ob die Wohnung bei Vertragsbeginn frisch renoviert oder renovierungsbedürftig war, trifft die Darlegungs- und Beweislast für den renovierungsbedürftigen Zustand den Mieter. Dies kann insbesondere bei langer Mietzeit zu Problemen führen, weil es dann um die Feststellung von Tatsachen geht, die lange Zeit zurü...

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